Hagen. Elfriede Lobert (81) befürchtet ihren finanziellen Ruin. Für den Ausbau von zwei Straßen soll sie über 23.000 Euro an Anliegergebühren zahlen.

„Ich will nicht mehr alles schlucken, ich will mir das nicht gefallen lassen“, sagt Elfriede Lobert. 81 Jahre ist sie jetzt alt, hat ihr Leben lang gearbeitet und sich dadurch eine kleine Rente erwirtschaftet. Doch ihren Lebensabend sieht sie jetzt in Gefahr. Denn die beiden Straßen, an die ihr Häuschen grenzt, Randweg und Am Ischeland, werden derzeit erneuert. Und das bedeutet, dass die Hausbesitzer Anliegerbeiträge berappen müssen. Elfriede Lobert hat ausgerechnet, welche Summe auf sie zukommt: „Über 23.000 Euro. Soviel Geld habe ich nicht.“

Elfriede Lobert (81) wehrt sich.
Elfriede Lobert (81) wehrt sich. © Hubertus HeueL

Das Thema wird derzeit breit öffentlich diskutiert. Der Bund der Steuerzahler hat Unterschriften gesammelt, damit sich der nordrhein-westfälische Landtag mit dem Thema beschäftigen muss. Anfang Juni fand eine Anhörung im Kommunal-Ausschuss des Landtags statt. Und in Hagen haben die Fraktionen von SPD und Bürger für Hohenlimburg/Piraten für die Ratssitzung am 11. Juli einen Resolutionstext eingebracht, der die Befreiung der Bürger von Beiträgen für den Um- und Ausbau von dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Straßen, Wegen und Plätzen anstrebt.

Mit Mühe und Not abbezahlt

Der Fall von Elfriede Lobert mag als Beispiel dazu dienen, wie sehr Baumaßnahmen auf der Straße vor seinem Haus den einzelnen Bürger belasten können. Vor 43 Jahren hat sie gemeinsam mit ihrem inzwischen verstorbenen Mann das Haus in der Straße am Ischeland gekauft und in der Folgezeit mit Mühe und Not abbezahlt: „Deshalb lebte ich einigermaßen sorgenfrei.“

Doch seitdem die Stadtverwaltung sie vor zwei Jahren darüber informierte, die Straßen Randweg und Am Ischeland zu erneuern bzw. auszubauen, ist es mit der inneren Ruhe vorbei. Denn die Arbeiten würden für die Eigentümer der angrenzenden Grundstücke eine Straßenausbaubeitragspflicht nach dem Kommunalabgabengesetz auslösen, hieß es in feinstem Bürokratendeutsch in dem Schreiben.

500 Quadratmeter Grundstücksfläche

Wie hoch der Betrag sein würde, der da auf sie zurollt, erfuhr Elfriede Lobert im Rahmen von zwei Informationsabenden beim Wirtschaftsbetrieb Hagen (WBH). Am Ischeland (Gesamtkosten: 497.000 Euro) liegen die Anliegeranteile bei geschätzten 314.664 Euro, die Rentnerin würde für ihre rund 500 Quadratmeter Grundstücksfläche mit 7500 Euro zur Kasse gebeten.

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Teurer wird es am Randweg. Hier liegen die Gesamtkosten bei 1,038 Mio. Euro, die Anlieger sollen gut 555.000 Euro beisteuern, davon entfallen 16.000 Euro auf Elfriede Lobert. „Ich bin der Meinung, das ist eine Sauerei“, droht die Hagenerin angesichts der auf sie zurollenden Kosten die Contenance zu verlieren: „Das Geld habe ich nicht. Und ich finde, diese Gebühren gehören abgeschafft. Mit dieser Meinung stehe ich bestimmt nicht allein da.“

Rentnerin denkt über Verkauf nach

Im Rathaus habe man angesichts ihrer Einwände jedoch nur müde abgewunken, berichtet Frau Lobert. Als sie einem Verwaltungsmitarbeiter von ihren Sorgen erzählte, habe dieser geantwortet, sie könne ja versuchen, gegen den von ihr geforderten Beitrag vorzugehen, eine Chance habe sie sowieso nicht. Und wenn sie so viel Geld nicht aufbringen könne, müsse sie eben ihr Haus verkaufen.

Auch Straßenlampen werden erneuert

Der Wirtschaftsbetrieb Hagen erneuert in der Weserstraße im Bereich vom Randweg bis Hausnummer 12 und Am Ischeland im Bereich vom Randweg bis Hermannstraße die Oberfläche der Straßen. Zudem werden aus baulichen und hydraulischen Gründen die Entwässerungsleitungen erneuert. Partiell werden die Versorgungsleitungen umgelegt bzw. erneuert.

In der Weserstraße beträgt die Erneuerung der Abwasserleitung ca. 125 m. Am Ischeland werden ca. 280 m Entwässerungsleitung erneuert. In beiden Straßen erfolgt auf gesamter Breite eine Erneuerung der Verkehrsflächen. Auch die Straßenbeleuchtung wird erneuert.

Baubeginn war im August 2018, Bauende wird im Herbst 2019 sein.

Dieser Zynismus wird am Ende möglicherweise noch Realität werden. Elfriede Lobert denkt tatsächlich darüber nach, ihr Haus zu verkaufen bzw. eine Hypothek auf das Gebäude aufzunehmen, um die geforderte Summe aufzubringen. Einen Kredit wird ihr angesichts ihres Alters wohl keine Bank mehr gewähren.