Hagen. Der Weihnachtsmarkt in Hagen feiert Geburtstag. Wir lassen Schausteller-Urgesteine zu Worte kommen und es gibt viele alte Bilder.
In den Anfangsjahren war der Weihnachtsmarkt aus wirtschaftlicher Sicht wahrlich kein Knaller. „Opa hätte sich nie vorstellen können, dass der Weihnachtsmarkt einmal dermaßen zu unserer Existenzsicherung beiträgt“, sagt Dirk Wagner. Mit „Opa“ meint Dirk Wagner, Ehrenvorsitzender des Hagener Schaustellervereins, natürlich das Urgestein Otto Ackermann, der 26 Jahre Vorsitzender war.
50 Jahre Hagener Weihnachtsmarkt
Der Hagener Weihnachtsmarkt wird 50 Jahre alt. Was die Schausteller – vor allem die älteren Semester – kaum glauben können. Kommt ihnen doch vieles von damals, aus den späten 1960ern, 70ern, 80er-Jahren, vor, als sei es gestern gewesen.
Die Familie Arens
„Auf den ersten Weihnachtsmärkten hab’ ich verkauft wie ein Weltmeister. Berliner Ballen, Krapfen, Waffeln – die frischen Backwaren wurden uns fast aus den Händen gerissen“, lacht Karl Arens. Der mittlerweile 82-Jährige stockt, „doch die für uns so guten Zeiten gingen vorbei, als die Bäckereien in der Innenstadt ebenfalls anfingen, frische Waffeln zu backen.“
Karl Arens (er war von 1985 bis ‘98 Vorsitzender des Schaustellervereins) und sein Team mussten reagieren. „Wir stellten um auf Zuckerbäckerei. ,Arens Knusperhaus’ betreiben wir noch heute.“
Doch auch im „Knusperhaus“, das im Advent seit vielen Jahren direkt vor C&A steht, ist die Zeit nicht stehen geblieben. „Früher hatten wir kandierte Äpfel und gebrannte Mandeln, aber heute . . .“ Karl-Michael Arens, von allen „Kalla“ genannt, ist Karl Arens Sohn. Das Nuss-Sortiment sei immens gewachsen. „Erdnüsse, Cashewkerne – wir
Öffnungszeiten des Weihnachtsmarktes
verkaufen alles frisch, warm, und es duftet herrlich– das ist unser Vorteil gegenüber dem normalen Einzelhandel.“
Apropos warm: „Wärmende Thermoklamotten gab’s früher nicht. Wir haben Angorawäsche am Stand getragen“, blickt Arens senior zurück. „Und wenn’s besonders kalt war, hab’ ich zwei lange Unterhosen und zwei Strickpullover übereinander gezogen. Und dann ging’s los in der Bude“, lacht Sohn Kalla.
Die beiden Männer erinnern sich an etliche Weihnachtsmärkte, an denen sie ihren Stand nicht öffnen konnten, da es so stark geschneit hat, „heute ist eher der Sturm unser Feind“. Und das viele immer mehr aufs Geld im eigenen Portemonnaie achten.
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Ein Beispiel: In den goldenen 1980er-Jahren wurden direkt im „Knusperhaus“ Schokofiguren gefertigt. „Glücksschweine, Schornsteinfeger – niedliche Präsente zu Silvester. Leider sehr zeitaufwendig und daher in der Produktion teuer. Wir haben die Sparte dann irgendwann aufgegeben“, erzählt Kalla Arens. Und ergänzt: „Heute liegt die Schallgrenze für Weihnachtsmarkt-Produkte bei 5 Euro.“
Die romantischen Zeiten seien vorbei, philosophiert der 52-Jährige, „heute dokumentieren wir uns zu Tode. Durch den Mehraufwand ist ein 16-Stunden-Arbeitstag zur Weihnachtsmarktzeit für uns normal.“
Loni Becker
Davon kann auch Loni Becker – Schaustellerin in der vierten Generation – ein Lied singen. Wenn sie an die Adventszeit denkt, kommen ihr mit Sicherheit nicht entspannte Stunden auf der Couch in den Sinn. „Ich rühre seit 51 Jahren mit dem Eichenholzlöffel meine Mandeln. Pausen kenn’ ich kaum“, schmunzelt die 70-Jährige. Vieles habe sich in den vergangenen Jahrzehnten geändert, eines aber nicht: „Ich verwende seit eh und je besonders weiche Mandeln aus Spanien. Und ich bin mit Zucker sparsam.“
Was ihr noch heute an ihrer anstrengenden „In-Wind-und-Wetter“-Arbeit Spaß macht? Loni Becker lacht: „Wenn die Leute – meist Stammkunden – in die Bude reinluken und gucken, ob ich auch selbst da bin. Und für einen kleinen Plausch Zeit habe.“ An etliche Begebenheiten erinnert sich Loni Becker, an eine in den 70ern aber am liebsten: „Damals ist Howard Carpendale auf unserer kleinen Weihnachtsmarkt-Bühne im Volkspark aufgetreten. Direkt gegenüber von unserem Stand. Und ich bin doch so ein großer Schlagerfan.“