Hagen-Mitte. . Warum besucht der Skandal-Rapper einen Prozess vor dem Hagener Landgericht? Die Hintergründe zum Auftakt der Verhandlung um Nuhsan C..

Am Ende waren mehr Polizisten als Interessierte vor Ort: Der im Vorfeld viel diskutierte Auftakttermin für die Berufungsverhandlung des Rappers Nuhsan C. alias „Jigzaw“ (25) verlief gestern störungsfrei und ohne viel Fan-Getöse. Selbst die Anwesenheit des umstrittenen Promi-Rappers „Kollegah“, der sich als Förderer von Nuhsan C. präsentiert, lockte nicht mehr als 80 Interessierte in und vor das Hagener Landgericht.

Fast mehr Journalisten als Fans begleiten Nuhsan C. (vorne mit weißem Hemd) vor der Berufungsverhandlung zum Gerichtssaal.
Fast mehr Journalisten als Fans begleiten Nuhsan C. (vorne mit weißem Hemd) vor der Berufungsverhandlung zum Gerichtssaal. © Michael Kleinrensing

Nuhsan C., der im Juli 2017 einen Polen vor einem Wettbüro am Wilhelmsplatz in Wehringhausen mit einer Machete lebensgefährlich verletzt hatte, war vom Amtsgericht zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Dagegen hatte er Berufung eingelegt. Schon vor dem ersten Urteil hatte er für Schlagzeilen gesorgt, weil er nach der Messerattacke geflüchtet war und aus dem Untergrund via Youtube die Behörden verhöhnt hatte.

Vermeintliches Opfer im Gerichtssaal festgenommen

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Schon davor sollte C. eigentlich in die Türkei abgeschoben werden. Er ist zwar in Deutschland geboren, hat aber nur die türkische Staatsbürgerschaft. Weil er schon früher wegen eines schweren Körperverletzungsdelikts zu einer viereinhalbjährigen Jugendstrafe verurteilt worden war, die er auch absitzen musste, schien der Zeitpunkt gekommen.

In letzter Minute stellte er damals als Angehöriger einer armenischen Minderheit in der Türkei einen Asylantrag, um der Abschiebung zu entkommen. Dann kamen aber die Messerstecherei am Wilhelmsplatz, die Flucht und die Gerichtsverfahren. Der Asylantrag ist nun zwar abgelehnt worden, ein Verwaltungsgerichtsentscheid steht aber noch aus.

„Kollegah“ tritt als Mentor auf

All dies konnte der Karriere von Nuhsan C. aber nicht schaden. Im Gegenteil, sein eigenwilliger Sprechgesang war zuletzt recht erfolgreich: Rapper Kollegah, der bundesweit Schlagzeilen gemacht hatte, weil Textpassagen in seinen Songs als antisemitisch gewertet werden, nahm Nuhsan C. unter seine Fittiche.

Rapper Kollegah ist der Mentor von Nuhsan C.. Besonders wegen seines Erscheinens war das Medieninteresse groß.
Rapper Kollegah ist der Mentor von Nuhsan C.. Besonders wegen seines Erscheinens war das Medieninteresse groß. © Michael Kleinrensing

Anfang Juni hinterlegte er sogar öffentlichkeitswirksam 40 000 Euro Kaution und holte ihn so aus dem Gefängnis. Und als Nuhsan C. dann im Juli mit einer T-Shirt-Verteil-Aktion 400 Jugendliche in die Innenstadt lockte und so für ein Verkehrschaos sorgte, entschied das Gericht: Die Berufungsverhandlung muss unter strengeren Auflagen laufen.

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Dafür wurde ein spezieller Gerichtssaal geschaffen – in einem Seitentrakt, mit eigenem Sicherheitszugang. So sollten die erwarteten Fan-Horden, die der Gangster-Rapper über Youtube und Instagram mobilisieren wollte, gar nicht erst ins Gerichtsgebäude gelangen.

100 Einsatzkräfte stehen bereit

Die Polizei sicherte den Prozessstart gegen Nuhsan C. gestern vor dem Landgericht mit Absperrgittern und 100 Einsatzkräften ab. Eine Hundertschaft hielt sich auf einem Parkplatz in Bereitschaft. Zum Einsatz kamen diese Beamten nicht. Am Ende waren die 49 Plätze im Saal von Kollegah, Freunden, Fans und einigen Interessierten besetzt. Vor dem Gericht warteten neben Kamerateams rund 80 jugendliche Anhänger der Rapper.

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Ob bei den nächsten Verhandlungstagen ähnlich große Sicherheitsvorkehrungen herrschen werden, ist noch unklar. Die Polizei will die Lage in den sozialen Netzwerken zuvor beobachten und der Lage entsprechend entscheiden.

Nuhsan C. hat gestern vor Gericht ausgesagt (siehe zweiter Text), dass er von dem Polen attackiert worden sei und nur in Notwehr gehandelt habe: „Ich wollte keinen Stress, ich wollte Karriere machen.“ Der Pole blieb hingegen dabei: „Nuhsan hat versucht, mir die Kehle durchzuschneiden.“