Hagen. . Der Sparkurs in der Hagener Planungsverwaltung hinterlässt Spuren. Für die gravierenden Brückenprobleme und das Thema Wohnen gibt es keine Leute.

  • Die Planungsverwaltung der Stadt ist um etwa ein Fünftel ausgedünnt worden
  • Die Verwaltungsspitze hat für die nächsten zwei Jahre daher Prioritäten gesetzt
  • Dabei sind keine Kapazitäten für die Brückenproblematik und das Thema Wohnen vorgesehen

Der zusammenfassende Schlusssatz des Planungsdezernenten dürfte der Politik wie ein schmerzhaft schrillendes Pfeifen in den Ohren vibriert haben: „Wenn wir die Stadt weiterentwickeln wollen, kommen wir mit dem vorhandenen Personal nicht aus“, bilanzierte Thomas Grothe in der jüngsten Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses beim Blick auf das abgespeckte Arbeitsprogramm des Fachbereichs Stadtentwicklung für die Jahre 2018/19. Diese Strukturierung des Mangels macht der Politik schonungslos deutlich, dass durch die rigide Sparpolitik kaum mehr Spielräume für kreative Zukunftsthemen bleiben.

Brückenprobleme unangetastet

Bei der Lektüre der Aufgabenliste mit dem Arbeitstitel „Prioritäten setzen“ wird sehr schnell deutlich, dass in naher Zukunft weder die Kapazitäten vorhanden sind, sich der Wohnungsproblematik in Hagen anzunehmen, noch die Neukonzeption der innerstädtischen Verkehre aufgrund der Risiken rund um die maroden Stahlbetonbrücken voranzutreiben.

Während sich das Quartier rund um die Lange Straße entwickelt, bleibt entlang der B7 in Richtung Haspe bzw. Altenhagen in den nächsten beiden Jahren alles beim Alten.
Während sich das Quartier rund um die Lange Straße entwickelt, bleibt entlang der B7 in Richtung Haspe bzw. Altenhagen in den nächsten beiden Jahren alles beim Alten. © Michael Kleinrensing

In einer nicht-öffentlichen Vorlage des Planungsdezernats zur Personalentwicklung in dem Ressort macht Grothe unmissverständlich deutlich: „Sieht man in die Prioritätenliste wird deutlich, dass eine Reihe von wünschenswerten Aufgaben trotzdem liegen bleiben und damit stadtentwicklerische Chancen vertan werden.“ Die Zahlen unterstreichen das: 16 Mitarbeiter sind der Planungsverwaltung zwischen 2009 und 2015 verloren gegangen – immerhin ein Fünftel der Belegschaft.

Priorität auf Gewerbeflächen

Angesichts der durch den Spardruck entstandenen Personalnot im Stadtentwicklungsressort des Rathauses hatten sich zuletzt die Spitzen der Verwaltung im Rahmen einer Klausurtagung auf eine Priorisierung der Aufgaben verständigt. Demnach soll die gewerbliche Flächenentwicklung – vorzugsweise hinter dem Hauptbahnhof, auf der Varta-Insel sowie im Bereich Dolomit/Herbeck/Hamacher – eindeutig im Fokus der Stadtentwicklung stehen.

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Außerdem soll das Projekt „Soziale Stadt Wehringhausen“, das alleine schon ein Drittel der 15 zur Verfügung stehenden Ingenieurstellen bei der Stadt Hagen bindet, aufgestockt werden.

Eine vielfach geforderte Erweiterung dieser Stadterneuerungskapazitäten entlang der B 7 in Richtung Innenstadt und Altenhagen auf der einen sowie in Richtung Haspe auf der anderen Seite kann hingegen nicht mehr gestemmt werden.

„Die vom Ministerium in Aussicht gestellte Unterstützung für die Erneuerung des Stadtraumes entlang der B 7 kann somit nicht aufgegriffen werden“, schlägt die Verwaltung die vom einstigen NRW-Städtebauminister Michael Groschek in Aussicht gestellte Unterstützung des Landes aufgrund des Personalmangels in den Wind.

Stadtbezirke gucken in die Röhre

Auch die Stadtbezirke gucken aufgrund der Personalsituation in die Röhre: Die für die Akquise von Förderprogrammen so wichtigen Integrierten Handlungskonzepte für die Hagener Innenstadt, Hohenlimburg, Haspe und das Nahmertal werden zunächst auf Eis gelegt und damit der Stillstand zementiert.

Das im Stadtentwicklungsausschuss jetzt vorgelegte, ausgedünnte Arbeitsprogramm der Verwaltung spiegelt sich in den anstehenden Haushaltsplanungen 2018/19 wider. Demnach gibt es keinerlei Kapazitäten, auf die alarmierende Wohnungsmarktstudie von Prof. Guido Spars, der unter anderem dringend den Abriss von 3500 Altwohnungen in den nächsten zehn Jahren empfohlen hatte, durch entsprechende Handlungskonzepte zu reagieren.

Bebauungspläne auf Eis gelegt

Die Bebauungspläne für das Gewerbegebiet Böhfeld oder auch das Areal des alten Hasper Bahnhofs wurden ebenfalls aus der Prioritätenliste abgesetzt. Gleiches gilt für die angedachte Wohnbebauung auf dem ehemaligen Sportplatz Dahmsheide, die ja sogar einen Verkaufserlös erbringen könnte.

„Für eine Stadt, die nach vorne kommen will, ist das viel zu wenig“, kritisierte SPD-Ratsherr Jörg Meier. „Wir können uns einfach nicht erlauben, das Thema Wohnen in die Warteschleife zu stellen“, mahnte er an, dass es sich bei dieser Form der Mangelverwaltung keineswegs um strategische Planung handele. Er forderte gemeinsam mit den Vertretern anderer Fraktionen eine politische Aussprache über die Prioritätensetzung der Verwaltung.

Baudezernent Grothe betonte ausdrücklich, dass man künftig Personal- und Aufgabenbetrachtungen nur gemeinsam anstellen dürfe. Jedes neu anstehende Projekt habe immer direkte Auswirkungen auf das Arbeitsprogramm.

>>HINTERGRUND: BRÜCKEN-PROBLEMATIK

SPD-Ratsherr Werner König appellierte im Stadtentwicklungsausschuss, die drängende Brückenproblematik in Hagen schon heute im Haushalt 2018/19 abzubilden, die notwendigen Planungsprozesse sofort einzuleiten und mit Personal zu hinterlegen.

„Hier geht es um existenzielle Fragen der Stadt“, regte er an, einen eigenen Ausschuss zu dieser Thematik zu bilden. Es gelte, die Weichen für Jahrzehnte zu stellen, so König. Die Millionen-Investitionen würden langfristig zum Taktgeber des wirtschaftlichen Handelns in Hagen.

Ein Einschätzung, die Planungsdezernent Thomas Grothe teilt: „Wir haben keine Zeit, es muss ab morgen losgehen.“ Doch das notwendige Personal für die Herkulesaufgabe „Neugestaltung der B 54 zwischen Eckesey und Delstern“ ist bei der Stadt bislang nicht vorhanden.