Hagen. . Blutige Messerattacke in der Augustastraße, ein Schuss in den Kopf in Altenhagen und Überfälle auf Geldtransporter – was für ein Gerichtstag.
Der Prozess um die blutige Attacke in der Augustastraße im Juli ist gestern unspektakulär gestartet und schon nach wenigen Minuten planmäßig beendet worden.
Keine halbe Stunde später stand bereits das Fortsetzungsverfahren um den tödlichen Schuss an, den ein Mann (25) auf seine Freundin (24) in einem Treppenhaus in Altenhagen abgegeben haben soll. Weitere 30 Minuten später verhandelten dieselben Richter gegen die siebenköpfige Bande, der zahlreiche Überfälle auf Geldtransporter vorgeworfen werden.
Fünf Verfahren parallel
Versuchter Totschlag, Totschlag oder gar versuchter Mord – das Schwurgericht unter Vorsitz von Richter Marcus Teich tagt derzeit im Akkord, verhandelt parallel in fünf Verfahren und arbeitet so ein Riesenpensum ab. Der Prozess um die blutige Messerattacke in der Augustastraße musste jetzt beginnen, um gesetzliche Fristen zu wahren. Ansonsten hätte ein halbes Jahr nach Verkündung des Haftbefehls die Gefahr bestanden, dass der 33-jährige aus der Untersuchungshaft hätte entlassen werden müssen. Zunächst ist lediglich die Anklage verlesen worden. Weitere Punkte hatte die Kammer auch gar nicht vorgesehen. Am 22. Januar soll es weitergehen.
Täter wurde selbst lebensgefährlich verletzt
Ob sich der 33-jährige Angeklagte zur Sache äußern wird, zeigt sich erst am nächsten Prozesstag. Verantworten muss sich ein Mann, der selbst lebensgefährlich verletzt wurde. Er ist wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung angeklagt.
Der Tunesier soll am 12. Juli versucht haben, in Tötungsabsicht mit einer scharfen Handfeuerwaffe aus nächster Nähe drei Schüsse auf einen 37-Jährigen abzugeben. Sein Plan sei nur daran gescheitert, dass die Waffe eine Fehlfunktion aufgewiesen habe, die sich trotz mehrmaligen Durchladens nicht habe beheben lassen. Als der mehrfach Vorbestrafte dies erkannt habe, habe er dem Zeugen stattdessen mit der Waffe auf den Kopf geschlagen und so eine Platzwunde zugefügt.
Kein Bezug zum Rockermilieu
„Im weiteren Verlauf“, weiß Gerichtssprecher Bernhard Kuchler, „soll es zu einem Gerangel gekommen sein.“ Der Angeklagte habe dem Zeugen (37) den Pullover über den Kopf gezogen. Kuchler: „Dadurch soll der Zeuge mit seinem Messer quasi blind auf den Angeklagten eingestochen und diesem eine lebensgefährliche Bauchverletzung zugefügt haben.“ Der 37-Jährige muss dafür aber keine strafrechtlichen Konsequenzen befürchten: Die Staatsanwaltschaft geht von Notwehr aus.
Der eigentliche Ablauf der brutalen Auseinandersetzung scheint damit klar, nicht aber das Motiv für die Schüsse, die der 33-Jährige wohl abgeben wollte. Eifersucht könnte eine Rolle gespielt haben, hatte Staatsanwalt Nils Warmbold im Oktober nach der Anklageerhebung erklärt.
Dass Auseinandersetzungen im Rockermilieu der Grund waren, schließen die Ermittler aber weiterhin aus. Dieser Verdacht war zunächst aufgekommen, weil der 37-Jährige, auf den geschossen werden sollte, als Anwärter auf eine Bandidos-Mitgliedschaft gilt und seine entsprechende Kutte am Tatort auf der Straße lag.