Hagen. Ein Hagener Start-up hilft Firmen, an Fördertöpfe zu kommen. Davon profitieren auch Arbeitslose. In dieser Form ist das deutschlandweit einmalig.
Ein Paradebeispiel sitzt am Empfang der neuen Agentur. Und mit diesem Mitarbeiter haben sich Lars Gräfe und Philipp Jung quasi selbst beschert. Er sitzt am Empfang, heißt Gäste willkommen, stemmt das Sekretariat. Und weil er all das nach einer Phase langer Arbeitslosigkeit tut, trägt die Arbeitsagentur einen großen Teil des Gehalts.
Das ist nur eine Dienstleistung, die die Firma „Gräfe & Jung - HR-Consulting“, ein Start-up im Lennetal, anbietet. Aber wenn man so will, ist die Akquise von Fördermitteln für Arbeitgeber die Spezialität der jungen Firma. „Deutschlandweit gibt es keine zweite Firma, die das in der Form anbietet, in der wir das tun“, sagt Lars Gräfe. „Wir verstehen uns als Bindeglied zwischen Unternehmen und Fördertöpfen.“
Förderung, wenn die Qualifikation nicht passt
Dabei geht es vornehmlich um Gelder für Menschen, die längere Zeit arbeitslos waren, die sich um eine Stelle bewerben, aber deren eigene Qualifikation nicht zu 100 Prozent mit den neuen Anforderungen übereinstimmt. „Wenn eine Verkäuferin beispielsweise bislang ausschließlich Klamotten verkauft hat, sich dann aber in einem Supermarkt bewirbt und Molkereiprodukte verkaufen soll, dann können sich Arbeitgeber eine solche Anstellung fördern lassen. Das ist gerade bei Fachkräftemangel wichtig.“
Vier Säulen bei „Gräfe & Jung“
Die Akquise von Fördermitteln bei Neueinstellungen für Arbeitgeber ist ein Schwerpunkt des neuen Unternehmens „Gräfe & Jung“.
Daneben bietet das Unternehmen noch Trainings in Sachen Vertrieb und Kommunikation in den neu gestalteten Räumen im Lennetal an.
Ferner gehören Headhunting und Business-Analysen zum Portfolio des Start-ups.
Gräfe, der Breckerfelder, weiß, wovon er spricht. Denn lange Jahre war er selbst für die Agentur für Arbeit tätig. Dann hat er seine sichere Anstellung aufgegeben, sozusagen die Seiten gewechselt, eine Menge Know-how mitgenommen und an seinen Freund und Kollegen Philipp Jung, einst Mitinhaber einer Zeitarbeitsfirma, weitergegeben. „Die Entscheidung, ob einem Antrag stattgegeben wird oder nicht, ist natürlich geregelt. An diese Vorgaben sind Sachbearbeiter gebunden. Aber gut ist, wenn man diese kennt.“
Enge Zusammenarbeit mit Arbeitsagentur
Auch interessant
Unternehmen sind ihre Auftraggeber. „Aber wir arbeiten auch eng mit Arbeitsagenturen und Jobcentern zusammen“, sagt Philipp Jung. „Letztlich profitieren ja auch mehrere Seiten von unserem Angebot. Die Agenturen, die einen festen Ansprechpartner mit viel Wissen von der Materie haben und denen wir gute Fallzahlen beschaffen. Besonders kleinere und mittelgroße Unternehmen, die oft noch gar nicht ahnen, dass ihnen eine Förderung zusteht und plötzlich Mittel erhalten, die sie früher nie bekommen hätten. Und letztlich natürlich auch Langzeitarbeitslose, die wieder eine Chance auf dem ersten Arbeitsmarkt erhalten.“
Er selbst, so erzählt Philipp, sei ja selbst lange Jahre selbstständig gewesen. „Ich ärgere mich noch heute, wenn ich mir vorstelle, was mir da an Fördermitteln durch die Lappen gegangen ist. Das ich nie etwas beantragt habe, war ein Riesenfehler.“
Kein Ärger mit der Bürokratie
Auch interessant
Dabei bieten Lars Gräfe und Philipp Jung ihre Vermittlung zunächst kostenfrei an. „Wir sind relativ paragrafen- und textsicher“, sagt Lars Gräfe, „wir können gut einschätzen, ob ein Antrag auf Förderung Aussicht auf Erfolg haben wird oder nicht. Erst wenn dann tatsächliche Fördergelder ausgezahlt werden, erhalten wir eine Provision.“
Weil aber viele Arbeitgeber erst durch „Gräfe und Jung“ von Fördertöpfen erfahren bzw. sich diese überhaupt erschließen, sei das auch für Unternehmen ein Gewinn. „Sie müssen keine seitenlangen Anträge ausfüllen. Sie müssen nicht über Wochen mit Behörden korrespondieren. Sie ersparen sich viel Ärger und Bürokratie.“ Und: Neben der Beantragung übernimmt das Start-up auch die Betreuung über den gesamten Förderzeitraum, der sich bei Langzeitarbeitslosen über fünf Jahre hinweg erstrecken kann.
Vom Physiotherapeut bis Sockenfabrikant
Die Kunden des Hagener Start-ups sind in kurzer Zeit ebenso zahlreich wie vielseitig. „Der Physiotherapeut aus Breckerfeld, das pakistanische Restaurant aus Köln und der Sockenfabrikant aus dem Sauerland sind darunter“, so Philipp Jung. Ihnen allen hat ein Start-up aus Hagen den Weg zu staatlichen Fördertöpfen geebnet.