Hagen. . Kurzer Prozess im wahrsten Sinne des Wortes: Der Auftakt in der Verhandlung um den Mord an Wolfgang S. endet bereits nach dreieinhalb Minuten.
Mehrere Fernsehteams und Radiosender hatten am Morgen den Weg in den Gerichtssaal 201 am Hagener Landgericht gefunden. Doch bereits unmittelbar nachdem Staatsanwalt Nils Warmbold, Dezernent für Kapitaldelikte in Hagen, die Anklageschrift verlesen hatte, beendete Richter Marcus Teich die Verhandlung.
Den beiden einschlägig vorbestraften Angeklagten wird vorgeworfen, dass sie aus purer Habgier handelten. Der mutmaßliche Täter Thomas W. (51) wird zurück in die Justizvollzuganstalt Werl gefahren, wo er gerade eine andere Strafe absitzt. Milan B. (45) kommt zurück in Untersuchungshaft.
Angeklagte schweigen
Weil die beiden Angeklagten sich zum Auftakt nicht zu den Vorwürfen äußern wollen, das Gericht für eventuelle Aussagen aber reichlich Zeit einräumte und keine weiteren Zeugen lud, endete der Prozess so schnell, wie er begonnen hatte.
Die Ermittler der Hagener Polizei hatten niemals die Hoffnung aufgegeben, dass sie eines Tages jene Männer verhaften würden, die am Abend des 9. November 2006 auf Emst den seinerzeit 55-jährigen Immobilienkaufmann Wolfgang S. erschossen hatten. Im vergangenen Jahr schnappten die Handschellen tatsächlich zu, heute um 9 Uhr wird vor dem Hagener Schwurgericht die Mordanklage verlesen. Staatsanwalt Nils Warmbold, Dezernent für Kapitaldelikte in Hagen, wirft den beiden einschlägig vorbestraften Angeklagten vor, dass die mutmaßlichen Täter Thomas W. (51) und Milan B. (45) aus purer Habgier handelten. Den Tipp für den blutigen Überfall schnappten die beiden Männer vermutlich im Rotlichtmilieu auf.
Der extrovertierte Selfmademan S., der sein Vermögen zuletzt vor allem durch Immobiliengeschäfte vermehrte und sich zudem auf dem Parkett des Kunsthandels bewegte, saß an dem Mordabend in seinem Haus an der Bergruthe allein in der Sauna. Als seine Lebensgefährtin mit dem Auto vorfuhr, sprangen zwei Gestalten aus der Dunkelheit auf die 52-Jährige zu, malträtierten sie brutal mit Schlägen und Tritten und zwangen die Frau, die Haustür zu öffnen.
Aufwändigste Ermittlungen einer Sonderkommission
Dort trafen die bewaffneten Gangster bei der Suche nach Beute auf Wolfgang S. Schnell eskalierte die Situation, bis letztlich zwei Schüsse aus einem Revolver fielen – das tödliche Projektil traf den Hausherrn in der Brust. Ungerührt drang das Ganoven-Duo an dem Sterbenden vorbei bis ins Schlafzimmer im Obergeschoss vor, räumte dort den Safe aus und konnte vor allem mit Schmuck und wertvollen Uhren im Gesamtwert von etwa 600 000 Euro in die November-Nacht entkommen.
Bargeld auf dem Nachttisch, wertvolle Bilder an den Wänden, Nobelkarossen in den Garagen und auch ein zweiter Safe im Untergeschoss blieben unbeachtet. Aber auch weite Teile der blieben trotz europaweiter Fahndung über Interpol, einer TV-Fahndung bei „Aktenzeichen XY“ sowie einer von der Familie ausgelobten Belohnung, die bis nach Südosteuropa kommuniziert wurde, bis heute unauffindbar.
Große Teile der Beute bleiben verschwunden
Es folgte eine der aufwändigsten Ermittlungen einer Sonderkommission der Hagener Kriminalpolizei in der Nachkriegsgeschichte: Akribisch wurden Spuren in dem Luxusobjekt gesichert, das gesamte Tatortumfeld mit Hundertschaften der Bereitschaftspolizei durchkämmt, zig Zeugen im privaten und geschäftlichen Umfeld befragt und auch das gesamte Rotlichtmilieu des Ruhrgebietes, in dem das 55-jährige Opfer sich immer wieder bewegte, durchkämmt. Doch eine wirklich heiße Spur blieb über ein Jahrzehnt aus. „Unsere Netze sind ausgelegt – die Zeit arbeitet für uns“, sollte der seinerzeit ermittelnde Hauptkommissar Ralf Neumann am Ende Recht behalten.
Deutlich verbesserten Spurenanalytik
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Im August dieses Jahres schnappten die Handschellen am Dortmunder Flughafen bei dem Bosnier Milan B. (45) zu, als dieser aus seiner Heimat zu einem Besuch nach Deutschland zurückkehrte. Sein Komplize Thomas W. (51) saß zu diesem Zeitpunkt bereits hinter Gittern, nachdem er 2014 zusammen mit seinem Bruder nach einem ähnlich brutalen Muster ein älteres Ehepaar in Rottach-Egern ausgeraubt hatte. Anhand der inzwischen deutlich verbesserten Spurenanalytik hatten die DNA-Identifizierungsmuster die Polizei in Kooperation mit dem rechtsmedizinischen Institut der Uni München zu den bereits einschlägig bekannten Gewaltverbrechern geführt, die sich aus ihrer gemeinsamen Jugendzeit in Lünen kennen.
Die Anklage geht davon aus, dass die beiden Beschuldigten aus der Dortmunder Rotlicht-Szene einen Tipp bekamen, dass bei dem Hagener Millionär, der sich auch lange Jahre im Umfeld des Hagener Milieu-Königs Jürgen Medenbach bewegte, lukrative Beute zu holen sei. „Das Opfer war im Rotlicht kein Unbekannter und ist dort auch nicht sonderlich subtil aufgetreten“, so Staatsanwalt Warmbold.