Hagen. . Die Folkwang-Ära mag vergangen sein, doch bis heute prägt sie Hagen – vor allem architektonisch. Im Mittelpunkt steht das Osthaus-Museum.

Karl-Ernst Osthaus ist zwar seit 96 Jahren tot und seine Folkwang-Sammlung nach Essen verkauft, doch sein Wirken hat in Hagen zahlreiche Spuren hinterlassen. Vor allem architektonisch hat er die Stadt geprägt.

An erster Stelle ist das Karl-Ernst-Osthaus-Museum, das frühere Folkwang-Museum, zu nennen. Der Kunstförderer ließ es von dem belgischen Star-Architekten Henry van de Velde errichten, den hinteren Teil des Gebäudes bewohnte Osthaus mit seiner Familie bis zum Umzug in den Hohenhof. Die einzigartige Innenraumgestaltung mit ihren organisch-fließenden Formen und dem plätschernden Brunnen lässt die Ausstellungsobjekte zur Geltung kommen und war für die damalige Zeit revolutionär. So können Besucher die Atmosphäre aus den Folkwang-Zeiten bis heute nachvollziehen.

Herrliche Bauwerke

Osthaus Vision einer Welt, in der die Kunst den Menschen zu einem freudvolleren Leben verhelfen sollte, manifestiert sich aber vor allem in der Gartenstadt Hohenhagen mit dem Hohenhof im Mittelpunkt und den zwölf Villen am Stirnband, die von van de Velde, Peter Behrens und Johannes Lauweriks entworfen wurden. Noch heute bilden diese herrlichen Bauwerke eine der vielleicht schönsten Wohnsiedlungen in Deutschland, zumindest jedoch in Hagen.

Der Hohenhof als Gesamtkunstwerk

1906 beauftragte Karl Ernst Osthaus den belgischen Architekten Henry van de Velde mit dem Bau des Hohenhofs als neuem Wohnsitz der Familie Osthaus.
1906 beauftragte Karl Ernst Osthaus den belgischen Architekten Henry van de Velde mit dem Bau des Hohenhofs als neuem Wohnsitz der Familie Osthaus. © Michael Kleinrensing
1908 war das Ensemble bezugsfertig.
1908 war das Ensemble bezugsfertig. © Michael Kleinrensing
Van de Veldes Auftrag lautete, den Hohenhof als Gesamtkunstwerk zu planen – und das Ergebnis beeindruckt noch heute.
Van de Veldes Auftrag lautete, den Hohenhof als Gesamtkunstwerk zu planen – und das Ergebnis beeindruckt noch heute. © Michael Kleinrensing
Nach zwei Jahren war der Hohenhof 1908 für die Familie Osthaus bezugsfähig.
Nach zwei Jahren war der Hohenhof 1908 für die Familie Osthaus bezugsfähig. © Michael Kleinrensing
1927 verkaufte Osthaus den Hohenhof an die Stadt Hagen –  allerdings unter der Auflage, das Ensemble als „Gesamtkunstwerk“ zu erhalten.
1927 verkaufte Osthaus den Hohenhof an die Stadt Hagen – allerdings unter der Auflage, das Ensemble als „Gesamtkunstwerk“ zu erhalten. © Michael Kleinrensing
Trotz seiner bewegten Geschichten sind selbst Details wie das Waschbecken im Badezimmer erhalten.
Trotz seiner bewegten Geschichten sind selbst Details wie das Waschbecken im Badezimmer erhalten. © Michael Kleinrensing
Die Nazis nutzten den Hohenhof als NSDAP-Gauführerschule – gegen Kriegsende wurde er zum Lazarett. Nach dem Krieg wurde der Hohenhof als Frauenklinik genutzt (1946-1962). Danach zog die Pädagogische Hochschule ein (1963-1976).
Die Nazis nutzten den Hohenhof als NSDAP-Gauführerschule – gegen Kriegsende wurde er zum Lazarett. Nach dem Krieg wurde der Hohenhof als Frauenklinik genutzt (1946-1962). Danach zog die Pädagogische Hochschule ein (1963-1976). © Michael Kleinrensing
Jetzt steht der Hohenhof nach umfangreicher Sanierung für Architektur-Fans und Kunstinteressierte offen.
Jetzt steht der Hohenhof nach umfangreicher Sanierung für Architektur-Fans und Kunstinteressierte offen. © Michael Kleinrensing
Klare Kante: Das Schlafzimmer von Gertrud und Karl Ernst Osthaus im Hohenhof.
Klare Kante: Das Schlafzimmer von Gertrud und Karl Ernst Osthaus im Hohenhof. © Michael Kleinrensing
Die gesamte Innenarchitektur sprach van de Velde mit dem Bauherrn ab. Von Bedeutung für die dekorative Gestaltung der Haupträume waren verschiedene Kunstwerke, an denen sich die Farbkomposition der Einrichtung orientierte.
Die gesamte Innenarchitektur sprach van de Velde mit dem Bauherrn ab. Von Bedeutung für die dekorative Gestaltung der Haupträume waren verschiedene Kunstwerke, an denen sich die Farbkomposition der Einrichtung orientierte. © Michael Kleinrensing
Das Gemälde
Das Gemälde "Der Auserwählte" von Ferdinand Hodler. © Michael Kleinrensing
Die gesamte Innenarchitektur sprach van de Velde mit dem Bauherrn ab. Von Bedeutung für die dekorative Gestaltung der Haupträume waren verschiedene Kunstwerke, an denen sich die Farbkomposition der Einrichtung orientierte.
Die gesamte Innenarchitektur sprach van de Velde mit dem Bauherrn ab. Von Bedeutung für die dekorative Gestaltung der Haupträume waren verschiedene Kunstwerke, an denen sich die Farbkomposition der Einrichtung orientierte. © Michael Kleinrensing
Paravent (um 1898) und Kinderbett der Familie Osthaus.
Paravent (um 1898) und Kinderbett der Familie Osthaus. © Michael Kleinrensing
Ehemalige Möbel des Gästezimmer der Familie Osthaus.
Ehemalige Möbel des Gästezimmer der Familie Osthaus. © Michael Kleinrensing
Der Hohenhof fungiert als Außenstelle des Hagener Osthaus-Museums.
Der Hohenhof fungiert als Außenstelle des Hagener Osthaus-Museums. © Michael Kleinrensing
Ein Gemälde von Goran Dordevic.
Ein Gemälde von Goran Dordevic. © Michael Kleinrensing
Eine umfangreiche Ausstellung mit Kunsthandwerk von Henry van de Velde ist im Hohenhof für Besucher zu besichtigen.
Eine umfangreiche Ausstellung mit Kunsthandwerk von Henry van de Velde ist im Hohenhof für Besucher zu besichtigen. © Michael Kleinrensing
Tafelsilber der Familie Osthaus.
Tafelsilber der Familie Osthaus. © Michael Kleinrensing
Eine Silber-Gürtelschnalle.
Eine Silber-Gürtelschnalle. © WP Michael Kleinrensing
Die Einfriedungsmauer des Hohenhofes mussze zwischenzeitlich saniert werden. Die Maßnahme kostete insgesamt 550 000 Euro, weil es hohe dekmalschutzrechtliche Auflagen gibt.
Die Einfriedungsmauer des Hohenhofes mussze zwischenzeitlich saniert werden. Die Maßnahme kostete insgesamt 550 000 Euro, weil es hohe dekmalschutzrechtliche Auflagen gibt. © Michael Kleinrensing
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Doch Osthaus hatte seine Hände auch beim Bau des ebenfalls von Behrens errichteten Krematoriums in Delstern, einer van-de-Velde-Villa an der Christian-Rohlfs-Straße in Wehringhausen sowie der für Arbeiter geschaffenen Riemerschmid-Siedlung auf Emst im Spiel. Damit nicht genug: Spätere Architekten, etwa die Gebrüder Ludwigs, nahmen die Impulse der Folkwang-Ära bei ihren Entwürfen für Wohngebäude, u.a. an der Haßleyer Straße, wieder auf. So haben einige der bedeutendsten Architekten ihrer Zeit Hagen mitgestaltet. Ohne Karl-Ernst Osthaus wäre die Stadt um ein bedeutendes Kapitel der Kunst- und Architekturgeschichte ärmer.