Hagen. . 245 Wildschweine haben Hagens Jäger geschossen. Und das Jagdjahr endet erst am 31. März. Trotzdem machen die Tiere riesige Probleme.
- Jüngste Treibjagd in der Selbecke ist für die Hagener Jäger ein Erfolg.
- Genaue Zahlen zur Population in und um Hagen liegen nicht vor.
- Jäger fürchten Epidemien im Wildbestand bei weiterer Ausbreitung.
Bei einer Treibjagd in der Selbecke sind jüngst 17 Wildschweine erlegt worden. Der Revierbesitzer sowie die 30 eingeladenen Jäger samt Hunden, die an der Jagd teilnahmen, wollten damit einen Beitrag leisten zur Eindämmung der Tiere, deren Bestände sich geradezu explosionsartig vermehrt haben.
„Ich war überrascht, dass bei dieser Jagd derart viele Sauen zur Strecke gebracht worden sind“, kommentierte Lars Peter Hegenberg, Vorsitzender der Kreisjägerschaft, das Ergebnis. „Die Anzahl beweist, dass die Wildschweindichte enorm hoch ist.“
Totalschaden auf Viehweiden in der Selbecke
Zum Schaden von Privatbesitzern und Landwirten, wie Horst Rafflenbeul, Seniorchef der Käse-Deele in der Selbecke, bestätigt: „Auf vier Hektar unserer Viehweiden herrscht Totalschaden, das Land ist von den Schweinen zerwühlt worden.“
Zwar ist er sich mit dem benachbarten Revierbesitzer über eine Entschädigung einig geworden: „Trotzdem wünsche ich mir, dass noch mehr solcher Treibjagden stattfinden. Die Wildschweine rücken uns immer näher“, erklärt Landwirt Horst Rafflenbeul mit Blick auf den Ärger, den ihm die Schweine bereitet haben.
Schadensmeldungen im Rathaus nehmen zu
Tatsächlich ist die Zahl der Wildschadensmeldungen bei der Unteren Jagdbehörde im Hagener Rathaus stark angestiegen. Waren es 2015 ca. 30 Meldungen, liegen in diesem Jahr bereits über 50 Meldungen vor. Auch die Schwarzwildabschüsse haben in den städtischen Revieren stark zugenommen. Im Jagdjahr 2013/14 wurden 106 Wildschweine getötet, 2014/15 waren es 219 und 2015/16, obwohl das Jagdjahr erst am 31. März endet, sind es bereits 245.
Niemand weiß, wie viele Schweine sich in den Wäldern rund um Hagen aufhalten. Doch an die Nähe des Menschen haben sie sich gewöhnt. Förster Martin Holl vom Wirtschaftsbetrieb Hagen hat sogar schon Tiere in verlassenen Lauben von Schrebergärten am Goldberg gesichtet: „Wildschweine sind Kulturfolger, die ihren natürlichen Respekt vor den Menschen derzeit mehr und mehr verlieren.“
Noch keine Verhältnisse wie in Berlin
Zwar seien in Hagen noch keine Berliner Verhältnisse eingetreten, wo die Tiere sogar tagsüber an Bushaltestellen und in Wohngebieten umherlaufen: „Aber ich würde nicht die Hand dafür ins Feuer legen, dass solche Situationen hier demnächst nicht auch vorkommen werden.“
Für die rapide Vermehrung der Tiere sei neben dem Klimawandel und den damit verbundenen milden Wintern, die den jungen Schweinen das Überleben erleichterten, nicht zuletzt das neue Jagdgesetz mit der darin enthaltenen verkürzten Jagdzeit verantwortlich.
Überleben auf Kyrillflächen einfacher
In Hagen und Umgebung kämen die Kyrill-Folgen hinzu: Die von dem Orkan vor zehn Jahren verheerten Flächen seien inzwischen größtenteils mit Brombeersträuchern und anderem Gestrüpp zugewuchert, das den Wildschweinen beste Versteckmöglichkeiten biete. „Die Fortpflanzungsrate der Wildschweine liegt bei 200 bis 300 Prozent“, sagt der Förster: „Ohne die Jagd läge sie noch höher.“
Wenn es die Örtlichkeiten zuließen, sollten in Hagen weitere, auch revierübergreifende Treibjagden sattfinden, so Holl: „Allerdings sind solche großen Ereignisse in Hagen nur eingeschränkt durchführbar.“ Zu Groß sei die Gefahr, dass die aufgeschreckten Tiere oder die sie verfolgenden Hunde auf eine Straße liefen und so ein Unfall verursacht würde.
Jägerchef Lars Peter Hegenberg glaubt unterdessen, dass eine weitere Vermehrung des Wildschweinbestandes zu epidemieartigen Krankheiten im Wildbestand führen könnte: „Das ist wie bei den Seehunden an der Nordsee: Übersteigt die Populationsdichte ein gesundes Maß, steigt die Gefahr der Ausbreitung von Wildseuchen.“
>>> Hintergrund: Polizisten töten Wildschwein
Am 1. März dieses Jahres war
ein Wildschwein aus dem Hagener Stadtwald durch die Innenstadt gerannt.
Das verschreckte Tier stürmte in einen Lottoladen an der Elberfelder Straße, in dem es von einem Polizisten erschossen wurde.