Hagen-Mitte. . Neuinterpretation eines Klassikers: Regisseurin Magdalena Fuchsberger greift in „Simon Boccanegra“ Themen auf, die auch heute noch relevant sind

„Simon Boccanegra ist im Grunde wie ,der Pate’, nur im Mittelalter“, sagt Francis Hüsers. Ein Mafia-Krimi auf der Hagener Bühne. Der Intendant, der in seine zweite Spielzeit am Hagener Theater geht und das erste Programm federführend organisiert, „wollte unbedingt mit Verdi rauskommen“, wie er sagt. Mit Simon Boccanegra – die Koproduktion mit dem Theater Lübeck feiert am Samstag, 29. September, Premiere – hat sich Hüsers nun seiner Meinung nach für „eines der tollsten Verdistücke“ entschieden, trotz der bekannten Schwäche des Libretto, dem Text der Oper: „Man versteht es nicht, wie es eigentlich gemeint ist“, sagt der Intendant.

Verdis Stück auch heute noch aktuell

Die Geschichte um den Dogen, das Oberhaupt Genuas, ist düster, handelt von Krieg, politischer Intrige, Feindschaft, Lüge und politischem Machterhalt – und ist verworren wie kein zweites Werk Verdis. „Ich bin froh, dass wir einen neuen Zugang zu dem Stück gefunden haben“, sagt Hüsers und ist sich sicher, dass das Stück den Zuschauern, „getragen von der Musik und Inszenierung“, zugänglich wird.Regisseurin Magdalena Fuchsberger hat selbst länger nach einem Zugang für sich gesucht, das Stück jedoch „von Anfang an geliebt.“

Theater-Intendant Francis Hüsers.
Theater-Intendant Francis Hüsers.

Man muss radikal damit umgehen“, beschreibt Fuchsberger ihre Umsetzung des Stücks von 1881 und stellt die Frage: „Was hat das noch mit unserer Welt von heute zu tun?“ – und schiebt die Antwort gleich hinterher: „Für mich ist es ein Stück unserer Zeit, es geht um unsere Gesellschaft, um unsere Art der Weltordnung, unsere Art zu denken, es geht ums patriarchale System als Ganzes, unsere Welt also, wie sie seit Hunderten von Jahren geprägt ist.“

Neue Spielweise bricht alte Strukturen auf

Mit einer neuen Spielweise möchte Fuchsberger die festgefahrenen Strukturen aufbrechen. Die Geschichte wird spiralförmig erzählt, beginnt inmitten des dritten Aktes. Nach dem Ende besagten Aktes beginnt die Musik des Prologs – und es beginnt wieder von vorne, ganz nach dem Motto: Wiederholung und Variation.

Dadurch möchte die Regisseurin in dem Männerstück Simon Boccanegra die Rolle der einzigen handelnden Frau Maria bzw. Amelia aufwerten, sie zu einer Hoffnungsträgerin machen in einer von männlicher Dominanz geprägten Welt.

Inszenierung arbeitet mit Raumprojektion

Die Inszenierung wird dabei durch eine komplette Raumprojektion unterstützt. Videokünstler Aron Kitzig projiziert dabei Szenen vom Meer auf Bühne und Schauspieler. „Das Meer ist sowohl Sehnsuchtsort als auch politischer Streitpunkt. Ruhe und Sturm quasi in einem“, so seine Idee.

Musikalisch wird das Stück von Generalmusikdirektor Joseph Trafton geleitet, der verspricht: „Die Musik wird gewaltig.“ Die Zuschauer bekommen ein Zusammenspiel aus dunkler und böser sowie „erleuchtender Musik“ geboten, eine sehr tonmalerische Umsetzung, in der Naturelemente wie das Mondlicht im Wasser ebenso zu Klängen realisiert werden wie eine Versöhnung zwischen zwei Charakteren.

Publikumsgespräch im Oktober

Nach über einem Jahr Konzeption kommt das Stück nun auf die Hagener Bühne. Magdalena Fuchsberger erhofft sich für die Zuschauer eine „sinnliche, emotionale Erfahrung“ in den rund zweieinhalb Stunden Aufführung. Ob und in welchem Maß dies eintrifft, kann der Zuschauer beim Publikumsgespräch am 14. Oktober um 21 Uhr mitteilen. Uwe Schweikert, Kritiker der Zeitschrift „Opernwelt“, wird dann gemeinsam mit Intendant Francis Hüsers und dem Produktionsteam Kritik und Lob entgegennehmen und diskutieren.