Hagen-Mitte. . Der Secondhand-Laden „Stoffwechsel“ bietet deutlich mehr als der Name verspricht. Er ermutigt arbeitslose Frauen, ihren Weg neu zu gestalten.

„Stoffwechsel“ – so nennt sich der Laden in der Frankfurter Straße 90 - 92, der vor gut zwei Jahren eröffnet wurde. Der Name hat doppelte Bedeutung, spielt er doch auf Altes, was mal ausgetauscht werden könnte, wie auch auf Veränderungen im Allgemeinen an.

„Stoffwechsel“ ist ein Secondhand-Laden, in dem arbeitslose Frauen beschäftigt werden. Das Ziel der Maßnahme, die vom Hagener Jobcenter gefördert wird, ist klar: Für die Teilnehmerinnen, darunter viele Langzeitarbeitslose und Frauen mit Migrationshintergrund, soll die Chance auf die Integration in den ersten Arbeitsmarkt erhöht werden.

Nur fünf feste Anstellungen

Die Realität sieht allerdings anders aus. Im vergangenen Jahr haben von den jährlich etwa 60 Frauen, die im „Stoffwechsel“ arbeiten, gerade einmal fünf eine feste Anstellung gefunden. Die Teilnehmerzahl von 60 kommt zustande, wenn man die 50 zur Verfügung stehenden Plätze, von denen durchschnittlich 45 genutzt werden, zugrunde legt und berücksichtigt, dass die Maßnahme in der Regel auf sechs Monate plus Verlängerungsoption ausgerichtet ist.

In der Nähstube: Anleiterin Sabine Staack (rechts) gibt Maßnahmen-Teilnehmerin Kokoe Kouzo wertvolle Ratschläge.
In der Nähstube: Anleiterin Sabine Staack (rechts) gibt Maßnahmen-Teilnehmerin Kokoe Kouzo wertvolle Ratschläge. © Michael Kleinrensing

„Doch man sollte nicht nur die Vermittlungsquote im Auge haben. Es geht auch darum, den Frauen eine Alltagsstruktur zurückzugeben, sie weiterzubilden, ihnen zu helfen, soziale Kontakte aufzubauen und Migrantinnen zu unterstützen, unsere Sprache besser zu lernen“, betont Silvia Knotte, Leiterin der „Stoffwechsel“-Einrichtung.

Was die Einrichtung besonders macht? Der Laden ist einerseits ein klassisches Secondhand-Geschäft, in dem jeder gebrauchte Garderobe abgeben bzw. für kleines Geld erwerben kann. Gleichzeitig werden die arbeitslosen Frauen in den Bereichen Verkauf, Wäscherei, Schneiderei und Deko-Werkstatt geschult.

Gut fürs Selbstbewusstsein

„Die Frauen, die meist vom Jobcenter hierher geschickt werden, können wählen, in welchem Bereich sie hauptsächlich eingesetzt werden möchten“, erklärt Silvia Knotte. Wer selbstbewusst ist und einigermaßen gut Deutsch spricht, traut sich vielleicht zu, im Laden die Kunden zu beraten. Wer eher hauswirtschaftlich orientiert ist, wählt die Schneiderei. Frauen mit einer kreativen Ader arbeiten am liebsten in der Deko-Werkstatt, wo zum Beispiel Schaufensterdekorationen, und Grußkarten aus Stoffresten hergestellt werden.

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Gülay Tanriverdi tanzt aus der Reihe - im positiven Sinne. Die Türkin, die seit fünf Wochen an der Maßnahme im „Stoffwechsel“ teilnimmt, möchte ihre Deutschkenntnisse verbessern und hat sich darum bewusst für den Einsatz im Geschäft entschieden. „Man muss hier sprechen“, sagt Gülay Tanriverdi, „mit den Kunden, mit den Frauen, die das Ganze hier leiten und mit den anderen Teilnehmerinnen.“

Vier Jahre war die Frau, die sich nicht unterkriegen lassen will, in einem Obst- und Gemüseladen beschäftigt, dann wurde sie arbeitslos. Auch ihr Mann hat vor kurzem seine Stelle verloren. Im „Stoffwechsel“ lernt Gülay Tanriverdi aus verschiedenen Bereichen eine Menge dazu. Und sie hofft, dass sie nach der sechsmonatigen Maßnahme ­fitter für einen neuen festen Job ist.

Laden wird zur zweiten Chance

Auch Sabine Staack ist in der Frankfurter Straße im Einsatz. Höhen und Tiefen hat die 44-Jährige durchgemacht, „aber momentan läuft’s richtig gut“. Sabine Staack ist gelernte Diätassistentin. Vor 13 Jahren traten private Turbulenzen auf, sie wurde arbeitslos. „Und vom Jobcenter abhängig“, fügt sie an. Vor zwei Jahren erfuhr sie vom Laden und den Werkstätten „Stoffwechsel“.

„Ich bin im September 2016 hier angefangen, damals konnte ich nicht mal einen Knopf annähen“, lacht sie. Ihre Maßnahme wurde verlängert, lief dann aber im Februar aus. Glücklicher Zufall: Fast zeitgleich wurde eine Stelle im „Stoffwechsel“ frei und neu ausgeschrieben, Sabine Staack bewarb sich und bekam die zwar auf ein Jahr befristete, aber feste Stelle als Anleiterin in den Werkstätten. Nun unterstützt Sabine Staack arbeitslose Frauen, die versuchen, ihren Weg zurück in die Arbeitswelt zu finden und kann dabei ihre eigenen Erfahrungen einfließen lassen.