Hagen. . Geschichte ist ja manchmal ein Puzzle. Wenn man mal ehrlich ist eines, das aus unendlich vielen Teilen besteht. Und selbst wenn man die Vermutung hat, man habe es vollständig vor sich liegen, kommen plötzlich und unerwartet noch ein paar neue Teile hinzu.

  • Briefe, Karten und seltene Dokumente der berühmten Familie werden jetzt im Stadtarchiv aufbewahrt.
  • Auswertung des Nachlasses könnte ein Thema für wissenschaftliche Arbeiten sein.
  • Fotoalben zeigen Bilder, die Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden sind.

Geschichte ist ja manchmal ein Puzzle. Wenn man mal ehrlich ist eines, das aus unendlich vielen Teilen besteht. Und selbst wenn man die Vermutung hat, man habe es vollständig vor sich liegen, kommen plötzlich und unerwartet noch ein paar neue Teile hinzu.

Ralf Blank und Andreas Korthals sitzen vor vielen Puzzeln. Eines davon ist für den Leiter des Fachdienstes Wissenschaft, Museen und Archive der Stadt Hagen und den Archivar die Geschichte der Harkorts.

Familie prägte die Industriegeschichte Deutschlands

Archivar Andreas Korthals und der Historiker Dr. Ralf Blank, Leiter des Fachdienstes Wissenschaft, Museen und Archive, freuen sich über den Harkort-Nachlass.
Archivar Andreas Korthals und der Historiker Dr. Ralf Blank, Leiter des Fachdienstes Wissenschaft, Museen und Archive, freuen sich über den Harkort-Nachlass. © Jens Stubbe

Die Geschichte einer Familie, die vor und während der Industrialisierung die Stadt, die Region und mit ihren Ideen und Ansätzen sogar das ganze Land geprägt hat. Und während das einst so stolze Herrenhaus der Harkorts in Haspe am Fuße des Quambuschs dem Verfall preisgegeben ist, wird die Historie der Familie im Stadtarchiv lebendig.

Das Harkortsche Puzzle im Stadtarchiv hatte bereits eine beachtliche Größe erreicht. Jetzt ist es durch eine Spende eines Hagener Bürgers, der namentlich nicht in Erscheinung treten möchte, noch einmal um hunderte von Teilen angewachsen.

Nachlass umfasst Familiäres und Geschäftliches

Auch dieser Stempel zählt zum Harkortschen Nachlass.
Auch dieser Stempel zählt zum Harkortschen Nachlass. © Jens Stubbe

Blank, der promovierte Historiker, und Korthals, der sich in und zwischen den Regalen, die noch in der Eilper Wippermann-Passage stehen, auskennt wie kein Zweiter, sitzen vor einem Haufen aus Puzzleteilen, die sie zunächst nur oberflächlich gesichtet und noch lange nicht zusammengefügt haben.

So viel indes kann man bereits sagen: „Das, was wir jetzt erhalten haben, hat eine enorme Bedeutung“, erklärt Ralf Blank mit Blick auf fünf Kisten voller Dokumente, die bislang kein Wissenschaftler gesehen hat, „es sind ganz persönliche Dinge aus dem engsten Familienkreis, aber auch umfangreiche Geschäftsunterlagen. Das ist eine wertvolle Ergänzung unseres Bestandes, zu dem unter anderem der Lehrvertrag von Friedrich Harkort zählt.“

Handunterzeichnete Briefe von Friedrich dem Großen

Briefe, die Friedrich der Große, König von Preußen, höchstselbst unterschrieben hat, gehören jetzt zum Fundus. Dazu eine große Karte aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, auf der das Herrenhaus der Harkorts ausgewiesen ist. Und ein Plan der Schlacht von Waterloo, an der sowohl der Eisenbahn-Pionier Gustav als auch sein Bruder Friedrich Harkort teilgenommen haben.

Auch ein Schriftverkehr zwischen Harkort und Krupp aus den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts zählt dazu. Ergänzt wird der neue Bestand durch mehrere Fotoalben. „Die ersten Bilder sind Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden“, sagt Andreas Korthals.

Westfälische Wirtschaftsarchiv wird beteiligt

Schätze, die erfasst, dokumentiert und künftig so aufbewahrt werden, dass sie der Nachwelt noch lange erhalten bleiben. Das Westfälische Wirtschaftsarchiv in Dortmund soll daran mitwirken.

Ferner hoffen Blank und Korthals auf Studenten, die beispielsweise im Rahmen von Magisterarbeiten daran mitwirken wollen, das Harkort-Puzzle im Stadtarchiv zusammenzusetzen.

>>HINTERGRUND: VATER DES RUHRGEBIETS

  • In Westerbauer wurde Friedrich Wilhelm Harkort am 22. Februar 1793 als fünftes von acht Kindern geboren. Gestorben ist er am 6. März 1880 in Hombruch.
  • Harkort wird oft als „Vater des Ruhrgebiets“ bezeichnet. Er war Unternehmer und Politiker und galt als einer der Pioniere der industriellen Revolution.
  • Harkort öffnete seine Unternehmen der Konkurrenz. Dahinter stand das Ansinnen, die industrielle Revolution weiter voranzubringen.
  • Als Pionier setzte er sich maßgeblich für den Ausbau des Eisenbahnnetzes ein. 1828 wurde unter seinem Einfluss die Schlebusch-Harkorter Kohlenbahn eröffnet. Bemerkenswert: Es war die erste Strecke in Deutschland, die länger als eine Meile war.
  • Als Abgeordneter saß er von 1871 bis 1874 im Deutschen Reichstag. Er setzte sich für das Verbot der Kinderarbeit, für Schulbildung, für die Einrichtung von Krankenkassen für Arbeiter ein.