Wehringhausen. . Der Rat hat grünes Licht für das Millionen-Projekt der GWG am „Block 1“ gegeben. Doch der Initiativkreis möchte die Gestaltung noch beeinflussen.
Vordergründig scheinen die Würfel für das Block-1-Projekt der Gemeinnützigen Wohnstättengenossenschaft (GWG) in Wehringhausen längst gefallen zu sein: Das Konzept mit entsprechender Bauvoranfrage für eine sechszügigen Kindertagesstätte, einen großflächigen Einzelhandel mit Parkdeck sowie eine 800 Quadratmeter große Grünfläche liegt auf dem Tisch, das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren (§ 34 Baugesetzbuch) wurde vom Rat gebilligt und eine Abrissgenehmigung für die 130 Wohnungen im Karree Minerva-/Gustav-/Ewald- und Lange Straße bereits erteilt.
Zwei Bauprojekte – unterschiedliche Maßstäbe
Während die Stadt Hagen an der Fleyer Straße für die vermeintlich zu opulente Dimensionierung eines Einzelbauwerkes gleich ein geordnetes Bebauungsplanverfahren auf den Weg gebracht hat, soll in Wehringhausen für die Neu-Entwicklung eines kompletten Wohnblocks im vereinfachten Verfahren (§ 34 BauGB) entschieden werden.
Diese Vorgehensweise war in der Verwaltung durchaus umstritten: Ex-Stadtbaurat Thomas Grothe hatte für sich aufgrund von Rechtsbedenken sogar ausdrücklich erklärt, lediglich ein geordnetes B-Plan-Verfahren mittragen zu wollen. Daraufhin wurde er – nach entsprechender Prüfung durch das Rechtsamt – von Oberbürgermeister Erik O. Schulz überstimmt.
Dennoch wird im Hintergrund der Initiativkreis Wehringhausen um die ehemalige Kauffrau Gabriele Haasler und Ex-Stadtbaurat Johann Dieckmann nicht müde, eine ergebnissoffene Diskussion über die künftige Gestaltung des Areals einzufordern, um im Geiste des Integrierten Handlungskonzeptes (Soziale Stadt Wehringhausen) mit der Bürgerschaft in einen breiten Abwägungsprozess zu möglichen Alternativplanungen einzusteigen.
Die Zweifel der Kritiker
Zwar hegt die Bürgerinitiative – ähnlich wie der in den Ruhestand verabschiedete Baudezernent Thomas Grothe – weiterhin grundsätzliche Zweifel, ob die GWG ihre Millionen-Pläne angesichts der erheblichen Veränderungen im Wehringhauser Stadtraum überhaupt ohne klassisches Bauleitplanverfahren durchziehen könne. Andererseits haben die Wehringhauser in den vergangenen Monaten in ihren Anregungen zu dem Veränderungsprozess (§ 24 Gemeindeordnung) immer wieder deutlich gemacht, dass sie auf der einen Seite das Abrissziel sowie die Kita- und Lebensmittelmarkt-Ideen der GWG akzeptieren.
Allerdings plädiert die Gruppe auch für Unterflurgaragen, kann sich zumindest entlang der Minerva-, Gustav- und Lange Straße alternative Wohnformen vorstellen und erwartet letztlich, dass die wirtschaftliche Entwicklung des Einzelhandels rund um den Wilhelmsplatz durch einen weiteren Anbieter an der Minervastraße nicht torpediert wird. „Unsere Gesprächsersuchen zu diesem Themenkomplex mit der GWG und der Verwaltung sind in den vergangenen Monaten alle ins Leere gelaufen“, wundert sich Dieckmann, dass man dort kein Dialoginteresse zeige, um am Ende zu einer rechtssicheren Entscheidung zu kommen.
Die Haltung der Arnsberger
Der Wehringhauser Initiativkreis hat sich mit seinen Anliegen inzwischen nicht bloß an den städtischen Beschwerdeausschuss gewandt, sondern auch beim Regierungspräsidium in Arnsberg seine Bedenken geltend gemacht, dass die Stadt die erheblichen Veränderungen in dem allgemeinen Wohngebiet im vereinfachten §34-Verfahren durchziehen möchte.
Seitens der Kommunalaufsicht hat man die Stadt Hagen daher um eine Stellungnahme zu dem Fall gebeten und erwägt, sich auch noch einmal vor Ort einen Eindruck von dem Fall zu machen. Wie lange sich dieser Abwägungsprozess in Arnsberg noch hinzieht, sei im Moment nicht absehbar, betont Christoph Söbbeler als Sprecher der Bezirksregierung.
Der Blick der Wissenschaft
Außerdem verweist die Gruppe um Gabriele Haasler auf neue Erkenntnisse hinsichtlich des Denkmalschutzes. In einem Gutachten von Prof. Wolfgang Sonne (TU Dortmund, Lehrstuhl für Geschichte und Theorie der Architektur), wird „die herausragende Stellung dieses Baublockes als städtebauliches Denkmal nachgewiesen und begründet, warum er als Reformblock in Gänze mit seinem Gartenhof zu erhalten ist“, betont Dieckmann als Sprecher der Initiative.
„Insbesondere die Abfolge von Eicken-Siedlung, Block 1 und Block 2 an der Lange Straße ist ein Bilderbuchbeispiel für die Entwicklung des sozialen Wohnungsbaus von 1870 bis 1914“, bewertet Hochschullehrer Sonne das Ensemble, das einst im Auftrag der Wohnungsbaugenossenschaft Spar- und Bauverein vom Architekten Claus Hilker entworfen wurde.
Die Einschätzung des LWL
Vor dem Hintergrund dieser Erkenntnisse könne auch noch keine abschließende Stellungnahme des Amtes für Denkmalpflege beim LWL vorliegen, argumentiert der Initiativkreis. Daher sei auch eine Erteilung der Abrissgenehmigung vor dem abschließenden Prüfungen nach § 34 Baugesetzbuch und nach Denkmalschutzgesetz nicht möglich.
Der verantwortliche Sachbearbeiter beim LWL, Dr. Heinrich Otten, sei inzwischen über den neuen Sachstand informiert. „Vor einem solchen beabsichtigten erheblichen Eingriff in das städtebauliche Gefüge eines Quartiers sollte man die städtebauliche und historische Entwicklung analysiert haben“, erwartet Dieckmann, dass die Hagener Denkmalpfleger die Akte „Block 1“ noch einmal öffnen.
LWL sieht keinen Handlungsbedarf
Diese haben den Fall allerdings längst abgeschlossen. Seit Februar liegt eine abschließende Stellungnahme vor, aus der hervorgeht, dass der Block keineswegs die Voraussetzungen erfüllt, um als Baudenkmal zu gelten. Auch beim LWL fühlt man sich daher nicht berufen, in Sachen Denkmalschutz noch einmal dazwischen zu grätschen: „Uns fehlen die schlüssigen Anhaltspunkte. Wir brauchen mehr fundiertes Futter – was uns bislang vorliegt, ist einfach zu dünn“, betont LWL-Sprecher Markus Fischer mit Blick auf das eher knappe Sonne-Gutachten.
Und auch das Regierungspräsidium fühlt sich kaum berufen, aufgrund von Denkmalschutzbedenken sich einzuschalten, solange die Untere Denkmalbehörde in Hagen weder Einzelobjekte noch das gesamte Ensemble für denkmalwürdig erachtet. Johann Dieckmann unterstreicht: „Es geht nicht um die Unterschutzstellung von Einzeldenkmalen, sondern um die Einschätzung als städtebauliches Denkmal des Baublockes 1 und 2. Bei einem solchen Denkmal sind Abbrüche von Einzelgebäuden nicht ausgeschlossen, sondern es geht um den Erhalt des stadträumlichen Konzeptes der Reformarchitektur.“
Die nächsten Schritte
Vor diesem Hintergrund ist es auch kein Zufall, dass die Wehringhauser parallel zu den Aktivitäten bei LWL und Kommunalaufsicht sich inzwischen auch auf den Weg gemacht haben, den Petitionsausschuss des NRW-Landtages mit der Causa „Block 1“ in all ihren Facetten zu beschäftigen. Und sollte eines Tages tatsächlich eine Baugenehmigung für das GWG-Projekt erteilt werden, darf auch niemand überrascht sein, wenn sich mit Rückendeckung der Bürgerbewegung ein betroffener Anrainer aus dem direkten Umfeld von „Block 1“ findet, der vor dem Verwaltungsgericht in Arnsberg das gesamte Verfahren noch einmal rechtlich überprüfen lässt.
Die Reaktion der GWG
Bei der Hasper Wohnungsgenossenschaft arbeiten die Verantwortlichen derweil kontinuierlich, aber weitgehend geräuschlos am Feinschliff des Millionenprojektes weiter. Allerdings hält sich der geschäftsführende Vorstand Christoph Rehrmann angesichts der Aktivitäten der Kritiker mit konkreten Informationen zum Entwicklungsstand aktuell zurück. Er versichert lediglich, dass die GWG zu gegebener Zeit zu der vertraglich zugesicherten Bürgerwerkstatt mit den Wehringhausern einladen werde.