Haspe/Fröndenberg. Eine sauerländer Personalie lässt aufhorchen: Der ehemalige katholische Geistliche aus Haspe, Pastor Norbert Wohlgemuth, verlässt die Kirche.

Am Ende war es bloß ein kurzes Intermezzo, das Pastor Norbert Wohlgemuth in der Hasper St. Bonifatius-Gemeinde gab. Aber mit seinem offenen, kommunikativen Wirken hat er nicht bloß die katholischen Menschen im Hagener Westen berührt. Doch gestern sorgte er in seiner neuen Heimat Frönenberg für einen Paukenschlag: Aus Unzufriedenheit mit der Situation in der Kirche legte er sein Priesteramt nieder. Seinem Wunsch nach einer Auszeit wollte das Bistum in Paderborn nicht folgen.

Mit seiner verbindlichen Art hat Norbert Wohlgemuth die Menschen in Haspe stets erreicht. Jetzt kehrt er der katholischen Kirche als Priester den Rücken.
Mit seiner verbindlichen Art hat Norbert Wohlgemuth die Menschen in Haspe stets erreicht. Jetzt kehrt er der katholischen Kirche als Priester den Rücken. © WP Michael Kleinrensing | Michael Kleinrensing

Im Rahmen des sonntäglichen Gottesdienstes in der Fröndenberger Marienkirche ließ Wohlgemuth die Bombe platzen: Er werde nicht nur mit sofortiger Wirkung die Gemeinde in der Ruhrstadt verlassen. Das sei auch sein letzter Gottesdienst als Priester gewesen, verkündete er, während einige Gottesdienstbesucher Tränen in den Augen hatten. Anfang der Woche hatte Norbert Wohlgemuth beim Erzbistum Paderborn um seine Suspendierung vom Priesteramt gebeten, weil er sich nicht mehr in der Lage sehe, diesen Dienst auszuüben.

Kirche abseits der Menschen

Die Entfernung der Kirche und ihrer Lehren von der Lebenswirklichkeit der Menschen belaste ihn schwer. Die Antworten, die die Institution Kirche auf die Probleme der Menschen, zum Beispiel auch auf ein Scheitern von Lebensplanungen wie einer Ehe, finde, seien entweder gar nicht vorhanden oder völlig unzureichend. Stattdessen gebe es ein Festhalten an Dogmen und Lehrmeinungen. Die immer noch untergeordnete Rolle der Frauen in der katholischen Kirche, ein fast vollständiges Ausbremsen jeden Fortschritts, zu wenige Anstrengungen für die Ökumene, eine Fokussierung der Amtsträger auf Hierarchie und Macht statt auf die Sorgen und Wünsche der Gläubigen, kritisierte Wohlgemuth in der Erklärung ebenso scharf wie das verpflichtende Zölibat. „Ich halte das Zölibat für überholt, machtbegründet, menschenunwürdig und krankmachend. Und für einen zu tiefen Eingriff in das Intimleben eines Priesters.“

Ende Januar 2017 hatte sich der Geistliche noch in Haspe mit einer letzten Heiligen Messe von den Gottesdienstbesuchern auf dem Heiligen Berg am Kreisel verabschiedet, obwohl er an gleicher Stelle erst am Ostersonntag 2015 seinen Job übernommen hatte. Damit war der Wunsch der Gemeinde nach langjähriger Kontinuität geplatzt.

Im Stadtteil stets präsent

Wohlgemuth lag in seiner Hasper Zeit das multikulturelle Miteinander der Mädchen und Jungen im Kindergarten ebenso am Herzen wie die friedfertige Integration der Flüchtlinge im Stadtteil. Der ambitionierte Radfahrer, Fitnessfan und Hobbykoch wurde schlemmend beim Döner-Mann ebenso gesichtet wie in der Shisha-Bar, beim türkischen Lebensmittelhändler oder beim Pizza-Bäcker um die Ecke.

Allerdings wurde der gebürtige Dortmunder und leidenschaftliche BVB-Fan, der zuvor 18 Jahre lang im Raum Marsberg agiert hatte, in seinen Hagener Jahren nie ganz warm mit dem Konservativismus à la Dechant Norbert Bathen. Immer wieder musste er damals schon feststellen, dass die Rahmenbedingungen und Strukturen des pastoralen Raumes zu seinen Vorstellungen von Seelsorge nicht passten.