Hagen. Im Februar hatte ein Hagener einen Stromschlag in der Badewanne erlitten, während er sein Smartphone in der Hand hielt, das zum Laden angeschlossen war. Jetzt stellt sich raus: Tausende Geräte sind fehlerhaft.
- Ein Hasper erlitt einen Herzstillstand durch einen Stromschlag durch ein Ladekabel
- Jetzt stellt sich raus: Ganze Charge ist gefährlich
- Nicht-originale Teile können tödliche Wirkung haben
Der Hagener Fall sorgte deutschlandweit für Aufsehen. Jetzt dürfte er nicht mehr nur in Deutschland, sondern Online-Kunden weltweit interessieren. Das Handy-Ladegerät, das einen Hagener Studenten fast das Leben kostete, stammt aus einer Produktlinie, die tödliche Mängel aufweist. Der junge Hasper (21) erlitt in seiner Badewanne einen Herzstillstand, während er sein Smartphone in der Hand hielt, das an einer Steckdose hing.
Eine Brandwunde in Form eines Smartphones auf der Brust erinnert an den Unfall vom 9. Februar. Der 21-Jährige nahm sein Handy mit in die Wanne. Er steckte es zum Laden an die Steckdose und nutzte es mit beiden Händen in der Badewanne. Plötzlich traf ihn ein Stromschlag. Er krampfte. Sein Herz blieb stehen. Reanimationsmaßnahmen der Mutter, herbeigeeilter Nachbarn und der Einsatz des Defibrillators des Notarztes retteten sein Leben. Er wurde in ein künstliches Koma versetzt. Acht Tage später konnte er ohne bleibende Schäden das Krankenhaus verlassen.
Eigentlich transformiert ein intakter Stecker eines Ladegerätes die Spannung von 230 Volt Wechselspannung auf 5 Volt Gleichspannung. Dieser fließt dann durchs Kabel zum Handy. Das kann selbst in der Badewanne nicht gefährlich werden.
Verkettung unglücklicher Umstände
Ein Hagener Elektromeister stellte schon kurz danach fest: Es sind 100 Volt zwischen Handy-Gehäuse und Erde. Hinzu kam eine unglückliche Verkettung von Umständen: Das iPhone hatte einen Metallrahmen, der den Strom noch besser leitete. Zwar saß der Student in einer Kunststoffwanne, doch ein Metallschlauch führte durch das Wasser zur Armatur. Und die ist geerdet. Ein potenziell tödlicher, geschlossener Kreislauf.
Die Geschichte schien abgehakt. Doch es blieb die Frage: Warum wurde die Spannung aus der Steckdose nicht runter transformiert? Christian Wölbert, Redakteur des Online-Magazins Heise, das überwiegend über Informations- und Telekommunikationstechnik berichtet, griff den Fall auf. Er ließ sich das Netzteil von dem Studenten schicken. „Es hätte niemals verkauft werden dürfen“, sagt er. Wie so viele Smartphone-Nutzer es tun, hatte sich der Student zwischenzeitig ein neues Netzteil im Internet, genauer: bei Amazon bestellt und dabei auf wesentliche Merkmale nicht geachtet.
Modell führt Netzspannung
Die Modell-Nummer „S-100D“ war bereits im EU-Register für gefährliche Produkte (Rapex) gelistet. Begründung: „Gerät kann Stromschläge verursachen, weil Luft- und Kriechstrecken nicht ausreichen.“ Bei hoher Luftfeuchtigkeit kann die USB-Buchse deshalb Netzspannung führen.
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Doch genau dieses Modell führt auch ohne Feuchtigkeit Netzspannung. Und zwar 170 Volt effektiv. Ingenieure des Verbands der Elektrotechnik prüften das Gerät. Ihr Urteil: Entweder ist der Trafo des Netzteils defekt oder ein ungeeigneter Kondensator wurde eingebaut. Wölbert: „Mindestens eine Charge des Netzteils ist mangelhaft.“ Behördliche Ermittlungen laufen noch nicht, weil der Student die Bestellbestätigung nicht mehr finden kann. „Wir empfehlen, nur bei Händlern zu bestelle n, die ihren Sitz in der EU, besser noch in Deutschland, haben“, so Wölbert. „Dass das Gerät gefährlich ist, hätte man daran erkennen können, dass kein Herstellername darauf steht.“
Kanten und Spritzguss beachten
Kunden können zudem an scharfen Kanten oder Plastikresten vom Spritzguss erkennen, dass ein angeblich originales Teil nicht original ist. „Wir vermuten, dass diese Netzteile noch unter anderen Namen im Online-Handel unterwegs sind“, sagt Wölbert. Sie sind somit für Tausende Kunden gefährlich.