Hagen. . Am Wochenende hab es lange Schlangen bei der letzten Party im Funpark in Hagen. Wir haben uns bei den Wartenden umgehört.
- Letzte Party im Funpark in Hagen
- Lange Schlangen am Elbersgelände
- Gegen Mitternacht geben die ersten auf
Gegen 22.30 Uhr am Samstagabend tummeln sich die jungen Menschen auf dem Parkplatz vor den Elbershallen. Sie alle wollen vorbei an dem Sicherheitspersonal und rein in den Funpark. Denn es ist der letzte Abend, an dem man dort noch einmal ausgelassen feiern kann, bevor die Disco endgültig ihre Pforten schließt.
Alle stehen gut gelaunt in der Schlange und der Einlass erfolgt fließend. Jeder Besucher hat eine andere Geschichte zu erzählen. Chris kommt aus Iserlohn und nimmt Abschied. Irgendwie. „Ich bin nach sechs Jahren nochmal hergekommen, um ein letztes Mal hier zu feiern. Mal sehen, wie es da drin wird“, sagt der junge Mann.
Man bekommt schnell das Gefühl, dass keiner so richtig wehmütig ist, aber glücklich eben auch nicht. Hagen verliert seine letzte größere Partylocation. Wie auch Antonio di Maggio und Danica Kmoschka wollen die meisten einfach nur den Abend genießen. „Wir sind zwar keine Stammgäste, aber das letzte Mal wollen wir nicht verpassen“, erzählen die beiden.
Suche nach Urlaubsbekanntschaft
Genau wie auch Mara Fritzsche haben viele junge Leute hier ihre ersten Parties gefeiert. „Ich weiß noch, als wir unseren letzten Abitag mit den ganzen anderen Schulen hier gefeiert haben. Das werde ich nie vergessen“, erinnert sich die Iserlohnerin. Das Partyvolk kann viele Geschichten erzählen. Doch die Besten bleiben im Nebel. „Wir haben schon einiges hier erlebt, aber wir erinnern uns nicht an alles“, lacht Marten mit seinen Freunden vor der Tür. Sie stehen direkt neben einem der zahlreichen Pfandflaschen-Sammler. Auch sie werden sich für die Wochenenden einen neuen Ort suchen müssen.
Nur Mut: Man kann über seine Funpark-Zeiten reden
Goethe und der Funpark haben so wenig gemein wie Hochkultur und Eimersaufen. Dennoch: Der Dichter hat das Zitat geprägt, das die (noch oder wieder) in Hagen lebende Generation 30 bis 35 in der Rückschau auf ihre wilden Jahre und ihre Besuche im Funpark wohl am vortrefflichsten einordnet: „Alles hat seine Zeit.“
Goethe hat freilich nicht den Funpark gemeint, sondern eine Relation zwischen der steigenden Anzahl der Lebensjahre und der Fähigkeit, zu verstehen, in welcher Situation man besser schweigen und in welcher man besser sprechen sollte. Es halten viele Anfang- oder Mittdreißiger heute für klüger, über ihre Funpark-Zeit zu schweigen. Ebenso wie jemand, der in seiner Lebensphase heute nicht darüber reden möchte, dass es eine Zeit in seinem Leben gab, in der man sich am frühen Samstagabend für wenige Taler den billigsten Fusel besorgte, ihn so lange kreisen ließ, dass der Schwindel sich im Kopf schon mal warm lief und man dann in der Disco von dem wenigen Geld, was man nur hatte, bloß den Eintritt plus wenige Getränke zahlen musste, um sich wie der König von Mallorca zu fühlen. Um sich hinterher immer und immer wieder zu fragen, warum man kreidebleich von der Trinkerei und dem ekstatischen Getanze eigentlich wieder nicht die Liebe seines Lebens getroffen hat.
Der Funpark war in seiner Anfangszeit ein starker Publikumsmagnet für blutjunges Publikum aus Hagen und der näheren Umgebung. Das Programm folgte stoisch den immer gleichen Mustern. Wer bei den Ein-Euro-Partys – wohlgemerkt donnerstags – nicht allzu viele Gehirnzellen weggespült hatte, der hat damals schon bemerkt, dass der DJ im „Alpenmax“ (quasi die Mallorca-Halle) sogar jede Woche die gleichen Lieder in der gleichen Reihenfolge spielte. Während an den Tresen und auf der Tanzfläche der ganz normale Balz-Wahnsinn junger Männer herrschte. Man konnte die Uhr danach stellen, wann die Fäuste flogen und die braungebrannten Herren von der Tür ihre schnelle, aber nicht immer ganz geräuschlose Arbeit verrichten mussten. Klassiker auch: Gruppen junger Leute, die zu Fuß zurück nach Hause in ihre Stadtteile liefen, weil der Taxi-Zehner doch noch vertrunken wurde. Auf der Strecke Funpark-Vorhalle hätte der Olympia-Sieger im Gehen in unserer Hochphase Probleme beim Mthalten gehabt.
Funpark, das war auch das gegenteilige Gefühl von heute. Während man heute findet, dass man in Hagen nicht mehr gescheit vor die Tür gehen kann, gab einem der Flirtschuppen das Gefühl, dass das Nachtleben dieser Stadt genau die richtige Antwort auf das schmale Schüler-Portemonnaie gefunden hatte. Heute behandelt man den Laden wie eine schrullige Ex-Freundin, über die keiner mehr sprechen will. Höchstens, um bei Kaffee-und-Kuchen-Runden zu erwähnen, dass man sein Kind später auf keinen Fall da hin schicken kann. Irgendwie scheinheilig.
Aus der Halle hört man die Bässe dröhnen. Es wird immer voller. Viele Leute kommen in Gruppen, andere versuchen ihre Freunde in der Schlange zu finden. „Ich suche einen Freund aus dem Urlaub von vor zwei Jahren. Er soll auch hier sein“, berichtet Eileen aus Remscheid und grast mit ihrer Freundin den Parkplatz ab.
Viele sind ein letztes Mal gekommen, obwohl sie viele Jahre den Funpark nicht mehr besucht haben. Die letzte Party will sich keiner entgehen lassen, so auch Melanie aus Wetter: „ Ich bin gespannt, wie der Abend so wird.“
Ruhe auf dem Hinterhof
Auf dem Hinterhof des Elbersgeländes ist es viel ruhiger. Die Menschen trinken Bier und Cocktails in den verschiedenen Bars. Was sich mittlerweile auf dem Parkplatz für Szenen abspielen, wissen sie nicht. Aus der geordneten Schlange ist ein riesiger Knoten aus Menschen geworden, die lauthals miteinander reden. Nun wird in der Schlange gedrängelt.
Es ist kurz vor Mitternacht. Die zwei Security-Männer lassen nur noch vereinzelt die jungen Leute durch. Die Stimmung kippt. Die ersten verlassen den Funpark Richtung Innenstadt und berichten, dass es viel zu voll im Innern ist. Dem Partyvolk wird langsam das Gefühl vermittelt, als würde es sich nicht lohnen hinein zu gehen. Manche gehen wieder nach Hause oder verlegen die Party spontan woanders hin.
Pia Nikolaus wollte den Geburtstag einer Freundin im Funpark feiern. „Uns ist das zu voll. Man kann nicht mal richtig tanzen. Wir gehen woanders hin“, sagt sie enttäuscht. Auf den Einlass wartet man zu lange. Wer noch rein will, muss warten, dass andere den Club wieder verlassen. Bis das passiert kann es noch dauern.