Hagen-Mitte. Er muss nicht mehr ums Rampenlicht kämpfen. Kein PR-Sprech keine Anzugträger-Fotos. Wolfgang Bosbach kommt aus ehrlichen Beweggründen.
Das wirklich Angenehme an dem aus Bundestag und Fernsehen sehr bekannten CDU-Politiker Wolfgang Bosbach ist, dass er es nicht mehr nötig hat, in jede Kamera zu grinsen und sich über die Sache zu stellen. Und so gerät ein Besuch des prominenten Ex-Abgeordneten in der Hagener Suppenküche gestern Mittag zu einer ziemlich „echten“ Sache. Was bei den Ehrenamtlichen der Suppenküche hängen bleiben dürfte, ist, dass sie einem immer noch einflussreichen Politiker ihre Herzensangelegenheit auf Augenhöhe erklärt haben.
Für alle, die immer nur an der Einrichtung vorbeifahren oder nichts darüber wissen: Die Suppenküche am Märkischen Ring bietet Wohnungslosen gastlichen Raum, ein warmes Essen, ein liebes Gespräch, ganz einfach Zwischenmenschlichkeit. Ohne die Einrichtung überhöhen zu wollen: Doch ohne sie wäre Hagen ein ganzes Stück ärmer.
„Wir haben so viele Dinge weggeschmissen, die tadellos in Ordnung waren“
Wolfgang Bosbach kommt mitten in die Essensausgabe. Rote Cargo-Hose, blauer Anorak. Ein Knirps, so ein Regenschirm im Mini-Format, baumelt aus der Jackentasche. Kein Sekt-Empfang, kein Brimborium, keine PR-Quatscherei. Der Mann, der offen mit seiner Herzinsuffizienz (er trägt Schrittmacher und Defibrillator) und seiner unheilbaren Prostata-Krebserkrankung umgeht, sagt mit rheinischem Akzent: „Ich war früher mal Supermarktleiter. Wir haben so viele Dinge weggeschmissen, die tadellos in Ordnung waren. Das hat mir im Herzen weh getan.“
Er erinnert sich, wie die Tafeln und Suppenküchen einst als „Graswurzel-Bewegung“ in Deutschland an den Start gingen. Heute seien sie quasi der Halte-Apparat, der das auffängt, was der Staat gar nicht auffangen kann. Die immer mehr Menschen betreffende Armut, die dazu auch immer sichtbarer wird. „Ich stehe hinter dem Satz ,Wir schaffen das’. Aber wer sind denn ,wir’? Das sind doch die Ehrenamtlichen, die hier arbeiten.“
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Nun könnte man glauben, dass Bosbach eh nichts für die Hagener Suppenküche tun kann. Er hat kein Mandat mehr, ist kein Entscheidungsträger. Aber sein Einfluss ist ungebrochen hoch. Er ist beispielsweise Kuratoriumsmitglied der Stiftung der Kölner Spielerberatungsagentur „Sportstotal“. Die Nationalspieler Toni Kroos und Marco Reus stehen da zum Beispiel hinter. Das übergeordnete Ziel: in Not geratene und hilfsbedürftige Personen unterstützen und die Kinder-, Jugend- und Altenhilfe fördern. Und da könnten sich schon Verbindungen zur Suppenküche in Hagen ergeben . . .
Politik schafft Interesse für Arbeit der Ehrenamtlichen
Bosbach stellt viele Fragen. „Wie viele Leute kommen? Wird bemerkt, wenn plötzlich jemand fehlt? Welche Altersspanne gibt es? Woran fehlt es?“ Theo Scholten vom Team der Suppenküche erklärt Bosbach die Abläufe. Köchin Daniele Siebert erklärt, wie die Gerichte entstehen. „Die Politik kann nicht direkt etwas für Einrichtungen dieser Art tun“, sagt Bosbach. „Aber sie kann das gesellschaftliche Interesse dafür wecken und damit Öffentlichkeit schaffen.“
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Wolfgang Bosbach nimmt was mit. Mit wie viel Herzblut hier der Armut entgegengetreten wird. Der Termin ist eine kurze Erdung zwischen Stiftungs-Termin und Weiterfahrt in die Staatskanzlei. Er verspricht nichts, sagt aber: „Ich bekomme 3000 Einladungen jedes Jahr. Etwa 350 ausgesuchte nehme ich wahr.“ Die Suppenküche war ein Termin davon. Man darf gespannt bleiben, was geschieht . . .
Der politische Werdegang von Wolfgang Bosbach
1975 bis 1979 Mitglied des Kreistages des Rheinisch-Bergischen Kreises; 1979 bis 1999 Mitglied des Rates der Stadt Bergisch Gladbach. 1994 bis 2013 direkt in den Bundestag gewählt
2003 bis 2005 stv. Vorsitzender der CDU Nordrhein-Westfalen; 2000 bis 2009 stv. Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für das Ressort Innen- und Rechtspolitik; November 2009 – September 2015 Vorsitzender des Innenausschusses des Deutschen Bundestages.