Boloh. . Er hat die Neue Deutsche Welle miterlebt, Stars wie Udo Lindenberg nehmen bei ihm auf. Siggi Bemm aus Hagen ist angesehener Musik-Produzent.

Die Wand ist mit Leoparden-Muster tapeziert, auf den Böden liegen rote Teppiche. Ein Mischpult mit hunderten Knöpfen, Reglern und Schaltern erstreckt sich an der Wand, in der links und rechts Lautsprecher eingelassen sind.

Dazwischen Schaumstoff und weitere Bass-schluckende Elemente. Zig Kabel laufen aus dem Mischpult heraus. Davor sitzt Siegfried „Siggi“ Bemm in seinem Schreibtischstuhl.

Udo Lindenberg und Peter Maffay nehmen in Hagen auf

Udo Lindenberg hat in Hagen bei Siggi Bemm produziert.
Udo Lindenberg hat in Hagen bei Siggi Bemm produziert. © Christian Charisius

Der 62-jährige Hagener ist nicht nur Musikproduzent, sondern auch Toningenieur, Sounddesigner, Komponist, Arrangeur und Musiker. Seine Marke „Woodhouse Studio“ ist in der Szene weltweit berühmt, genauso wie sein Künstlername Dan Diamond.

Musiker verschiedener Musikrichtungen haben bei ihm ihre Musik aufgenommen und produziert – darunter auch Udo Lindenberg und Peter Maffay. „Ich mach eigentlich alles, auf das ich Lust habe. Das kann Klassik und Jazz, aber genauso auch Rock, Gothic und Metal sein. Auch Kinderlieder habe ich schon produziert“, sagt Siggi Bemm. „Wichtig ist es, dass die Band etwas hat, das sie von anderen Bands abhebt.“

Die Zeit des Aufbruchs in ganz Deutschland

Extrabreit - hier am Samstag beim Campusfest in Hage - haben mit Siggi Bemm zusammengearbeitet.i
Extrabreit - hier am Samstag beim Campusfest in Hage - haben mit Siggi Bemm zusammengearbeitet.i © Michael Kleinrensing

Zu Glanzzeiten produzierte er 30 Alben im Jahr. Bei ihm gingen Bands ein und aus. Auch zur Zeit der Neuen Deutschen Welle (NDW). „Es war die Zeit der Revolution und des Aufbruchs, in ganz Deutschland, aber auch speziell hier in der Gegend. In der Zeit fingen die Bands plötzlich an, ihren eigenen Sound zu kreieren. Es war einfach alles erlaubt“, sagt Siggi Bemm. Er lacht laut. „Zum Beispiel ein Garagentor als Schlagzeugersatz zu nutzen. Sowas hätte sich davor niemand getraut.“ Grund dafür sei auch gewesen, dass der technische Fortschritt nun die Möglichkeiten brachte, um neue Sounds zu produzieren.

Hagen als eine Wiege der NDW: „Wir hatten zur Zeit der neuen Deutschen Welle einfach viele aufstrebende Bands in Hagen, die in diese Ecken reingegangen sind. Das sind auch Bands wie die ,Eisenbeißer’, ,Gummitwist’ und ,Illegal’“, sagt Bemm. Doch auch die deutschlandweit bekannten Bands „Grobschnitt“ und „Extrabreit“ kommen aus Hagen. Auch sie waren zu Gast im Woodhouse Studio und sind auch heute noch erfolgreich. „Grobschnitt war einfach eine Band, die wusste, wie man Bühnenshows macht. Die Formation hatte durchaus etwas zu sagen. Es gab Protestsongs oder Lieder, in denen auf Missstände hingewiesen wurde“, erklärt Bemm den auch heute noch anhaltenden Erfolg der Band.

Treue Fans sind Basis für den Erfolg von Extrabreit

Aber auch die Rockband Extrabreit macht immer noch erfolgreich Musik. Zuletzt lockte die Band beim Campusfest rund 7000 Besucher zum Konzert. „Extrabreit macht gute Songs, die man mitsingen kann. Dazu kommen geniale Texte – einfach und für jeden nachvollziehbar. Die Band beherrscht ihr Handwerk. Das ist auch einer der Gründe, warum sie überlebt hat. Sie war zäh genug“, sagt Bemm.

Außerdem seien auch die Fans der Hagener Band ein wichtiger Faktor für den anhaltenden Erfolg. „Die Fans halten ihren Bands die Treue und junge Leute entdecken die Musik für sich neu“, erklärt Bemm.

Nena wird in einer Hagener Kneipe entdeckt

Aber nicht nur Rock war zu Zeiten der Neuen Deutschen Welle erfolgreich, auch Lieder wie „Völlig losgelöst“ von Peter Schilling oder „Ich will Spaß“ von Markus wurden erfolgreich. „Die Lieder hatten alle ein Alleinstellungsmerkmal. Und dadurch auch eine Aussage“, sagt Bemm.

„Die Musik wurde immer wieder von den Medien aufgegriffen und damit bekamen die Bands eine weitere Bühne“, ergänzt Bemm. Auch Nena gehörte dazu. Die Hagenerin wurde mit „99 Luftballons“ weltweit bekannt. Den Anfang fand die Musikkarriere der Hagenerin in der Band „The Stripes“. In einer Kneipe sei sie einfach angesprochen worden, weil sie so gut tanzen konnte. „Der Gesang war da erstmal zweitrangig“, sagt Siggi Bemm lachend. „Aber das hatte ja auch wieder was. Das bringt ja diesen Charme, dieses mädchenhafte, dieses naive. Es war speziell und ein Markenzeichen.“

Doch der Sound der 1980er-Jahre ist längst nicht ausgestorben – ganz im Gegenteil – er kommt zurück. Die Musikbranche erfahre eine Wiederbelebung des NDW- Kults, so Bemm: „Es ist erstaunlich, die alten Sounds kommen wieder. Genauso wie plötzlich wieder Vinyl gekauft wird.“