Hagen. . Die Hagener Fuhrparkbrücke ist dem Abriss geweiht. Eingedrungenes Salzwasser und minderwertiger Stahl lassen eine Sanierung nicht mehr zu.
Während die Bahnhofshinterfahrung kurz vor dem Abschluss steht, droht Hagen wenige Meter weiter die nächste Mammut-Baustelle: Denn die bereits für Lkw gesperrte Fuhrparkbrücke, die über die Bahnanlagen hinweg Eckesey und Altenhagen verbindet, ist nicht mehr sanierbar.
160 Meter lange Brücke überspannt die Bahn
Die Fuhrparkbrücke wurde bereits im Jahr 1962 aus drei Elementen errichtet. An das Mittelfeld mit den markanten Bögen (93 Meter) schließen sich an beiden Seiten jeweils 32 Meter breite Randfelder an, so dass das gesamte Bauwerk eine Weite von knapp 160 Metern überspannt.
In allen Bauteilen wurde seinerzeit spannungsrisskorrosionsgefährdeter Spannstahl (Sigma oval) verwendet. Aufgrund erster Schäden wurden zwischen 1985 und 1987 die Elemente durch eine zusätzliche Vorspannung miteinander verbunden, so dass inzwischen ein zusammenhängendes, monolithisches Tragwerk besteht.
Problematische Herzstücke der Brücke sind betonummantelte, nicht zugängliche Hohlkästen, durch die inzwischen undicht gewordene Entwässerungsleitungen führen. Dadurch hat zum Teil mit Streusalz durchsetztes Wasser sich durch den Beton und die Stahleinlagen gefressen.
Der WP-Stadtredaktion liegt ein internes Schreiben des Wirtschaftsbetriebes Hagen (WBH) an das Baudezernat einschließlich der gutachterlichen Stellungnahme eines Münsteraner Ingenieurbüros vor, aus dem unmissverständlich hervorgeht, „dass ein Ersatzneubau der Fuhrparkbrücke erforderlich wird“.
Denn die jüngste Brücken-Hauptprüfung Ende 2017/Anfang 2018 hat ergeben, dass das durch die Spannrisskorrosion-Problematik ohnehin schon stark gefährdete Bauwerk durch eingedrungenes Wasser zusätzlich marode geworden und somit nicht mehr verkehrssicher ist. Für Teile der Konstruktion gilt die Zustandsnote 3,5 – definiert als „ungenügender Zustand“.
Sperrung würde auch die Bahn betreffen
Sollten sich weitere Risse im Beton andeuten oder Spannglieder aus minderwertigem Stahl ausfallen, kann eine Vollsperrung nicht mehr ausgeschlossen werden. Und zwar nicht bloß für den kompletten Straßenverkehr, sondern auch die Bahnverbindungen darunter. Damit wäre der Hagener Hauptbahnhof vom deutschen Bahnnetz faktisch abgekoppelt.
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Vor allem die sogenannten Bogenkämpfer, dabei handelt es sich um die Übergangselemente zwischen den Brückenbögen und der Fahrbahn, gelten als kritisch: „Spannstahl kann hier unbemerkt ausfallen“, heißt es in dem Gutachten.
Neubau-Projekt braucht etwa zehn Jahre
Der Münsteraner Experte kommt angesichts der erheblichen Planungsvorläufe, der komplizierten Abrissproblematik einer Bogenbrücke über rollendem Gleisverkehr sowie der entsprechend komplexen Neubau-Anforderungen zu der Prognose, dass eine moderne Ersatzkonstruktion selbst bei einem sofortigen Beschluss für eine Neuplanung frühestens in zehn Jahren realisiert werden könne. Die Kosten sollen sich nach erster vorsichtiger Schätzung auf etwa 22 Millionen Euro belaufen.
Ob die Fuhrparkbrücke allerdings überhaupt so lange hält, bleibt bis dahin die große Unbekannte. Zu dem Einsturzrisiko heißt es im Prüfbericht: „Die Dauerhaftigkeit des Bauwerks kann nicht mehr gegeben sein. Eine Schadensausbreitung oder Folgeschädigung kann kurzfristig dazu führen, dass die Standsicherheit und/oder Verkehrssicherheit nicht mehr gegeben sind oder dass sich ein irreparabler Bauwerksverfall einstellt.“
Zusätzlicher Stützpfeiler geplant
Als Sofortmaßnahme wurde bereits die Lkw-Durchfahrt für Fahrzeuge über 3,5 Tonnen untersagt. Lediglich HEB- und Bus-Verkehr ist noch mit Sondergenehmigung gestattet – allerdings darf immer nur ein Fahrzeug auf jedem Brückenelement unterwegs sein.
Zudem wird unter dem Randfeld an der Brinkstraße in den nächsten Monaten ein provisorischer Stützpfeiler errichtet, der einen Biegebruch anzeigen und auffangen kann. Parallel dazu werden die kritischen Punkte – allen voran die Bogenkämpfer – innerhalb deutlich verkürzter Prüfintervalle kontrolliert.