Hagen. Neuer Fahrplan, neues Liniennetz: Die Hagener Straßenbahn zieht zum Start ein erstes Fazit. Es fällt positiv aus.

Wie das so ist, wenn man alles auf den Kopf stellt. Es gibt jene, die unzufrieden sind mit der Veränderung. So wie Simone Hölzemann aus Haspe, die in aller Herrgottsfrühe auf den ÖPNV angewiesen ist: „Um 5 Uhr fahren vier Busse fast gleichzeitig von Haspe zum Hauptbahnhof. Wenn man allerdings mit der 521 aus Richtung Kipper kommt, hat man keinen Anschluss.“

Und trotz kritischer Stimmen (siehe auch Facebook-Reaktionen auf Seite 2) – die Hagener Straßenbahn ist zufrieden mit dem ersten Härtetest für das neue Liniennetz und den neuen Fahrplan. „Bislang haben sich keine Schwierigkeiten ergeben“, bilanziert Dirk Thorbow, Sprecher der Hagener Straßenbahn, nach zwei Tagen. Gleichzeitig räumt er ein, dass man es nicht allen Kunden recht machen könne. Aber: „Die geplanten Anschlüsse funktionieren gut.“ Niemand habe sich verfahren. Die Busse seien zielsicher auf den neuen Strecken gerollt. An den Haltestellen sei niemand stehen geblieben.

Großes Chaos bei letzter großer Umstellung

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Und damit unterscheidet sich dieser Neustart von der letzten großen Revolution. Vor mehr als 15 Jahren war nämlich die sogenannte „Linie Mensch“ am Menschen vorbeigerollt. Schüler blieben an den Haltestellen stehen, kamen nicht zur Schule. Das Chaos war groß.

Diesmal, so Dirk Thorbow, habe die Informationskampagne im Vorfeld Wirkung gezeigt. Da hatte es neben der Berichterstattung in den Medien auch neue Stadtteilpläne für alle Haushalte sowie Info-Veranstaltungen in den Stadtteilen gegeben. „Die Fahrgäste zeigten sich gut informiert.“

Anpassungen möglich

Auch abends rollen wieder mehr Busse

Ausgeweitet wird das Angebot der Hagener Straßenbahn auch in den Abendstunden.

So gilt der reguläre Fahrplan wesentlich länger als bislang, nämlich bis 22.30 Uhr. Erst dann verkehren die Nachtexpresse.

Reduziert worden war insbesondere das Abendangebot im Sommer 2008. Damals hatte die Politik beschlossen, weniger Geld für den ÖPNV auszugeben.

Besonders im Auge behalten will die Straßenbahn in den nächsten Wochen die Auslastung der Einsatzbusse im Schülerverkehr. „Hier“, so Thorbow, „kann es bei Bedarf noch zu Anpassungen kommen.“ Ansonsten werde man Abläufe und Auslastung analysieren und gegebenenfalls Nachbesserungen prüfen.

Erste Proteste kommen beispielsweise aus dem Bereich Baukloh. Eltern bemängeln, dass ihre Kinder die Schulen in Haspe nicht mehr wie bisher erreichen können. Teilen kann die Straßenbahn die Kritik allerdings nicht: „Der Baukloh hat eine schneller Verbindung mit Umstiegsmöglichkeiten erhalten“, so Thorbow. Die Linie 532 verbinde das Gebiet mit dem neuen Einkaufszen­trum und der Hauptachse, von der aus alle zehn Minuten Anschluss in Richtung Haspe oder Gevelsberg bestehe. Durch die Umstiege verkürzten sich sogar Fahrzeiten, da die Fahrten über Quambusch und Spielbrink wegfielen. Außerdem sorge ein Einsatzbus zu Schulbeginn für eine Direktverbindung.

Boloh weiter angebunden

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Auch Kritik aus dem Bereich Boloh kann die Straßenbahn so nicht nachvollziehen. „Der Boloh wird nach wie vor alle 30 Minuten durch die Linie 520 angebunden“, so Thorbow. Allerdings zeige die Fahrplanauskunft der Deutschen Bahn diese Linie nicht an. Im Laufe der Woche soll nachgebessert werden.

Positiv sieht Fahrgast Christoph Schledorn die Umstellung: „Bei mir hat alles geklappt. Ohne Müllabfuhr im Weg wäre es noch schneller gegangen mit dem Anschluss.“ Einige Fahrgäste hätten allerdings selbst für Verzögerungen gesorgt, weil sie erst im letzten Moment zum Bus gelaufen seien und der Fahrer eigens gewartet hätte. Das werde sich einspielen.

Insgesamt fahren die Busse der Straßenbahn und ihrer Tochterunternehmen fortan 1,2 Millionen Kilometer mehr pro Jahr. Die Kostensteigerung liegt nach Kalkulationen der Straßenbahn, die 2018 ein Defizit von 12,5 Millionen Euro eingefahren hat, bei 3,5 Millionen Euro. Anspruch ist es, durch das bessere Angebot mehr Einnahmen zu erzielen – die Rede ist von 500.000 Euro.