Hagen. . Weiblich, männlich, divers: Die Stadt Hagen will ihre Sprache mit großem Aufwand gendersensibel machen. Sämtlicher Schriftverkehr wird geändert.

Gibt es bald nur noch die Hagener*innen? Die Stadt Hagen will einen „gendersensiblen Sprachgebrauch“ in sämtlichen Schriftstücken und im Arbeitsalltag der Verwaltung einführen. Das heißt: rein männliche Formulierungen wie „der Bürger“ oder „der Hagener“ sollen der Vergangenheit angehören. Stattdessen sollen Formulierungen gefunden werden, die sowohl das männliche und das weibliche als auch das „dritte Geschlecht“ (divers) beinhalten sollen.

Landesgleichstellungsgesetz als Vorlage

Die Stadt Hagen bezieht sich bei ihrem Engagement auf den Paragraphen 4 des Landesgleichstellungsgesetzes NRW. Darin heißt es:

„In der internen wie externen dienstlichen Kommunikation ist die sprachliche Gleichbehandlung von Frauen und Männern zu beachten. Es sind geschlechtsneutrale Personenbezeichnungen zu verwenden. Sofern diese nicht gefunden werden können, sind die weibliche und männliche Sprachform zu verwenden.“

Der Zeitplan ist durch aus eng: Schon seit Anfang des Jahres überarbeitet die Gleichstellungsstelle der Stadt ihr zugetragenen Schriftstücke auf die Verwendung gendersensibler Sprache. Zudem soll eine Arbeitsgruppe an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung ab Ende des Monats an einem Wörterbuch für gendersensiblen Sprachgebrauch in der Verwaltung arbeiten. Danach sollen Stadt-Mitarbeiter extra geschult werden. Die Kosten sind unklar. „Die konnten noch nicht kalkuliert werden“, so Stadtsprecher Michael Kaub.

Gesetzlichen Auftrag umsetzen

Mit der Initiative setze die Stadt allerdings auch einen Auftrag durch das Landesgleichstellungsgesetz NRW um (siehe Infobox) so Kaub: Schon seit vergangenem Jahr werde das dritte Geschlecht bei Stellenausschreibungen miteinbezogen, indem mit den Buchstaben w, m, d auf alle Geschlechtsformen hingewiesen werde.

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Am 25. April startet nun das Projekt mit der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung. Sechs dort Studierende sollen bis Ende Juni Zeit haben, gemeinsam mit der Gleichstellungsstelle ein gendergerechtes Wörterbuch für die Kommunalverwaltung Hagen zu erstellen, das geschlechtsumfassende Formulierungen enthalten soll.

„Der Gleichstellungsstelle soll damit die Möglichkeit eingeräumt werden, alle Beschäftigten der Stadtverwaltung schnell, digital und umfassend bei der Erstellung von sämtlichen Schriftstücken und Texten und der Suche nach adäquaten Synonymen unterstützen und beraten zu können“, so Kaub.

Umfassende Umsetzung

Für den Fall, dass eine geschlechtsumfassende Formulierung nicht möglich sei, solle eine verbindliche Formulierungsalternative gefunden werden – und dazu könne auch der so genannte „Gender­star“ gehören. Also jenes hoch gestellte Sternchen, das zwischen dem Wortstamm und der weiblichen Endung eingefügt wird. „Solche Alternativen sollen helfen, die häufig umständlich anmutenden Formulierungen in der Paarform zu kürzen – und gleichzeitig die Ansprache aller Geschlechter, auch jenseits der Kategorien Frau und Mann, zu gewährleisten“, so Michael Kaub.

Verbindliche Regelung

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Und dieser Schritt soll umfassende umgesetzt werden: Die Anwendung geschlechtsumfassender Formulierungen soll für sämtlichen Schriftverkehr der Stadtverwaltung verbindlich werden und nach der Sommerpause schrittweise in E-Mails, Hausmitteilungen, Briefen, Präsentationen, Broschüren, Flyern, Formularen und Rechtstexten umgesetzt werden. Stadtsprecher Michael Kaub kündigt bereits an: „Nach Möglichkeit werden Schulungen angeboten, um die Beschäftigten für die Anwendung der geschlechtergerechten Verwaltungssprache zu sensibilisieren und die Umsetzung mit konkreten Beispielen aus der alltäglichen Arbeit zu erleichtern.“

Die Stadt Hannover war die erste, die mit der Ankündigung, eine gendergerechte Verwaltungssprache einführen zu wollen, Schlagzeilen gemacht hat. Inzwischen sind eine Reihe anderer Kommunen nachgezogen, so auch Dortmund. Der Verein Deutsche Sprache, der ebenfalls in Dortmund ansässig ist, sieht darin einen „zerstörerischen Eingriff in die deutsche Sprache“ und hat einen Aufruf dagegen gestartet.