Hagen/Schmallenberg. Simone Seiler (Harfe und John Corbett (Klarinette) sind Hagener Philharmoniker und haben ein Duo gegründet. Jetzt spielen sie Romantik pur

Der notorisch eifersüchtige Komponist Louis Spohr hat für seine Frau extra schwere Harfenstücke komponiert, damit die viel üben musste und keine Zeit hatte, dem Klarinettisten Simon Hermstedt schöne Augen zu machen. Dieses Problem haben Simone Seiler und John Corbett nicht. Der Soloklarinettist und die Soloharfenistin des Philharmonischen Orchesters Hagen sind in doppelter Hinsicht ein Paar: als Eheleute und als Musiker. Ihr Duo Imaginaire besticht mit seiner einzigartigen Besetzung von Harfe und Klarinette. Jetzt bringen die beiden Ausnahmemusiker ein neues Album mit Werken der großen Romantiker Schumann, Brahms und Schubert heraus. Die Platte ist ab 10. Januar im Handel. Am 7. Juni wird sie in der St. Alexanderkirche in Schmallenberg im Konzert vorgestellt.

Die Macht des Schicksals

Morgens um 6 Uhr ist für John Corbett die Welt noch in Ordnung. Dann sitzt der Schotte am Rechner und arrangiert musikalische Meisterwerke für Klarinette und Harfe. Denn Originalliteratur für die besondere Instrumenten-Zusammenstellung gibt es nur wenige. Also überprüfen beide Solisten das Kammermusik-Repertoire, ob eine Melodiestimme die Klarinette singen lässt – und ob eine Begleitung farbenreich genug ist für die Harfe.

Dass Simone Seiler und John Corbett überhaupt zusammengekommen sind, ist sprichwörtlich der Macht des Schicksals zu verdanken. Zu Beginn des dritten Aktes der gleichnamigen Verdi-Oper hat die Klarinette ein schönes, langes Solo, begleitet von der Harfe. John Corbett: „Das hat mich auf die Idee gebracht. Da kannten wir uns noch gar nicht.“ Simone Seiler hingegen wurde 2007 mit dem Förderpreis der Gesellschaft zur Förderung der Westfälischen Kulturarbeit ausgezeichnet, dem Westfälischen Oscar. „Damit sind viele Konzerte verbunden. Ich habe damals für ein Jahr in Hagen pausiert, um mit einem Erasmus-Stipendium in Brüssel zu studieren. Als dann die Anfragen für Kammermusikprogramme kamen, dachte ich: Am einfachsten wäre das mit Herrn Corbett.“

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Heute gibt es bereits rund 25 Werke, die eigens für das Duo Imaginaire geschrieben worden sind. Aber es existieren eben nur wenige Originalkompositionen aus Klassik und Romantik. Simone Seiler: „Deshalb sind wir schon früh auf Transpositionen umgestiegen. Zunächst haben wir französische Musik gespielt. Dann kam die Idee mit den deutschen Werken, weil uns die Schubert-Romanzen sehr gut gefallen.“

Zu den berühmten Romanzen erklingen auf er CD die Intermezzi op. 117, 118 und 119 von Johannes Brahms für Klarinette und Harfe sowie Franz Schuberts b-Moll Sonate D821. Die ist im Original für Arpeggione und Klavier und wird heute meistens mit Cello und Klavier gespielt. John Corbett hat das Opus für Bassetthorn und Harfe übertragen. Das Arpeggione war eine damals sehr beliebte Bogen-Gitarre. „Die Klarinette läge als Sopran-Instrument zu hoch für das Stück, aber das Bassetthorn in F passt perfekt.“

Vielfach mit Preisen ausgezeichnet

„Die Klarinette ist das romantische Instrument schlechthin“, unterstreicht John Corbett. „Die Harfe ebenfalls“, ergänzt Simone Seiler. „In der Romantik wurde der gesamte Pedalmechanismus erfunden.“ Ihr Mann wirft ein: „Und diese ganze Romantik hat zu einer Ehe geführt.“ Die Klarinette gilt außerdem als das Instrument, das der menschlichen Stimme am nächsten kommt, wohin gegen häufig der Himmel ins Spiel gerät, wenn die Harfe dabei ist.

Die Musiker sind vielfach mit Preisen ausgezeichnet worden. John Corbett wurde in der Nähe von Edinburgh in Schottland geboren; als Soloklarinettist des EG Jugendorchesters spielte er unter allen führenden Maestros von Herbert von Karajan bis Carlo Maria Guilini. Bis heute dauert seine Zusammenarbeit mit dem Ensemble Modern und der Musikfabrik NRW an. Simone Seiler und John Corbett sind leidenschaftliche Orchestermusiker mit einer Passion für die Kammermusik. „Das ist für die persönliche Entwicklung wichtig und hält ja auch das Niveau“, weiß die Harfenistin.

Musikerpaare, die Werkgeschichte geschrieben haben, sind selten, aber es gibt sie. So hat der Oboist Heinz Holliger für seine Frau, die Harfenistin Ursula Holliger (1937–2014), Stücke komponiert und damit das Repertoire geprägt. Diese Aufgabe setzen sich Simone Seiler und John Corbett ebenfalls, die viele Kontakte zu Komponisten pflegen. John Corbett: „Wir bauen ein Referenzrepertoire auf.“