Hagen. . Lutz Figge (19) und Kamila (18) sind seit drei Jahren ein Paar. In unserer Liebsserie geht es heute um die Teenager-Liebe.

Eigentlich freuten sich Lutz und Kamila, einen Blick in die frisch gedruckte Abizeitung ihrer Stufe werfen zu können. Als das junge Paar das Blatt aufschlug, weiteten sich jedoch die Augen: „Traumpaar der Stufe: Lutz und Kamila“ - hieß es bei den Ranglisten, die nach einer Befragung der gesamten Stufe erstellt werden. Hier wird der „Lehrer-Liebling“, das „Sportass“ oder eben das schönste Liebespaar gekürt – und noch heute wirkt Kamila verschüchtert, wenn sie diese Ehrung bewerten soll: „Wir wollten das nicht unbedingt. Paare gab es in unserer Stufe genug“, betont die 18-Jährige mit den langen braunen Haaren.

Teenager nehmen sich bei Beziehung Eltern als Vorbild

Eingefleischte 68er müssen jetzt ganz stark sein: Laut aktueller Jugendstudie des renommierten Sinus-Institutes nehmen sich 14- bis 17-Jährige heute beim Managen ihrer Beziehung die Eltern als Vorbild. So seien es besonders die Beständigkeit, der Umgang bei Meinungsverschiedenheiten und die gegenseitige Wertschätzung, die sich junge Menschen gerne bei ihren Eltern abgucken würden. Jedoch schlage das Verhalten im Trennungsfall laut Studie schnell in die andere Richtung. Dann werden die Vorbilder zur Negativ-Schablone, an der sich die Jugendlichen keinesfalls ein Beispiel nehmen wollen.

Sieben Lebensplanungs-Gruppe

Die Sinus-Jugendstudie ist eine von drei großen Jugendstudien, die regelmäßig in Zusammenarbeit verschiedener Forschungsinstitute erhoben werden. Sie zeigen auch: Die meisten Jugendlichen wollen bis Mitte 30 mit der Familienplanung fertig sein. Das Ende der wilden Ehe? Mitnichten. So hat sich in den letzten Jahren die Gruppe der jungen Menschen ebenso ausdifferenziert, wie ihre Lebensplanung. Sieben große Gruppen unterscheidet die Jugendstudie – vom bürgerlich-konservativen Familienmenschen bis zum verspielten Lebenskünstler, der gerne an seinen Grenzen kratzt. Obgleich sich Wünsche, Ziele und Lebenswelten der einzelnen Gruppen sehr unterscheidet, sind sie sich doch alle einig, was eine gute Beziehung ausmacht: Vertrauen, Ehrlichkeit und Verlässlichkeit. Überraschend ist, dass für die Generation „Smartphone“ und „Selfie“ das Aussehen nicht zu den wichtigsten Kriterien bei der Partnersuche gehört. Vielmehr solle der Partner sich für ähnliche Themen interessieren, Humor haben und Verständnis für die „Macken“ des Gegenüber zeigen.

Jeweils zwei Stunden interviewt

Für die Sinus-Jugendstudie wurden 72 Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren jeweils über zwei Stunden interviewt. Dabei kamen sowohl Haupt- als auch Realschüler und Gymnasiasten gleichermaßen zu Wort. Die aktuelle Studie ist nach 2008 und 2012 bereits die dritte Erhebung des Sinus-Instituts, das unter anderem mit der katholischen Arbeitsstelle für Jugendseelsorge und der Bundeszentrale für politische Bildung zusammenarbeitet.

Seit knapp drei Jahren ist Kamila Behr mit Lutz Figge zusammen. Schnell wird deutlich: Das war keine Liebe auf den ersten Blick. „Wir waren schon gemeinsam in der fünften Klasse. Ein Paar wurden wir aber erst am Ende der Zehnten“, blickt sie zurück. Dabei war es Kamila, die beim Abschlussessen vor den Sommerferien den ersten Schritt machte – wenn auch mit Schützenhilfe: „Meine Freundinnen haben mich immer wieder auf Lutz aufmerksam gemacht. Am Ende habe ich mich dann zu ihm gesetzt“, sagt die 18-Jährige und lächelt. Aus einem lockeren Gespräch wurde in der schulfreien Zeit danach schnell mehr.

Date im Zoo

So dauerte es nicht lange bis zum nächsten Treffen, diesmal ohne neugierige Blicke der Mitschüler. Schauplatz: Duisburger Zoo. „Das war der einzige Zoo, der Koalas hatte“, erzählt Kamila von ihrem „Coup“. Denn sie nutzte das gemeinsame Interesse an Australien und den kleinen Beutelbären, um Lutz nach einem Date im Tierreich zu fragen. Bis aus der Freundschaft eine Liebesbeziehung wurde, sollte es jedoch bis nach den Sommerferien dauern. Als ihre Beziehung dann offiziell war, hielten sie sich nach Außen lieber zurück. Statt Selfie-Flut im Liebestaumel verbachten sie ihre Zeit zu zweit lieber in Ruhe und außerhalb der Schulmauern: „Anfangs war es schon ein Highlight, wenn wir in den Schulpausen zusammenstanden“, erinnert sich Lutz zurück und fügt hinzu: „In der Oberstufe hatten wir nur Englisch zusammen. Auch da saßen wir voneinander entfernt“.

Bodenständigkeit statt Liebestaumel

Heimelige Bodenständigkeit sollte ihre Beziehung bis heute prägen. Ein Merkmal, das Lutz sehr schätzt: „Wir sind nicht das süße Traumpaar. Manche vergleichen uns sogar eher mit einem alten Ehepaar“, verrät der 19-Jährige und lacht. Der Boelerheider ist in seinem Stadtteil verwurzelt und engagiert sich als Mitglied der Heidefreunde für das lokale Brauchtum. Seine Freundin hat er direkt in die Vereinsarbeit eingespannt: „Sie half beim Kinderschminken, als wir Sommerfest im Hameckepark hatten“, erzählt Lutz und wirft Kamila stolz einen Blick zu. Also traute Zweisamkeit in jeder Lebenslage? Keineswegs. „Natürlich streiten wir uns auch manchmal. Aber ich denke, das ist normal in einer Beziehung“, meint Lutz entspannt. Die Konfliktfelder sind bei seiner Freundin schnell abgesteckt: „Wenn ich Hunger habe oder beim Shoppen gehen – da bin ich leicht reizbar“, meint Kamila und zwinkert mit dem Auge. „Vor allem wenn es ums Schuhe kaufen geht“, fügt ihr Freund schnell hinzu.

Das sind die Gedanken unseres Zeichners Stefan Fuchs zum Thema Teenagerliebe.
Das sind die Gedanken unseres Zeichners Stefan Fuchs zum Thema Teenagerliebe. © WP

Am 14. September feiern die Beiden drei Jahre gemeinsames Glück. Eine Beständigkeit, die das Paar von manch anderer Beziehung in ihrer Stufe unterscheidet. „Viele hatten wechselnde Freunde oder haben sich getrennt und sind dann wieder zusammengekommen“, stellt Kamila fest. Vielleicht war es da genau diese Beständigkeit in ihrer Beziehung mit Lutz, die den Mitschülern imponierte und zur Ehrung „Traumpaar der Stufe“ in der Abizeitung führte.

Pläne für die Zukunft

Nach bestandenem Abitur wartet auf das junge Paar nun ein neuer Lebensabschnitt. Planungen zum „Häusle bauen“ und Familie gründen? Fehlanzeige. Dennoch will das Paar zunächst in der Region bleiben. „Ich mache eine Ausbildung zum Industriemechaniker in Hohenlimburg“, erläutert Lutz seine beruflichen Pläne. Kamila hingegen zieht es zur Ausbildung nach Dortmund oder Düsseldorf. Sie möchte später im Marketing arbeiten.

SommerserieSelbst wenn die Zwei nicht das „typische“ Traumpaar mimen wollen, was Stufe und Freundeskreis in ihnen sehen - ein Liebessymbol haben sie dann doch. So tragen beide an ihrem linken Arm ein unscheinbares Bändchen als Zeichen der Verbundenheit über Dortmund, Düsseldorf oder Hohenlimburg hinaus. Manchmal kommt das Liebesglück eben schlichter daher als gedacht. Das gilt auch für Lutz und Kamila – ein junges Traumpaar, das eigentlich keins sein will.