Hagen. Die Ausbildung im Pflegebereich wird ab 2020 neu aufgestellt. Das hat Auswirkungen auf das Katholische Bildungszentrum Hagen.

Im Oktober starten die letzten Kurse nach altem Muster. Fortan wird sich vieles ändern: in der Ausbildung für Krankenpfleger, Altenpfleger und Kinderkrankenpfleger, aber auch am Katholischen Bildungszentrum für Gesundheits- und Pflegeberufe an der Turmstraße. Die einst dreigeteilte Ausbildung wird generalisiert (unsere Zeitung berichtete). Künftig verlassen nur noch Pflegefachfrauen und -männer die Pflegeschule an der Turmstraße. Darüber sprach unsere Zeitung mit den Schulleiterinnen Simone Brandt (Altenpflege) und Ricarda Richter-Kessler (Gesundheits- und Krankenpflege).

Schichtdienst, hohe Belastung, schlechte Bezahlung – wie wollen Sie da junge Menschen für eine Ausbildung im Pflegebereich begeistern?

Ricarda Richter-Kessler: Der Pflegeberuf ist enorm vielseitig. Er ist abwechslungsreich. Pflegekräfte haben eine glänzende Zukunftsperspektive und gute Entwicklungsmöglichkeiten. Unsere Absolventen bekommen auf ihre Bewerbungen oft mehrere Zusagen, können sich aussuchen, wo sie künftig arbeiten wollen. Sie fühlen sich dadurch auch wertgeschätzt.

Simone Brandt: Das stimmt. Kein Tag ist wie der andere. Den klassischen, sich wiederholenden Alltag gibt es nicht. Pflegekräfte, egal in welchem Bereich, haben mit Menschen zu tun. Wenn man sich da fachlich richtig einbringt, kann man enorm viel bewegen, einen Beitrag dazu leisten, dass es Menschen besser geht. Das ist etwas sehr Wertvolles.

Müsste da nicht die Bezahlung wesentlich höher sein?

Richter-Kessler: Zumindest in der Ausbildung verdienen Pflegekräfte gar nicht schlecht, im ersten Jahr immerhin schon 1000 Euro brutto. Man muss aber auch berücksichtigen: Die Pflege ist ein „typischer“ Frauenberuf. Im Vergleich zu anderen Berufen, in denen überwiegend Frauen arbeiten, ist die Bezahlung entsprechend. Aber selbstverständlich gibt es da in vielen dieser Bereiche – denken Sie nur an Erzieherinnen – reichlich Luft. Das gilt auch für die Pflege. Für die Verantwortung, die man in diesem Bereich trägt, ist der Lohn nicht ausreichend.

Brandt: Rund 80 Prozent unserer Auszubildenden sind weiblich. Dabei wünschen wir uns durchaus eine höhere Männerquote. Die wird aber lediglich in den Leitungsfunktionen im Pflegebereich erreicht – auch da stimmt etwas nicht.

Richter-Kessler: Die einheitliche Ausbildung ist auch unter finanziellen Aspekten ein Schritt in die richtige Richtung. Im Pflegebereich selbst gibt es ja auch ein Gefälle zu Gunsten der Krankenpflege. Wer beispielsweise in einem Krankenhaus in kirchlicher Trägerschaft arbeitet, kann bis zu 500 Euro mehr pro Monat verdienen als bei einem kleinen, privaten Pflegedienst.

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Macht aus Ihrer Sicht eine generalistische Ausbildung Sinn?

Brandt: Im Grunde schauen wir im Pflegebereich auf den Menschen von der Geburt bis zum Tod. Dem tragen wir mit der neuen Ausbildungsform, die es bereits in vielen europäischen Ländern in ähnlicher Form gibt und über die wir in Deutschland schon seit 15 Jahren diskutieren, Rechnung. Dadurch werden die Auszubildenden zunächst mal in die Lage versetzt, in allen Disziplinen zu arbeiten. Sie sind besser aufgestellt, wenn sie sich dem Arbeitsmarkt stellen. Wir denken, dass der Beruf durch die Reform attraktiver wird und sich die Verweildauer im Berufsfeld erhöht.

Richter-Kessler: Daneben bleibt das Lernen ja ein Prozess. Der Fortschritt im Bereich der Medizin führt dazu, dass drei Jahre Ausbildung gar nicht für ein gesamtes Berufsleben ausreichen können.

An Ihrer Schule sind ja bislang bereits zwei von drei Bereichen unterrichtet worden...

Brandt: Die Zweige schon jetzt unter einem Dach zu haben, ist in der Startphase sicherlich ein Vorteil. Das war bei unserer Gründung vor 15 Jahren ein guter Entschluss der Katholischen Kliniken und der Caritas. Wir haben heute die Lehrer, die Expertise und die Kooperationspartner, die wir auch künftig brauchen.

225 Auszubildende an Pflegeschule

225 Auszubildende besuchen das Katholische Bildungszentrum für Gesundheits- und Pflegeberufe an der Turmstraße in Boele, 150 das Fachseminar für Altenpflege, 75 die Gesundheits- und Krankenpflegeschule.

Theorie und Praxis halten sich in der dreijährigen Ausbildung die Waage. In der Regel wechseln sich jeweils zweimonatige Blocks ab.

Neben dem Katholischen Bildungszentrum, dessen Schüler nicht alle in katholischen Häusern arbeiten, bilden im Pflegebereich in Hagen noch das Allgemeine Krankenhaus, das Evangelische Krankenhaus sowie der private Träger „MaxQ“ aus.

Wo hakt es denn noch?

Richter-Kessler: Zum einen muss noch geklärt werden, wer die Ausbildung und die verschiedenen Orte, an denen die Auszubildenden eingesetzt werden, koordiniert. Wir denken, dass unsere Schule für diese Aufgabe geeignet ist, viele Träger sehen das auch so. Da befinden wir uns aber noch in Verhandlungen.

Brandt: Der Bereich der Kinderkrankenpflege, in dem ja alle Auszubildenden künftig eingesetzt werden müssen, ist noch ein Flaschenhals. Es gibt auf den Stationen zu wenig Plätze für Auszubildende. Das ist eine große Herausforderung. Das Land ist gerade dabei, Alternativen zu finden, indem beispielsweise heilpädagogische Kindertagesstätten einbezogen werden. Ähnliches gilt für den psychiatrischen Bereich.

Welche Voraussetzungen müssen Auszubildende denn mitbringen?

Brandt: Die Ausbildung ist anspruchsvoll. Das wird oft unterschätzt. Naturwissenschaften spielen eine wichtige Rolle. Und letztlich braucht es in unserem Beruf ein hohes Maß an Empathiefähigkeit.