Eppenhausen. . Während das Wirken von Karl-Ernst Osthaus bis ins letzte Detail erforscht ist, weiß man über das Leben des Personals so gut wie nichts.
- Über das Leben des Personals im Hohenhof weiß man so gut wie nichts
- Ein Mann namens Konrad Stump war der treu ergebene Leibdiener von Karl-Ernst Osthaus
- Zahlreiche weitere Angestellte müssen die Zimmer im zweiten Obergeschoss bewohnt haben
Der Geist von Karl-Ernst Osthaus wandelt noch heute durch den Hohenhof. Es gebe Leute, die würden sich ordentlich erschrecken, wenn sie ihnen berichte, dass die alte Holztreppe manchmal zu knarren beginne, obwohl doch niemand außer ihr im Haus sei, berichtet Elvira Lohmann: „Aber ich habe keine Angst.“ Manchmal, wenn es wieder irgendwo spukt in den altehrwürdigen Gemäuern oder unerklärliche Dinge geschehen, ertappt sie sich selbst beim Zwiegespräch mit dem vor 96 Jahren verstorbenen Kunstmäzen: „Was ist los, Karl?“, hört sie sich dann fragen.
Elvira Lohmann ist seit 30 Jahren als Hausmeisterin im Hohenhof tätig, der einstigen Residenz von Osthaus und seiner Familie, die er als Gesamtkunstwerk von Henry van de Velde konzipieren ließ und in der er den Folkwang-Gedanken, die Verbindung von Leben und Kunst, beispielhaft vorzuleben gedachte. Doch die Familie lebte dort nicht allein. Gemeinsam mit Karl-Ernst und Gertrud Osthaus und ihren fünf Kindern muss eine ganze Reihe von Bediensteten im Hohenhof nicht nur gearbeitet, sondern auch gewohnt haben.
Weder Notizen noch Fotos
Der Hohenhof als Gesamtkunstwerk
Doch während das Wirken des berühmten Kunstsammlers nahezu bis ins letzte Detail erforscht ist, weiß man über das Leben des Personals so gut wie nichts. „Es sind weder Notizen, Beschreibungen und Fotos und selbst oft nicht einmal die Namen der Angestellten erhalten“, muss selbst Dr. Birgit Schulte, stellvertretende Leiterin des Osthaus-Museums und exzellente Kennerin der Hohenhof-Geschichte, passen: „Aber so ein Haus konnte natürlich nicht ohne eine angemessene Zahl an Dienern funktionieren.“
Ein treu ergebener Diener
Zwar trachtete der Philantrop Osthaus danach, die materiellen Grundlagen der Arbeiter zu verbessern, damit diese überhaupt erst Gelegenheit fänden, sich mit der Kunst zu beschäftigen. Aber im Privatleben wollte der Bankierssohn, der durch eine Erbschaft schon früh zu einem riesigen Vermögen gekommen war, auf einen gewissen Lebensstandard nicht verzichten.
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Osthaus hatte einen Leibdiener, der ihm Tag und Nacht zu Diensten stand. Dieser Konrad Stump legte ihm morgens die Garderobe hin, ließ ihm das Bad ein und begleitete ihn auf zahlreichen Reisen durch Europa und den Vorderen Orient. „Er muss ein zuverlässiger und treu ergebener Diener seines Herrn gewesen sein“, folgert Birgit Schulte: „Mit Sicherheit war er über den genauen Tagesablauf von Osthaus informiert.“
Salonkommunisten
Der Maler Max Schulze-Sölde, der seinerzeit zur von Osthaus mit Sympathie betrachteten Hagener Boheme gehörte, hat das Erscheinen des Dieners in einer von Salonkommunisten bevölkerten Tee-Gesellschaft auf dem Hohenhof 1918 belustigt beschrieben: „Während wir von Volksbeglückung, von Gemeinschaft und von Überbrückung der Kluft zwischen Bürgertum und Proletariat sprachen, trug ein betreßter Diener in weißen Handschuhen den Tee auf kostbarem Silbergeschirr auf.“
Ob Stump ein intellektuell veranlagter Charakter war, mit dem sich sein Chef auch über seine künstlerischen und pädagogischen Projekte austauschen konnte, ist nicht bekannt. Nach dem frühen Tod von Osthaus, der 1921 an Tuberkulose starb, musste Stump aus dem Hohenhof ausziehen. Er blieb wahrscheinlich in Hagen, aber wo er wohnte und welcher Tätigkeit er nachging, ist nicht überliefert.
Bei Mutter Spier am Bollerofen
Lediglich von einer weiteren Angestellten auf dem Hohenhof ist noch der Name bekannt: Mutter Spier. Sie wohnte im Gärtnerhaus und fungierte als Hausmeisterin, war also eine Art Vorgängerin von Elvira Lohmann. Mutter Spier sei eine gutmütige, herzenswarme Frau gewesen, berichtet Birgit Schulte: „An ihrem Bollerofen wärmten sich abends die revolutionär denkenden Künstler, und sie schenkte ihnen unermüdlich Tee ein.“
In jenen 13 Jahren (1908 bis 1921), in denen Familie Osthaus den Hohenhof bewohnte, müssen dort zahlreiche weitere Angestellte gearbeitet haben: ein Gärtner, eine Köchin, weiteres Küchenpersonal und vor allem mehrere Kinder- bzw. Hausmädchen. Ihre Zimmer lagen im zweiten Obergeschoss, wo es auch ein gemeinschaftlich zu nutzendes „Leute-Bad“ gab. Birgit Schulte vermutet, dass Osthaus die Dienerschaft angemessen bezahlte, zumal er sich Gedanken über deren Komfort und Unterbringung gemacht habe. Der Hohenhof war mit Speiseaufzügen und technischen Apparaturen ausgestattet, um den Angestellten die Arbeit zu erleichtern.
Treppenhaus fürs Personal
Um die Herrschaft nicht zu stören, hatten sie ein Neben-Treppenhaus zu nutzen, das direkt in die im Souterrain befindlichen Wirtschaftsräume führte. Doch selbst dieses Treppenhaus hatte der Hausherr – inwieweit ihm diese Widersprüchlichkeit bewusst war, ist nicht bekannt – künstlerisch gestalten lassen.
Und noch heute redet, wer vom Hohenhof redet, von Karl-Ernst Osthaus. Seine Dienerschaft ist eine Randnotiz gewesen und bis heute geblieben. Auch in der Erinnerung von Hausmeisterin Elvira Lohmann spielen die Angestellten von damals keine Rolle: „Wenn Karl-Ernst Osthaus mir wirklich einmal in diesen Räumen begegnet, dann würde ich ihn freundlich grüßen.“
>>Hintergrund: „Hagener Impuls“
- Das Schaffen von Karl-Ernst Osthaus wird heutzutage unter dem treffenden Begriff „Hagener Impuls“ zusammengefasst, der mit dem Tod des Unternehmers jäh abbrach, aber nachwirkte.
- Osthaus starb am Ostersonntag 1921 im Alter von nur 46 Jahren während eines Kuraufenthaltes in Meran. Todesursache: Kehlkopftuberkulose, die er sich vermutlich als Landsturmmann im Herbst 1916 zugezogen hatte.
- Er wurde zunächst in Meran begraben. 50 Jahre später wurden seine sterblichen Überreste nach Hagen gebracht und im Garten des Hohenhofs bestattet.
- Weitere Informationen, auch zu Führungen etc.: www.osthausmuseum.de