Hagen- Hohenlimburg. . Die „Lego-Brücke“ in Hohenlimburg sollte Vorbild für ganz NRW werden, bleibt aber wohl ein Unikat. Die Kosten sind explodiert
Sie sollte ein Prototyp werden für ganz Nordrhein-Westfalen. Die so genannte Lego-Brücke, die in Hohenlimburg die Hammacher Straße über die Autobahn 46 führt und komplett aus Fertigteilen in nur 100 Tagen gebaut wurde, wird aber wohl vorerst ein Einzelfall bleiben. Das Land NRW plant derzeit keine neuen Brückenprojekte nach dieser Bauweise. Knapp ein Jahr nach der Eröffnung ist auch klar: Die Kosten sind aus dem Ruder gelaufen und haben sich gegenüber der Ursprungsplanung mehr als verdoppelt: War das Land ursprünglich von 3,3 Millionen Euro ausgegangen, so waren es am Ende 6,9 Millionen Euro.
Kein weiterer Brückenersatzbau dieser Art in Sicht
Mehr als 200 Tage hätte die Hammacher Straße wohl bei der konventionellen Bauweise gesperrt werden müssen. Bei der Lego-Brücke waren 100 Tage vorgeben – und die Zeit wurde auch tatsächlich eingehalten.
„Ziel des Projektes war es zu zeigen, dass durch innovative Bauweisen bei geeigneten Bauwerken eine deutliche Verkürzung der Bauzeit möglich sein kann“, so Ministeriumssprecher Bernd Meier. Insgesamt sei die Landesregierung daher mit der Durchführung und den Ergebnissen des Ideenwettbewerbs und mit der baulichen Umsetzung zufrieden.
Bislang ist aber kein Brückenersatzbau in Sicht, bei dem das Prinzip Lego-Brücke noch mal zum Zuge kommen könnte. Stattdessen gibt es in Werne und Emmerich weitere Pilotprojekte mit Brücken-Fertigteilen. Aber keines in „Vollfertigteilbauweise“ wie in Hohenlimburg.
Aktuell gibt es wieder Arbeiten an der Brücke, die zu Einschränkungen für den Verkehr führen. Die ausführende Baufirma muss Schäden reparieren, die noch unter die Gewährleistung fallen. Für den Steuerzahler entstünden dadurch keine neuen Kosten und die jetzt zu reparierenden Schäden hätten auch nicht ursächlich etwas mit der Fertigteil-Bauweise zu tun, versichert der Landesbetrieb Straßen.NRW: Mängel an Fugen-Abdichtungen kämen auch bei konventionellen Bauweisen vor. Doch die Euphorie in Sachen Lego-Brücke ist trotzdem deutlich abgekühlt.
Minister importiert Bauweise
Das klang im Jahr 2015 noch anders, als der damalige NRW-Verkehrsminister Michael Groschek (SPD) die Idee aus den Niederlanden nach NRW mitgebracht hatte: Mit der dort schon länger praktizieren „Vollfertigteilbauweise“ sollten die Bau- und Sperrzeiten drastisch reduziert werden.
Noch 2017 beim Start der Produktion der für die Brücke in Hohenlimburg notwendigen 180 Beton-Fertigteile in einer Firma in Dorsten hatte Groschek die Vorbild-Funktion hervorgehoben: „Lasst uns Deutschland reparieren!“ Und bei der Brücken-Einweihung im Juli 2018 sagte sein CDU-Nachfolger Hendrik Wüst: „Es war ein Test, aus dem wir lernen wollten. Weil wir diese oder ähnliche Verfahren ausrollen wollen auf das ganze Land.“
Erfahrungen für Folgeprojekte nutzen
Knapp ein Jahr später sagt das NRW-Verkehrsministerium nun auf Anfrage der WESTFALENPOST: „Straßen.NRW plant aktuell keinen weiteren Ersatzneubau, der die Bauweise in Hagen 1:1 kopiert.“ Das sei auch nicht Ziel des Pilotprojektes gewesen, so Ministeriumssprecher Bernhard Meier: „Es wird jedoch versucht, die Erfahrungen aus diesem Projekt in Folgeprojekten umzusetzen, um den Vorfertigungsgrad im Brückenbau zu erhöhen und damit die Bauzeiten zu verkürzen.“
Bauzeit-Ziel eingehalten
Bei den Kosten allerdings gab es eine böse Überraschung. In der Planungsphase hatte Straßen.NRW für die Brücke mit Baukosten in Höhe von 3,3 Millionen Euro gerechnet – das war schon eine Millionen Euro mehr als bei einer konventionellen Bauweise veranschlagt worden wären. „Aufgrund der innovativen und aufwendigeren Bauweise des Pilotprojektes haben sich jedoch deutliche Kostensteigerungen ergeben, die zuvor nicht absehbar waren“, sagt nun Ministeriumssprecher Bernhard Meier.
So hätten sich letztlich die Kosten für die Ausführungsplanung sowie deren Prüfung sich letztlich auf 375.000 Euro belaufen, für Kabel- und Leitungsverlegungen sowie die erforderlichen verkehrlichen Maßnahmen hätten darüber hinaus etwa 290.000 Euro investiert werden müssen. „Die Gesamtprojektkosten für das Pilotprojekt beliefen sich am Ende auf etwa 6,9 Millionen Euro.“ Eine glatte Verdoppelung.
Neue Test-Projekte
Einen kompletten Abgesang auf weitere Lego-Brücken à la Hohenlimburg will der Ministeriumssprecher zwar nicht singen, allerdings: „Es ist immer im Einzelfall zu entscheiden, ob die Vorteile einer erheblich kürzeren Bauzeit und reduzierter Verkehrsbeeinträchtigungen die Nachteile der in der Regel deutlich höheren Baukosten und einer eventuell kürzeren Dauerhaftigkeit der Konstruktion überwiegen.“