Hagen. . Nach gut drei Minuten wird die Verhandlung um den Mord an Wolfgang S. am Landgericht Hagen vertagt. Das Protokoll eines kurzen Prozesses.
Das war im wahrsten Sinn des Wortes ein kurzer Prozess: Der Auftakt im Verfahren um den Mord an Immobilienkaufmann Wolfgang S. (55) endete bereits nach dreieinhalb Minuten. Unser Protokoll.
9.02 Uhr. Großer Medienandrang im Landgericht. Vor Saal 201, in dem gleich das Schwurgericht tagen wird, bahnen sich mehrere TV-Kamerateams, zahlreiche Hörfunkreporter und Zeitungsjournalisten den Weg hinter das Absperrband, das die Zuschauer von den Prozessbeteiligten trennt. Sie warten geduldig, bis sich die hintere Holztür öffnet, die über einen internen Flur mit den Vorführzellen im Keller verbunden ist, aus den die beiden Angeklagten gebracht werden sollen.
Mord-Prozess: 32 Zeugen und zehn Verhandlungstage
Verhängnisvolle Spuren: Auf einem Folienabzug, den die Ermittler vom Körper des Getöteten genommen hatten, konnte im Labor die DNA des Angeklagten W. nachgewiesen werden. Auf der Jacke der Freundin des Opfers befand sich DNA des Angeklagten B.
„Am nächsten Verhandlungstag wird die Lebensgefährtin des Getöteten als Zeugin vernommen“, verrät Gerichtssprecher David Theile. „Die Kammer hat insgesamt 32 Zeugen auf ihrer Liste. Vorerst sind zehn Verhandlungstage bis zum 19. März anberaumt.“
9.04 Uhr: Die Anwälte Lothar Hinz und Dr. Frank Nobis (Iserlohn) betreten den Saal – sie verteidigen den Anklagten Milan B. (46). Kurz darauf schlendert Ina Klimpke (Dortmund) herein, die Verteidigerin von Thomas W. (51).
9.07 Uhr: Blitzlichtgewitter, Kamerasurren. Angeklagter Milan B. wird von einer Justizwachtmeisterin in den Gerichtssaal geführt. Er verdeckt mit einem braunen Briefumschlag sein Gesicht vor den Kameralinsen. Der Mann aus Bosnien-Herzegowina, der derzeit in Untersuchungshaft sitzt, wirkt wie ein behäbiger Opa – der orangefarbene Pullover spannt sich um seinen Bauch, als er den Mitangeklagten Thomas W. aus Lünen (olivgrünes Freizeithemd, grauer Sportparka) per Handschlag begrüßt.
Die lässige Freizeitkleidung von W. trügt: Er verbüßt derzeit eine längere Haftstrafe in der Justizvollzugsanstalt Werl. „Wegen versuchten Mordes in zwei Fällen ist er im März 2016 zu zehneinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden“, weiß Gerichtssprecher David Theile.
Massive Schläge und zwei Schüsse
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9.11 Uhr: Das Schwurgericht unter Vorsitz von Richter Marcus Teich tritt heraus: „Ich eröffne die Sitzung und bitte das Filmen und Fotografieren einzustellen.“ Staatsanwalt Nils Warmbold verliest die Anklage: Mord aus Habgier. Nach einem gemeinschaftlichen Tatplan sei am 9. November 2006, gegen 19 Uhr, die Lebensgefährtin (52) von Wolfgang S. auf dem Grundstück Bergruthe (Emst) abgefangen und mittels „massiver Schläge“ gezwungen worden, den Tresor im Schlafzimmer zu öffnen. Wert der Beute: rund 600 000 Euro. Zwei Schüsse fielen, die Hausherr Wolfgang S. das Leben kosteten. Der Ankläger: „Den tödlichen Verlauf nahmen die beiden Angeklagten billigend in Kauf.“
Doch diese wollen schweigen.
9.15 Uhr: Vorsitzender Richter Teich: „Dann sind wir für heute erstmal mit unserem Programm durch. Am 21. Februar geht’s weiter.“