Hagen. . Die wichtige Zeugin krank, der angeklagte Bandido schweigt. Der Rockerkrieg-Prozess in Hagen startet schleppend. Aber es gibt Spuren der Waffe.

Am Ende wird die Terminfindung der wichtigste Tagesordnungspunkt beim Prozessauftakt zur gerichtlichen Aufarbeitung des Hagener Rockerkriegs sein. Denn weil die Anklage wegen Mordversuchs, die Staatsanwalt Axel Nölle verliest, sehr kurz ist, der 31-jährige Angeklagte von seinem Schweigerecht Gebrauch macht und die Hauptbelastungszeugin nicht erscheint, ist das eigentliche juristische Programm am Montagmorgen minutenschnell abgearbeitet.

Prozessauftakt gegen Bandidos-Mitglied

Prozessauftakt am Hagener Landgericht.
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Doch nun suchen alle Prozessbeteiligten nach weiteren Terminen bis Mitte Mai, damit eben jene wichtige Zeugin noch gehört werden kann. Sie hat ein ärztliches Attest eingereicht, das ihr bis zum 18. April – dem eigentlich geplanten letzten Verhandlungstag – bescheinigt, nicht aussagefähig zu sein. „Aber die Ärztin hat mir versichert, dass der Zustand nicht dauerhaft sein wird“, berichtet der Vorsitzende Richter Marcus Teich.

Die Freeway Riders schweigen bei den Ermittlern

Von der Aussage der Frau hängt einiges ab. Sie saß am 13. Oktober in jenem BMW, auf den auf der Saarlandstraße mindestens vier Schüsse abgefeuert wurden. Am Steuer saß ihr Lebensgefährte, und auch ihr Onkel befand sich in dem BMW – beide gelten als Mitglieder der Hagener Rocker-Gruppe Freeway Riders. Doch beide haben gegenüber den Ermittlern keine Angaben zur Sache gemacht. Entsprechend gering sind auch die Erwartungen an deren Aussage, wenn sie am kommenden Donnerstag als Zeugen geladen sind.

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Die Lebensgefährtin des Freeway Riders hatte dagegen bei der Polizei ausgesagt, dass sie den jetzt angeklagten 31-Jährigen, der Mitglied der rivalisierenden Rocker-Gruppe Bandidos ist, am Steuer des Mercedes Cabrio gesehen hat, aus dem die Schüsse abgegeben wurden. Ob sie dies nun vor Gericht noch einmal bestätigen wird, wird die spannende Frage sein.

Prozess gegen Hagener Rocker am Landgericht

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    Das wäre dann ein Indiz der Staatsanwaltschaft, um dem 31-Jährigen die Tat nachzuweisen. Ein anderes dürften die Schmauchspuren sein. Die entstehen, wenn ein Schuss abgegeben wird. An dem Bandido wurden solche Schmauchspuren sichergestellt. Ein Gutachter wird dazu im Prozess gehört werden. Dann wird es auch um die Frage gehen, ob die Schmauchspuren darauf hindeuten, dass der Bandido selbst geschossen hat oder sein Beifahrer – dessen Identität ist weiter unklar.

    Wegen Kokainhandelns in Haft

    Der Angeklagte, der 1987 in Hagen geboren wurde, präsentiert sich an diesem Montag gefasst und aufgeräumt – trotz der gut fünf Monate Untersuchungshaft, die er schon hinter sich hat. Er hat auch durchaus schon Gefängniserfahrung: 2011 war er wegen des Handelns mit Kokain in 92 Fällen zu insgesamt zwei Jahren und neun Monate Haft verurteilt worden. Zwei Drittel davon hat er auch abgesessen. In weißem Hemd, Jeans, mit kurz geschorenen Haare und kurzem Vollbart mustert er die Zuschauerreihen, erkennt ein paar Freunde. Den großen Besucherauflauf gibt es an diesem Morgen aber nicht. Journalisten sind reichlich da, einige Interessierte – aber von einem Aufmarsch der Rocker keine Spur.

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    Und dennoch sind die Sicherheitsvorkehrungen groß: Einsatzwagen um Einsatzwagen der Polizei fährt kurz vor Prozessstart mit Blaulicht vor dem Landgerichtsgebäude vor. Bereitschaftspolizisten aus Bochum sind angereist. Nicht nur am Eingang des Landgerichts, sondern auch vor dem Gerichtssaal werden alle Besucher kontrolliert. Doch es bleibt ruhig beim Start des Rocker-Prozesses.

    Stationen des Hagener Rockerkriegs

     1. Oktober 2016: Die Bandidos verkünden die Gründung eines „Prospect-Chapters“ für Hagen, also einer „Anwärter-Gruppierung“ (hier ein Symbolbild).
     1. Oktober 2016: Die Bandidos verkünden die Gründung eines „Prospect-Chapters“ für Hagen, also einer „Anwärter-Gruppierung“ (hier ein Symbolbild). © imago/BildFunkMV | imago stock&people
    3. Oktober 2016: Marsch der Freeway Riders von Kückelhausen bis in die Innenstadt: Machtdemonstration gegenüber dem entstehenden Bandidos-Chapter
    3. Oktober 2016: Marsch der Freeway Riders von Kückelhausen bis in die Innenstadt: Machtdemonstration gegenüber dem entstehenden Bandidos-Chapter © WP | Kai Uwe Hagemann
    9. November 2016: Razzia in einem Bandidos-Treffpunkt in Hagen, nachdem der NRW-Innenminister die Rockergruppe Osmanen Germania verboten hat (hier ein Symbolbild). Es soll Verbindungen gegeben haben.
    9. November 2016: Razzia in einem Bandidos-Treffpunkt in Hagen, nachdem der NRW-Innenminister die Rockergruppe Osmanen Germania verboten hat (hier ein Symbolbild). Es soll Verbindungen gegeben haben. © WP Michael Kleinrensing | Michael Kleinrensing
    16. Juni 2018: In einer Shisha-Bar in der Hindenburgstraße sollen Bandidos ein Mitglied einer anderen Rockergruppierung attackiert haben.
    16. Juni 2018: In einer Shisha-Bar in der Hindenburgstraße sollen Bandidos ein Mitglied einer anderen Rockergruppierung attackiert haben. © WP | Thomas Nitsche
    29. Juni 2018: Nach dem Vorfall in der Hindenburgstraße kommt es zu einer Razzia gegen Bandidos-Mitglieder mit einem Großaufgebot der Polizei. Unter anderem durchsuchen Sondereinsatzkommandos das Vereinsheim in Delstern und Privatwohnungen. Der damalige Präsident des Chapters wird festgenommen, kommt aber bald wieder frei.
    29. Juni 2018: Nach dem Vorfall in der Hindenburgstraße kommt es zu einer Razzia gegen Bandidos-Mitglieder mit einem Großaufgebot der Polizei. Unter anderem durchsuchen Sondereinsatzkommandos das Vereinsheim in Delstern und Privatwohnungen. Der damalige Präsident des Chapters wird festgenommen, kommt aber bald wieder frei. © WP Michael Koch | Michael Koch
    17. Juli 2018: Am Tücking wird gegen 18.38 Uhr auf ein Mitglied der Freeway Riders geschossen, es bleibt unverletzt. Die Tat gilt bis heute als nicht aufgeklärt.
    17. Juli 2018: Am Tücking wird gegen 18.38 Uhr auf ein Mitglied der Freeway Riders geschossen, es bleibt unverletzt. Die Tat gilt bis heute als nicht aufgeklärt. © WP Michael Koch | Michael Koch
    17. Juli 2018: Um 19.25 Uhr, nur wenige Minuten nach der Tat am Tücking, wird ein 31-Jähriger, der wohl Anwärter für eine Bandidos-Mitgliedschaft ist, auf dem Gelände der Aral-Tankstelle in Eilpe niedergestochen und lebensgefährlich verletzt. Zwei Männer werden kurz darauf festgenommen, müssen aber wieder freigelassen werden. Die Tat gilt bis heute als nicht aufgeklärt.
    17. Juli 2018: Um 19.25 Uhr, nur wenige Minuten nach der Tat am Tücking, wird ein 31-Jähriger, der wohl Anwärter für eine Bandidos-Mitgliedschaft ist, auf dem Gelände der Aral-Tankstelle in Eilpe niedergestochen und lebensgefährlich verletzt. Zwei Männer werden kurz darauf festgenommen, müssen aber wieder freigelassen werden. Die Tat gilt bis heute als nicht aufgeklärt. © Alex Talash | Alex Talash
    28. September: Am Bergischen Ring lauern mehrere Männer einem Mitglied der Freeway Riders auf und schießen mehrfach auf seinen Pkw.
    28. September: Am Bergischen Ring lauern mehrere Männer einem Mitglied der Freeway Riders auf und schießen mehrfach auf seinen Pkw. © WP Michael Kleinrensing | Michael Kleinrensing
    5. Oktober: Um 21.30 Uhr wird auf der Frankfurter Straße ein Bandidos-Mitglied vor einem Café, das als Treffpunkt der Rockergruppe gilt, niedergeschossen und lebensgefährlich verletzt.
    5. Oktober: Um 21.30 Uhr wird auf der Frankfurter Straße ein Bandidos-Mitglied vor einem Café, das als Treffpunkt der Rockergruppe gilt, niedergeschossen und lebensgefährlich verletzt. © Alex Talash | Alex Talash
    13. Oktober: Um 18.30 werden aus einem Mercedes Cabrio auf der Saarlandstraße vier Schüsse auf einem BMW abgeben, den ein Mitglied der Freeway Riders fährt. Verletzt wird niemand. Noch in der Nacht nimmt ein Spezialeinsatzkommando in der Frankfurter Straße ein führendes Mitglied (31) des Hagener Bandidos-Chapters fest. Gegen ihn ist inzwischen Anklage wegen versuchten Mordes erhoben worden. Der Prozess startet am 25. März.
    13. Oktober: Um 18.30 werden aus einem Mercedes Cabrio auf der Saarlandstraße vier Schüsse auf einem BMW abgeben, den ein Mitglied der Freeway Riders fährt. Verletzt wird niemand. Noch in der Nacht nimmt ein Spezialeinsatzkommando in der Frankfurter Straße ein führendes Mitglied (31) des Hagener Bandidos-Chapters fest. Gegen ihn ist inzwischen Anklage wegen versuchten Mordes erhoben worden. Der Prozess startet am 25. März. © Alex Talash | Alex Talash
    6. Dezember 2018: Großrazzia gegen die Freeway Riders in Hagen und in mehreren anderen  Städten. Unter anderem wird das Clubgelände in Kückelhausen mit einem Räumpanzer gestürmt. Es gibt mehrere Festnahmen. Es wird ein ganzes Waffenlager beschlagnahmt. Ein 58-Jähriger, der fühendes Mitglied der konkurrierenden Freeway Riders ist, ist auch weiterhin in Haft. Er gilt inzwischen als Schütze bei der Attacke auf den Bandido am 5. Oktober auf der Frankfurter Straße und ist wegen versuchten Totschlags angeklagt.
    6. Dezember 2018: Großrazzia gegen die Freeway Riders in Hagen und in mehreren anderen  Städten. Unter anderem wird das Clubgelände in Kückelhausen mit einem Räumpanzer gestürmt. Es gibt mehrere Festnahmen. Es wird ein ganzes Waffenlager beschlagnahmt. Ein 58-Jähriger, der fühendes Mitglied der konkurrierenden Freeway Riders ist, ist auch weiterhin in Haft. Er gilt inzwischen als Schütze bei der Attacke auf den Bandido am 5. Oktober auf der Frankfurter Straße und ist wegen versuchten Totschlags angeklagt. © Alex Talash | Alex Talash
    26. Februar 2019: Ein SEK der Polizei nimmt in Hagen einen 44-Jährigen fest, der aktuell Präsident des Bandidos-Chapters Hagen sein soll. Der Vorwurf: versuchter Totschlag. Er soll verantwortlich sein für die Schüsse auf einen Freeway Rider am 28. September am Bergischen Ring. Ebenfalls beschuldigt wird in diesem Fall der 31-jährige Bandido, der auch für die Schüsse auf der Saarlandstraße verantwortlich sein soll und dem ab 25. März wegen versuchten Mordes vor Gericht steht.
    26. Februar 2019: Ein SEK der Polizei nimmt in Hagen einen 44-Jährigen fest, der aktuell Präsident des Bandidos-Chapters Hagen sein soll. Der Vorwurf: versuchter Totschlag. Er soll verantwortlich sein für die Schüsse auf einen Freeway Rider am 28. September am Bergischen Ring. Ebenfalls beschuldigt wird in diesem Fall der 31-jährige Bandido, der auch für die Schüsse auf der Saarlandstraße verantwortlich sein soll und dem ab 25. März wegen versuchten Mordes vor Gericht steht. © WP Michael Kleinrensing | Michael Kleinrensing
    17. März: Das Bandidos-Chapter Hagen gibt seine Selbstauflösung bekannt. Ermittler sind skeptisch. Sie werten den Schritt als taktische Finte, um einem möglichen Verbot durch den Innenminister zuvorzukommen.
    17. März: Das Bandidos-Chapter Hagen gibt seine Selbstauflösung bekannt. Ermittler sind skeptisch. Sie werten den Schritt als taktische Finte, um einem möglichen Verbot durch den Innenminister zuvorzukommen. © WP Michael Koch | Michael Koch
    25. März: Am Landgericht Hagen startet der erste Prozess aus dem Hagener Rockerkrieg.
    25. März: Am Landgericht Hagen startet der erste Prozess aus dem Hagener Rockerkrieg. © WP Michael Kleinrensing | Michael Kleinrensing
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