Hagen. . Die maroden Brücken in Hagen werden zunehmend für Einschränkungen im Straßenverkehr führen. Die Planer der Stadt erarbeiten eine Gesamtkonzeption.
- Die maroden Brücken in Hagen werden zunehmend zu Verkehrseinschränkungen führen
- Die Planer der Stadt arbeiten mit Hochdruck an einer Gesamtkonzeption für die Sanierung
- Baudezernent Thomas Grothe warnt derweil davor, mit übertriebener Hektik zu reagieren
Für den Gesetzgeber ist der Fall klar: Sollte sich eine Spannbetonbrücke in einem kritischen Zustand befinden und der Einsturz drohen, hilft kein punktuelles Herumdoktern, sondern ein Neubau sollte her. Für eine Nothaushaltskommune wie Hagen, die über 61 solcher Bauwerke verfügt, von denen immerhin 24 zu den Risiko-Objekten zählen, eine Herkulesaufgabe, die sich nur über Jahrzehnte abarbeiten lässt und zig Millionen Euro verschlingt. Welche Strategie die Stadt verfolgt – Flickschusterei oder Neubauten, alles baugleich ersetzen oder völlig neue Verkehrsflüsse konzipieren – soll in den nächsten Wochen konkretisiert werden. Bislang haben die Schwarzmaler, die den Zusammenbruch sämtlicher Autoströme und Dauerstaus rund um die Hagener Innenstadt prognostizieren, die Deutungshoheit.
Baudezernent Thomas Grothe mahnt derweil zu etwa mehr Gelassenheit: „Wir sollten besonnen bleiben und keine Panik machen“, sieht er Hagen von einem Zusammenbruch des Verkehrs weit entfernt. Es gebe zigtausend sanierungsbedürftige Brücken derzeit in Deutschland und bislang sei noch keine zusammengebrochen. „Allerdings werden wir in den nächsten Jahren lernen müssen, mit Einschränkungen umzugehen.“ Grothe blickt dabei vor allem auf die Lkw-Verkehre, die er künftig am liebsten auf die Autobahnen rund um Hagen verbannen würden, um Druck vom Zentrum zu nehmen. Immerhin sind mit der Hochbrücke in Altenhagen, der Rampe hinter der Arbeitsagentur, der Fuhrpark- und der Ischelandbrücke sowie der Volmetalstraße an Eilpe und Delstern vorbei gleich mehrere neuralgische, aufgeständerte Verkehrswege in einem baulich extrem miserablen Zustand.
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Zweite Expertenmeinung
Ursache ist die Spannungsrisskorrosion, die durch in den 60er-Jahren verbauten, minderwertigen Stahl den Konstruktionen die Stabilität und somit die notwendige Tragkraft nimmt. Zwar kann niemand in die Bauwerke hineinblicken, doch auf Grundlage gutachterlicher Berechnungen könnten zumindest die Auffahrtsrampe hinter dem Arbeitsagentur-Turm, die Stennertbrücke in Hohenlimburg sowie die Eisenbahnbrücke Ribbertstraße in Dahl ohne Vorwarnung versagen und zusammenstürzen. Aktuell holt der federführende Wirtschaftsbetrieb Hagen (WBH) zwar noch zweite Experten-Meinungen ein. Sollten diese jedoch ähnlich desolat ausfallen wie die bereits vorliegenden erstgutachterlichen Ergebnisse, droht – je nach Ermessen der Brückenprüfer – eine sofortige Sperrung. Mit entsprechend gravierenden und vor allem langfristigen Konsequenzen.
„Natürlich können wir eine solche Brücke nicht an einem Tag zumachen und am nächsten Tagen sanieren oder gar neu bauen“, will WBH-Vorstand Hans-Joachim Bihs den Bürger keinen Sand in die Augen streuen. „Wichtig ist, dass wir jetzt ins Handeln kommen“, möchte er mit der Fachverwaltung und der Politik so schnell und sorgfältig wie möglich ein abgestimmtes Handlungskonzept erarbeiten. Der Stadtentwicklungsausschuss hat in seiner jüngsten Sitzung bereits die entsprechenden Aufträge erteilt und eine Gesamtplanung mit zeitlichem Konzept und Investitionsvolumen eingefordert.
Dabei liegt die höchste Priorität auf jenen Objekten, die – so der Fachbegriff – kein ausreichendes Ankündigungsverhalten aufweisen, also ohne Vorwarnung zerbröseln könnten. „Das, was schlimm ist, wird zuerst betrachtet“, erläutert Grothe das Prinzip. Doch das bedeutet nicht, dass marode Konstruktionen wie beispielsweise die Eckeseyer Brücke, die sich über die kompletten Gleisanlagen am Hauptbahnhof reckt, nicht ebenso schnell in den Fokus rücken könnte. Diese Spannstahl-Konstruktion wurde vor 1965 gebaut und gehört somit zu den „stark gefährdeten“ Brücken in Hagen. Zwar zeigt diese Brücke ein Ankündigungsverhalten, bekommt also Risse, bevor sie nachgibt. Doch sobald diese da sind, muss die Brücke sofort gesperrt werden. Und zwar nicht bloß für den Auto- und Lkw-Verkehr, der über sie rollt, sondern auch den Bahnbetrieb darunter. So könnte der Hagener Hauptbahnhof, einer der wichtigsten Verkehrsknotenpunkte der Region, angesichts des Einsturzrisikos über Nacht zu einem untauglichen Sackbahnhof verkümmern.
Theoretisches Szenario
Für Grothe eine eher theoretisches Szenario mit vielen Konjunktiven: „Wir haben so schon genug Probleme und können nicht mit solch einem Objekt beginnen, nur weil es von hoher verkehrlicher Bedeutung ist. Vielleicht hält die Eckeseyer Brücke ja auch noch 30 Jahre.“