Hagen-Mitte. Ein Event in der Stadthalle gibt jungen Künstlern eine große Bühne. Talentförderung steht dabei im Fokus der Organisatoren.
Von Extrabreit bis Nena: In den 80er-Jahren war Hagen für kurze Zeit ein Zentrum der Musikkultur. Von der Euphorie von damals ist heute wenig zu spüren. Es ist still geworden um neue Musiker aus Hagen. Am vergangenen Samstag bekamen nun Dutzende Bands, Poetry Slammer und Musiker die Chance, sich in der Stadthalle im Rahmen von „Hagen hat Talent“ zu zeigen und Aufmerksamkeit für die Hagener Musik- und Kunstszene zu erregen.
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Diese Szene ist vielfältig und von unterschiedlicher Qualität: Rapper wie „Marliy“ pressen ihre Texte anspruchsvoll schnell in den Rhythmus und begeistern mit ihrem Sprechgesang das Publikum. Wenngleich es in seinen Songs, wie oft im Rap, um Geld, Markenklamotten und Drogen geht, weiß „Marliy“ seine Inhalte humorig zu verpacken und rappt etwa davon, sich von Hartz IV eine neue Gucci-Tasche kaufen zu wollen. Ganz so humorvoll geht es bei den Poetry Slammern nicht zu. Vincenzo und Almir wollen in ihren Slams, also selbstgeschriebenen, gedichtartigen Texten, die ganz großen Themen behandeln: Liebe, Sehnsucht und Religion etwa. Vincenzos Text handelt vom Verlust einer Geliebten und auch seine emotionale Vortragsweise von Phrasen wie „Wie gern hätte ich dich ein letztes Mal berührt?“ kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass er letztlich nur trivial und floskelartig an der Oberfläche der großen Lebensfragen kratzt.
Im Kultopia hat die Jugend der Stadt das Wort
Im Rahmen eines Workshops „Jugend macht Stadt“ hat in der nächsten Runde die Generation zwischen 14 und 25 Jahren das Wort. Interessenten sollten am kommenden Donnerstag, 12. Juli, zwischen 18 und 21 Uhr im Kultopia, Konkordiastraße 23-25, vorbeischauen. Auch dabei steht die Frage im Mittelpunkt: Wie sieht Dein Hagen im Jahr 2035 aus?
Auch Almirs Aufruf, Mütter zu ehren und sein Beklagen mangelnden Vertrauens in Freundschaften und der Gesellschaft insgesamt wirken eher banal und pseudo-tiefgründig als tatsächlich zum Nachdenken anregend. Das ist angesichts des jugendlichen Alters der Künstler kaum verwunderlich und die Poetry Slammer haben Potenzial, ihre Gedanken mit zunehmender Lebenserfahrung auszureifen.
Künstler gehen kollektiv auf
Jugendliches Alter verbindet die erst 17-jährige Sängerin Luisa Bergmann mit einer bemerkenswerten Stimme. Mit ihren Interpretationen von „You raise me up“ und „Hallelujah“ bringt sie die Besucher der Stadthalle zum Schweigen. Begleitet von Klavier- und Geigenmusik vom Band singt sie bis in die hohen Töne sauber und nimmt die in Nebel gehüllte Bühne mit ihren ruhigen Bewegungen ein.
Mancher Auftritt mag sichtlich amateurhaft bleiben, doch eines haben die Künstler auf der ungewohnt großen Bühne der Stadthalle gemein: Vor rund 250 Zuschauern gehen sie kollektiv auf: Die Funkemariechen von Grün-Weiß Vorhalle schwingen freudig ihre Beine in die Höhe, der Schlagzeuger und die Gitarristen der Band „Kunstblut“ rocken inbrünstig ihre Instrumente.
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Die Veranstalter, unter anderem das Kultopia, das Music-Office Hagen und die Stadthalle, haben damit ihr Ziel erreicht. Gandhi Chahine, Leiter des Music-Office, sagt: „Auf so einer großen Bühne spielen zu können, ist natürlich eine andere Hausnummer als bei den Projekten des Kultopia. Die Hagener Künstler sollen Selbstbewusstsein und Motivation gewinnen.“ Der Wettbewerbscharakter stehe dabei klar im Hintergrund – aus diesem Grund gebe es auch keine Siegerehrung, denn „das sind alles Sieger“. Nach „Hagen hat Talent“ ist die Förderung des Music- Office noch nicht vorbei: Chahine will den Talenten ein Studio zur Verfügung stellen und zu Auftritten verhelfen, damit Hagen bald ein neues Aushängeschild bekommt.