Eppenhausen. . Die 30 Jungen und 30 Mädchen, die derzeit in der Hagener Jugendherberge wohnen, sind alle Russland-Deutsche. Sie erleben ein spannendes Sommercamp.

  • 60 Aussiedler-Kinder in Hagener Jugendherberge zu Gast
  • Jungen und Mädchen pflegen russische Tradition
  • Leiterin Julia Iwakin setzt auf Völkerveständigung

Ins Haus hinein geht „die Meute“ nur, wenn es Essen gibt. Sonst verbringen die jungen Leute den ganzen Tag auf dem Freigelände. „Ja klar, bei dem tollen Wetter. Sonst wären wir ja verrückt.“ Julia Iwakin hat alles im Blick. „Die Meute“ – das sind 60 Kinder und Jugendliche, die seit Sonntag einen Teil der Jugendherberge am Remberg in Beschlag genommen haben.

Julia Iwakin ist die Leiterin der Ferienfreizeit; sie wird von neun Betreuern unterstützt. Für eine Woche sind die Acht- bis 16-Jährigen in Hagen untergebracht. Mit „Sommercamp“ sind die sieben Tage überschrieben – und der Begriff scheint den Nagel auf den Kopf zu treffen.

Aus der ganzen Republik

Die 30 Jungen und 30 Mädchen – ­allesamt Russland-Deutsche – ­kommen aus der ganzen Republik. Aus Frankfurt, aus dem hohen Norden, von der holländischen Grenze. Veranstaltet wird das Feriencamp vom Jugend- und Studentenring der Deutschen aus Russland (JSDR).

Abschlussveranstaltung samt Geburtstagsfeier am Samstagabend

Die Kinder, die am Sommercamp teilnehmen, sind in sechs Arbeitsgruppen (AGs) unterteilt: Es gibt zwei Tanz-AGs, eine Theater-, eine Sport-, eine Bastel- sowie eine Zeitungs-AG.

Die jungen Gäste trainieren und proben auf denSamstagabend hin. Dann wird das fünfjährige Bestehen des Camps gefeiert.

Die Abschlussveranstaltung ­inklusive Geburtstagsfeier steht unter dem Motto „Besuch aus dem All“.

Die Hagener Jugendherberge befindet sich in der Eppenhauser Straße 65 a. Die Einrichtung verfügt über 124 Betten in insgesamt 34 Zimmern. Die Rezeption ist von 7 bis 23 Uhr geöffnet. Kontaktaufnahme: Tel: 02331 - 50254; Fax: 02331-588 576.

Der Sinn und Zweck der gemeinsamen Woche liegt auf der Hand: Die Kinder sollen die Traditionen und Bräuche aus Russland kennenlernen, sollen Sagen, Märchen, Überlieferungen erzählt bekommen, sollen Spaß an typischen Tänzen und Spielen bekommen. Sie sollen eben mitbekommen, wie „Russland tickt“.

Ein Camp-Teilnehmer – Otto Spengler – lebt in Russland, in Moskau. „Die Tante des 14-Jährigen wohnt in Deutschland, engagiert sich sehr bei uns im Verein und hat es eingestielt, dass Otto beim Camp dabei sein kann“, erzählt Julia Iwakin.

Und sie selbst? „Ich bin Russland-Deutsche, wurde in Kasachstan geboren, kam mit neun Jahren nach Deutschland.“ Die 26-Jährige ist Vorsitzende des JSDR, der Verein existiert seit 2008 und hat seinen Sitz in Stuttgart.

Auf dem Platz zwischen Waldrand und Blumenbeeten wird es unruhig. Es ist gerade Workshop-Pause, und da versammeln sich alle Kinder samt Betreuer auf der Freifläche. Nun sind Gruppentänze angesagt. Erst Trockenübungen, dann im Rhythmus der Musik. Eine ­Polka wird einstudiert.

Die Kinder stehen im Kreis-- Polka ist schließlich ein Rundtanz. Und ein klassischer Volkstanz. Nichts für junge Leute? Von wegen – die Kinder sind voll bei der Sache, lassen sich von der Musik – das Stück heißt „Holly Dolly“ tragen.

Auf ehrenamtlicher Basis

„Polka wurde früher und wird auch heute noch hauptsächlich in den russischen Dörfern getanzt“, erläutert Julia Iwakin. „Ich bin zwar die Leiterin des Sommercamps, doch alles auf ehrenamtlicher Basis“, unterstreicht die junge Frau, die Politik studiert und Mitglied im Oerlinghauser Stadtrat ist.

„Ja, Politik und Völkerverständigung interessieren mich sehr“, unterstreicht sie, „und ich arbeite gern mit Kindern“.

Im Camp wird Deutsch gesprochen, nur ab und an hört man ein paar Sätze Russisch. „Die Verständigung ist kein Problem; fast alle Kinder, die hier sind, sind zweisprachig aufgewachsen. Hier im Camp ­wollen wir auch anregen, den russischen Wortschatz zu pflegen.“

Natascha ist die einzige Betreuerin, die in der russischen Hauptstadt lebt. Doch auch die 24-Jährige spricht gut Deutsch und nutzt die Camp-Woche, ihre Sprachkenntnisse weiter zu verbessern.

Tagesausflug ins Westfalenbad

Seit fünf Jahren bietet der Jugendverband von und für Aussiedler in Deutschland in der Sommerferienzeit ein Camp für Kinder und Jugendliche an.

„2014 waren wir in einer Einrichtung in Nottuln, im letzten Sommer in Brilon und in diesem Jahr eben in Hagen“, blickt Julia Iwakin zurück. „Die Jugendherberge hier ist sehr groß. Wir haben nicht das ganze Haus für uns, sondern teilen es mit anderen Gästen bzw. Gruppen. Der Austausch mit den anderen Besuchern tut gut.“

Was die Kinder in den kommenden Tagen noch erwartet? „Wir unternehmen einen Tagesausflug ins Westfalenbad. Heißt: Wir marschieren zum Ischeland; auf dem Weg dorthin beantworten die Kinder Quizfragen. Und dann ist Schwimmen angesagt.“