Hagen. . Angesichts der dramatischen Unterversorgung im Offenen Ganztag denkt die Hagener Schuldezernentin Kaufmann über neue Betreuungsformen nach.

Rund 400 Grundschüler stehen in Hagen auf der Warteliste für einen Platz im Offenen Ganztag (OGS). Angesichts der dramatischen Unterversorgung hat Bildungsdezernentin Margarita Kaufmann jetzt neue Wege der Betreuung in Spiel gebracht. Dazu gehört ein „rhythmisierter“ Ganztag ebenso wie außerschulische Betreuungsmöglichkeiten von Kindern als auch der Erwerb von Wohnhäusern. „Es gibt in dieser Stadt Väter und Mütter, die nicht arbeiten können, weil sie keine Betreuung für ihr Kind finden“, legt Frau Kaufmann den Finger in die Wunde: „Das darf einfach nicht sein.“

Dass die Bezirksregierung ihrem Lieblingsprojekt, der Einrichtung von Ganztags-Grundschulen mit verpflichtendem Unterricht bis 16 Uhr für alle Schüler, eine Absage erteilt hat, kann Kaufmann nicht entmutigen. Im Gegenteil: „Das Thema ist mir zu wichtig, als dass ich nicht am Ball bleiben würde.“

Spielhaus in Hohenlimburg

Nun wirbt sie für den rhythmisierten Ganztag. Dabei handelt es sich um eine Verzahnung von Unterricht und OGS, was im Unterschied zum herkömmlichen System eine neue Zeiteinteilung mit sich bringt. Unterricht und Betreuung wechseln über den Tag hinweg einander ab. Da bei diesem Modell auch nachmittags Unterricht stattfindet, müssen alle Schüler einer Klasse auch nachmittags in der Schule bleiben.

Dass sie damit durch die Hintertür doch die Ganztagsschule nach Hagen holen würde, möchte die Dezernentin so nicht unterstreichen, versichert aber: „Es gibt bereits Schulen in unserer Stadt, die dieses Modell umsetzen würden.“ Eine Schule in Bochum, an der rhythmisierter Ganztag bereits Realität ist, werden Vertreter der Verwaltung demnächst besuchen, um zu sehen, inwieweit das Modell auf Hagen übertragbar wäre: „Der Wille in den Fraktionen ist groß, die Betreuung zu verbessern.“

Betreuung außerhalb der Schulen

Angesichts des enormen Bedarfs denkt Kaufmann auch über außerschulische Betreuungsplätze im Kinder- und Jugendpark Haspe, im Wehringhauser Kirchengemeindezentrum Paulazzo oder in den Räumen der sozialistischen Jugendorganisation „Die Falken“ (Friedensstraße in Altenhagen) nach.

Kein gesetzlicher Anspruch auf Platz im Offenen Ganztag

2017/18 gab es in Hagen 6679 Grundschüler. 2119 von ihnen besuchten den Offenen Ganztag. Das bedeutet eine Versorgungsquote von 32 Prozent.

723 Kinder befanden sich in der gesicherten Halbtagsbetreuung, die bis 13 Uhr dauert.

Auf der Warteliste für die OGS stehen rund 400 Grundschüler. Ein gesetzlicher Anspruch auf einen OGS-Platz besteht nicht.

Eine weitere Möglichkeit ist die Eröffnung eines erlebnisorientierten „Spielhauses“ im Jugendzentrum Hohenlimburg mit einer verlässlichen Betreuungszeit von 13 bis 17 Uhr. „Ergänzend kann ich mir die Akquise schulnaher Räume, zum Beispiel in Kirchengemeinden, oder den Erwerb von Wohnhäusern, in denen die Schüler betreut werden, vorstellen.“

Weitere reguläre OGS-Plätze

Auch die Einrichtung von weiteren regulären OGS-Plätzen wird im Rathaus vorangetrieben. Zum neuen Schuljahr ist die Schaffung von OGS-Gruppen an den Grundschulen Boloh und Kuhlerkamp vorgesehen. Zudem will die Stadtverwaltung die ehemalige Wilhelm-Busch-Schule an der Berchumer Straße 68 in Halden, die ein Jahr lang ausschließlich als Zuwandererschule genutzt wurde, als Grundschule mit OGS-Bereich öffnen. Dagegen muss die Gründung des Offenen Ganztags an der Grundschule Helfe um ein Jahr auf 2020 verschoben werden, da sich die Fertigstellung des dort geplanten Pavillons aus bautechnischen Gründen verzögert.

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Wenn es nicht gelinge, die Situation zu verbessern, werde das fatale Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben, betont Frau Kaufmann: „Angesichts des Fachkräftemangels können wir es uns nicht leisten, dass Menschen, die arbeiten wollen, zu Hause bleiben müssen, weil sie für ihre Kinder keine Betreuungsmöglichkeiten finden.“