Hagen. . Probleme hat Hagen reichlich, Lösungen werden auf allen Ebenen gesucht. SIHK-Chef Geruschkat fordert von der Stadt eine Vernetzung der Themen.

  • SIHK-Chef Rolf Geruschkat fordert von der Stadtspitze eine Gesamtstrategie
  • Die Problemfelder lägen auf dem Tisch – jetzt müsse eine Vernetzung her
  • Außerdem müssten die Bürger enger in den Prozess eingebunden werden

SIHK-Hauptgeschäftsführer Ralf Geruschkat appelliert an Oberbürgermeister Erik O. Schulz, endlich die auf dem Tisch liegenden Problemlagen der Stadt thematisch zu bündeln und gemeinsam mit den Bürgern daraus eine umfassende Zukunftsstrategie für Hagen abzuleiten.

„Zu den Handlungsfeldern Gewerbeflächen, Infrastruktur/Verkehr, Natur/Freizeit, Bildung, Einzelhandelsentwicklung oder auch Wohnungsmarktsituation liegen sämtliche Fakten, Wünsche und Risiken vor, jetzt müssen die Prioritäten endlich miteinander vernetzt werden“, fordert der 44-Jährige im Gespräch mit der WESTFALENPOST. „Alles hat mit allem zu tun.“

„Das muss Chefsache sein“

Im Rahmen der Zukunftsschmieden würden zwar die Themenfelder einzeln angepackt, es würden jedoch keine Verbindungen in Form eines gesamtstädtischen integrierten Handlungskonzeptes geschaffen. Auf der Ebene des Verwaltungsvorstandes – aufgehängt beim Oberbürgermeister – müssten dringend die Schlüsselprobleme zusammengebracht werden.

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„Das muss Chefsache sein. Es geht nicht, sie nebeneinandern, nacheinander oder getrennt voneinander abzufeiern“, meint Geruschkat. In seiner praktischen Arbeit habe er bislang keinerlei Querverbindungen ausmachen können.

Die zahlreichen Problemlagen in Hagen und der enorme Handlungsdruck bei Wohnungsleerständen, maroden Brücken oder auch akut fehlenden Gewerbeflächen sei als eine Chance zu begreifen, die Stadt mit System neu auszurichten. Damit einher, so die Forderung des SIHK-Hauptgeschäftsführers, gehe die strategische Pflicht, die Aufgaben zu verzahnen: „Aber wo ist der Plan von A bis Z?“

Gesamtstädtischer Nutzen

Allen gesellschaftlich relevanten Gruppen in Hagen müsse verdeutlicht werden, dass eine solche Offensive den gesamtstädtischen Nutzen habe, den Bürgern in ihre Heimat eine Perspektive zu bewahren. Ein „Integriertes Stadtentwicklungskonzept“ (ISEK) allein in den Amtsstuben des Rathauses zu erarbeiten, um es bereits vorgefertigt der Politik und den Bürgern überzustülpen, hält Geruschkat für keinen geeigneten Ansatz.

„Für die Akzeptanz und die Umsetzung ist es bereits in einer frühen Entwicklungsphase wichtig, viele Protagonisten in der Stadt mitzunehmen.“ Die SIHK sei noch nie vom Stadtentwicklungsausschuss zu ihren Ideen angehört worden. Ihm sei auch nicht bekannt, wer ansonsten zu den Wirtschafts-, Bildungs-, Infrastruktur- oder Wohnungsfragen in den Prozess eingebunden sei.

Menschen transparent mitnehmen

Gerade beim Thema Wohnen sei die persönliche Betroffenheit so groß, dass man bereits in der Entwicklungsphase informieren und die Menschen transparent mitnehmen sollte, um Akzeptanz für die Veränderungen zu bekommen.

Das alles seien hochkomplexe Prozesse, die nur in einem abgestuften Verfahren und mit neutraler externer, moderierender Unterstützung von Planungsbüros zum Erfolg geführt werden könnten, führt der 44-Jährige beispielhaft ähnliche Ansätze aus Frankfurt an, wo er zuletzt beruflich wirkte. „Ein solches Verfahren erhöht die Glaubwürdigkeit enorm.“

Erklärungsbedürftiger Prozess

Schon die Entwicklung eines solchen Prozesses sei gegenüber den Bürgern erklärungsbedürftig: „Wenn die da jetzt im Rathaus zwei Jahre ,Closed Shop’ machen, aber die Betroffenen nicht dabei waren, dann wird das mangels breiter Mitträgerschaft sofort zerschossen“, warnt der SIHK-Hauptgeschäftsführer.

Die angespannte finanzielle Situation in Hagen sei umso mehr Verpflichtung, mit einem breit abgestimmten Plan vorzugehen. „Die Mauer des Spardrucks zu durchbrechen, funktioniert nur, wenn ich einen Gesamtplan habe. Dort muss ich klar definieren, wo die planerischen Sackgassen sind und wo Türen aufgehen, die es mir für die Zukunftsentwicklung auch wert sind, sie zu durchschreiten“, betont Geruschkat. Hier müsse der Themenkanon nun dringend mit den Akteuren und vor allem für die gesamte Stadt transparent und beteiligungsorientiert abgehandelt werden.

>>HINTERGRUND: DIE PROBLEMLAGEN

  • Die Probleme liegen auf dem Tisch. Gutachten und externe Studien belegen, dass auf wesentlichen Handlungsfeldern in Hagen kreativ umgesteuert werden muss. Hier ein Überblick über zentrale Baustellen:
  • Wohnungsmarkt: Mit einer Leerstandsquote von mehr als sieben Prozent droht auf dem Hagener Mietwohnungsmarkt ein dramatischer Preisverfall. Die Uni Wuppertal empfiehlt daher, auf Grundlage von soziokulturellen Quartiersanalysen in den nächsten zehn Jahren etwa 3500 nicht mehr zeitgemäße Wohnungen in Hagen abzureißen und durch 1500 moderne Einheiten zu ersetzen.
  • Infrastruktur: Die maroden Brückenbauwerke in Hagen könnten zum Verkehrskollaps führen. Vor allem die Querung am Hauptbahnhof, die ohne Vorwarnung versagen könnte, würde nicht bloß den Straßen-, sondern auch den gesamten Bahnverkehr lahmlegen. Es muss dringend eine Antwort gefunden werden, wo künftig welche Verkehrsströme mit welchen Fahrzeugen fließen sollen.
  • Gewerbeflächen: Der Stadt Hagen gehen die Gewerbeflächen aus. Die verbliebenen Areale sind oft mit erheblichen Restriktionen belastet, so dass eine Entwicklung für verhältnismäßige Kosten unmöglich erscheint. Die Leerstandsquote bei Industrieflächen liegt bei gerade noch 1,7 Prozent, und mögliche Neuflächen-Ausweisungen wie am Böhfeld liegen in weiter Ferne.
  • Natur und Tourismus: Ideen für zeitgemäße Entwicklungen rund um die Ruhrseen gibt es inzwischen reichlich, allerdings steht die Finanzierung in den Sternen. Hoffnungen auf Fördertöpfe der Regionale oder aus dem Programm „Grüne Infrastruktur“ sind geplatzt. Auch für das privat finanzierte Projekt „Baumwipfelpfad“ gibt es in der Politik noch keinen abgeschlossenen Meinungsbildungsprozess.