Hagen. Markus Scholl aus dem Reisebüro Schröder hat für seine Kunden immer ein paar individuelle Tipps parat. Ein Job, der Kreativität erfordert.

Glück, Zufall, „familiäre Vorbelastung“: Wenn Markus Scholl darüber nachdenkt, warum es dieser Beruf war, der ihn am Ende so fesselte, dann fallen ihm diese drei Begrifflichkeiten ein. „Im Endeffekt flog mir das Thema zu, es liegt mir, das kann ich.“ Markus Scholl verdient sein Geld mit dem, was für andere eine Auszeit vom Beruf bedeutet. Urlaub, Reise, neue Welten entdecken – seit 2005 berät er im Reisebüro Schröder die Kunden darüber, was sie alles zu ihrer perfekten Auszeit benötigen. Es ist ein Beruf, bei dem viele ob des Reisens aus Berufszwecken glänzende Augen bekommen. Der aber doch vornehmlich in der Heimat im Büro stattfindet.

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Es gehe ums Entdecken und Abwägen – und natürlich ums Organisieren. Um Erlebnis zum einen und Zahlenwerk zum anderen. Nicht nur die schönsten Sandstrände und höchsten Berge sind im Kopf des Fachmanns, sondern auch die Zahlen der tariflichen Dinge, die zur Planung einer Reise unerlässlich seien. Und dann ist da noch die große graue Wolke der Online-Buchungen, die über der Branche schwebt. „Man muss antizyklisch denken, den Kunden Reiseziele abseits des Mainstreams anbieten. Viele Leute sind schon sehr Reiseerfahren, sie kennen schon die üblichen Ziele, das reizt sie nicht mehr“, erklärt der 54-Jährige. „Wir müssen ihnen etwas anderes bieten, etwas Neues, das sie überrascht, sie wollen heute regelrecht entertaint werden“, fügt er hinzu. Der individuelle Kick – das könne kein Online-Portal. Er schon.

Das Schwimmen abseits des Stroms: Im Gewissen Sinne ist es das, was Markus Scholl beruflich da hin gebracht hat, wo er heute ist: Studium abgebrochen, Ausbildung, Arbeit in drei Firmen. Irgendetwas fehlte ihm. Als Quereinsteiger sattelte er um. Ein Tourismuskaufmann müsse über den Tellerrand hinausschauen können, Reiseerfahrung haben und „Zielgebietskenntnisse“, wie es die Fachleute ausdrücken. Also das besondere Wissen über ein bestimmtes Reiseziel: Wetter, Temperaturen, Geografie, Land und Leute, Hotels, Ausflugsziele, kulturelle Angebote und noch vieles mehr.

Mit Wohnmobil durch Kalifornien

„Dies sind natürlich eigentlich Dinge, die man als Berufsanfänger schwer mitbringt“, schildert Markus Scholl. Dass es bei ihm ganz anders war, liege an seinen Eltern. „Wir sind viel gereist, ich war in meiner Jugend für die damalige Zeit ungewöhnlich viel unterwegs.“ Italien, Spanien, Frankreich. Nicht zu vergessen die große Reise durch Kalifornien. „Das war 1978. Ich war mit meinen Eltern im Wohnmobil auf Tour. Wir stiegen in Düsseldorf ins Flugzeug, in die LTU, und ich dachte mir: ‚Präge dir gut ein, was du jetzt erlebst, das ist etwas Besonderes‘“, schildert der 54-Jährige. „Und so war es auch. Diese Erfahrung, dieses Gefühl des Besonderen, hilft mir noch heute im Alltag, wenn ich Kunden berate.“ Erfahrungen in Zeiten des Online-Buchens, die für ihn essenziell seien.

„Die Menschen heute reisen im Vergleich zu früher viel mehr und kennen schon viel mehr.“ Campen an der Atlantikküste, Städtetrips nach New York und London … Also gebe er ihnen dieses „Gefühl des Besonderen“. Da geht es dann schon einmal nach Osteuropa – einem von Scholls Spezialgebieten. Nach Moskau, auf die von ihm selbst erarbeitete Reise in den südlichen Kaukasus, nach Armenien oder Aserbaidschan. „Das ist der entscheidende Punkt, bei ungewöhnlichen Zielen haben wir einen Wissensvorsprung, den müssen wir ausnutzen“, sagt er.

Kommunikationsfähigkeit und Sorgfalt sind gefordert

Allgemeines

Berufsbezeichnung: Tourismuskaufmann/-frau für Privat- und Geschäftsreisen
Berufstyp: Anerkannter Ausbildungsberuf
Ausbildungsart: Duale Ausbildung in der Reisebranche (geregelt durch Ausbildungsverordnung)
Ausbildungsdauer: 3 Jahre
Lernorte: Ausbildungsbetrieb und Berufsschule (duale Ausbildung)

Was macht man?

Tourismuskaufleute für Privat-­ und Geschäftsreisen planen den Ablauf von Urlaubs-­ oder Geschäftsreisen. Sie organisieren Individual-­ und Pauschalreisen und arbeiten dabei mit Verkehrsbetrieben und anderen Leistungsträgern im Tourismus zusammen. In der Reisevermittlung beraten sie ihre Kunden, ermitteln Reiseverbindungen und Übernachtungsmöglichkeiten zu den gewünschten Terminen. Dabei erledigen sie kaufmännische und verwaltende Aufgaben: Sie kalkulieren Reisepreise, erstellen Kundenangebote und Kundenrechnungen bzw. Reisekostenabrechnungen. Sie nehmen Kundenbuchungen entgegen, reservieren dementsprechend z.B. Flüge, Hotelzimmer oder Mietautos und beschaffen ggf. Reisedokumente. Sie überwachen die Zahlungseingänge und bearbeiten Stornierungen und Reklamationen.

Wo arbeitet man?

Beschäftigungsbetriebe: Tourismuskaufleute für Privat­- und Geschäftsreisen finden Beschäftigung in erster Linie in Reisebüros und bei Geschäftsreisenservices.
Arbeitsorte sind in erster Linie Büros und Kundenschalter.

Welcher Schulabschluss?

Rechtlich ist keine bestimmte Schulbildung vorgeschrieben. In der Praxis stellen Betriebe überwiegend Auszubildende mit Hochschulreife ein.

Worauf kommt es an?

Anforderungen: Kaufmännisches Denken und Verhandlungsgeschick (z.B. Reisedienstleistungen mit Fluggesellschaften verhandeln), Sorgfalt (z.B. beim Kalkulieren von Preisen), Kommunikationsfähigkeit (z.B. Kunden umfassend über touristische Leistungen beraten), Kontaktbereitschaft und Interkulturelle Kompetenz (z.B. auf immer neue Kunden am Beratungsschalter eingehen, kulturelle Besonderheiten bei der Kooperation mit Hotels im Ausland berücksichtigen), organisatorische Fähigkeiten (z.B. Geschäftsreisen organisieren).
Schulfächer: Mathematik (z.B. für die Kalkulation von Reiseangeboten), Wirtschaft (z.B. für das Überwachen von Zahlungseingängen), Englisch (z.B. für die Kommunikation mit ausländischen Partnern), Deutsch (z.B. für die Beratung von Kunden).

Was verdient man?

1. Ausbildungsjahr: 797 Euro
2. Ausbildungsjahr: 908 Euro
3. Ausbildungsjahr: 1052 Euro,

Dass dies in der Beratung nicht immer einfach sei, stelle noch einmal eine weitere Herausforderung seines Berufs dar. Zuweilen benötige es beim Kunden auch Ehrlichkeit und Überzeugungskraft. Im Sommer nach Dubai zu reisen, das sei zum Beispiel aufgrund der dann dort herrschenden enormen Hitze so eine Sache. Da war auch dieses Pärchen, das nach seiner Heirat im Mai im Juni in die Karibik wollte. „Die Karibik, das entspricht vielen Vorstellungen von Freunden oder auch Erwartungen, eben etwas, das man als Hochzeitsreise oft so macht“, schildert Markus Scholl. „Dumm ist nur, der Juni ist für die Karibik eine schlechte Reisezeit, weil dort Regenzeit ist.“ Das habe er ihnen auch so gesagt und Alternativen vorgeschlagen. Eine Hochzeitsreise mit Regen? Keine gute Sache. Davor müsse man sie bewahren, dachte er sich. „Zuerst waren sie betroffen und bockig, irgendwann haben sie eingelenkt“, erinnert sich Scholl.

Offenheit und Ehrlichkeit

„Ich habe keine Hemmungen, die Leute anzupacken und offen und ehrlich mit ihnen zu sprechen. Gewissermaßen ist auch das Teil unseres Erfolgs.“ Offenheit, Ehrlichkeit, Hintergrundwissen. Und was ist es, das der Experte als Reiseziel so unbedingt will? „Mit der Transsibirischen Eisenbahn an den Pazifik – von Moskau über Wladiwostok nach China. Das ist mein Traum, den werde ich mir noch planen.“