Hagen. . Mit seinem Problem steht der SGV Hagen nicht allein da in dieser Stadt. Dieser vakante Posten entscheidet aber über die Existenz des Vereins.

Die Not ist groß. Wie groß sie ist, das merkt man an Sätzen wie diesen: „Ohne neuen Kassierer kann unser Verein nicht überleben“, sagt Karlheinz Gras, Sprecher des Sauerländischen Gebirgsvereins Hagen. Und seine Vorstandskollegen, die sich an diesem Morgen in der versteckten Geschäftsstelle auf dem Gelände Bandstahl Schulte am Hellweg in Fley treffen, nicken stumm.

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Es ist die Sorge um die Zukunft, die den rührigen Vorstand, der sich aus vier ergrauten Männern im besten Rentneralter zusammensetzt, antreibt. Eines Vereins, der in den besten Tagen mehr als 3500 Mitglieder um die Stadtoberen und den Kunstmäzen Karl-Ernst Osthaus hatte und dem sich heute noch 250 Mitglieder – Tendenz stetig fallend – verbunden fühlen.

Dabei stehen die Sorgen der Abteilung Hagen des SGV stellvertretend für die vieler Vereine. „Die Mitglieder werden immer älter, und es fehlt an jenen, die auch bereit sind, Verantwortung zu übernehmen“, sagt Lothar Neuhaus, Vorsitzender des SGV. „Wir haben ja zwei Jahre lang intern gesucht, aber wir finden in den eigenen Reihen einfach keinen Nachfolger.“

Stadt hat Datenbank für Vereine eingerichtet

In Hagen gibt es mehrere Hundert Vereine, somit sind auch Hunderte von Vorstandsposten zu besetzen. Und für viele Vereine ist das schwer.

Die Stadt Hagen hat eine Vereinsdatenbank eingerichtet, bei der sich Vereine selbst registrieren können und Kontaktdaten sowie den Link zu ihrer Homepage – sofern vorhanden – hinterlegen können. Zu erreichen ist die Datenbank unter der Adresse www.hagen.de/vereine.

244 Vereine sind dort derzeit zu finden: Von einer Vielzahl an Sportvereinen über Chöre, Schützen- und Kleingartenvereine bis zu den Islandpferdefreunden Südwestfalen.

Einen Nachfolger, für jenen Mann, der den Posten des Kassierers vor 15 Jahren übernommen hat und ihn jetzt, da er das 81. Lebensjahr vollendet hat, doch gerne abgeben möchte. „Damals hat man mir gesagt, es sei ja nur für ein Jahr“, sagt Klaus Bach und lächelt. Aus einem wurden zwei, aus zwei dann schnell drei. Und so weiter.

Bach belegte im höheren Alter einen Computerkursus, der SGV schaffte einen eigenen Rechner und Programme an und der Kassierer stellte Kasse und Buchführung auf EDV um. Jetzt aber kommen neben der überbordenden Bürokratie rund um das Thema Datenschutz neue Herausforderungen auf den SGV und seinen ehrenamtlichen Vorstand zu. „Das Finanzamt verlangt, dass wir unsere Erklärungen nur noch auf elektronischem Wege einreichen“, sagt Klaus Bach. Darauf will sich der verdiente Kassierer, der jahrelang mit Akribie und Zuverlässigkeit („Ich habe mir jeden Beleg gegenzeichnen lassen“) gearbeitet hat, aber nicht mehr einlassen.

720 Euro Aufwandsentschädigung

Weil die Suche so wichtig wie erfolglos ist, ist der SGV sogar bereit, mehr Geld als bislang in die Hand zu nehmen. „Eine geringe Aufwandsentschädigung haben wir auch bislang gezahlt“, sagt Karlheinz Gras, „aber jetzt haben wir noch einmal draufgesattelt.“ Immerhin 720 Euro ist die Abteilung Hagen bereit, einem neuen Kassierer zu zahlen. Bei etwas mehr als 10 000 Euro Einnahmen – fast nur Mitgliedsbeiträge, kaum Spenden – für den SGV kein geringer Betrag.

Aber: Es geht um die Zukunft eines Vereins, der seit rund 125 Jahre existiert und von dessen Engagement (etwa Wegeauszeichnung und Abendwanderungen während des Urlaubskorbs) tausende profitieren. Deshalb wird nun auch per klassischer Stellenanzeige gesucht. „Es ist ja nicht so, als wenn die Menschen keine Lust mehr hätten, in der freien Natur zu wandern“, sagt Günter Studzenski, stellvertretender SGV-Vorsitzender, „aber dafür brauchen sie heute kein Vereinsleben mehr. Sie wollen sich nicht bei uns engagieren.“