Hagen/Breckerfeld. . Einen Blick hinter die Kulissen des Hofs von Landwirt Baumeister in Breckerfeld werfen die Fahgäste des WP-Busses. Weitere Fahrten sind geplant.

  • 85.500 Hühner leben auf dem Hof in Brenscheid
  • Erste Färbemaschine steht in Breckerfeld
  • Bunte Eier sind das ganze Jahr gefragt

Für die WP-Leser öffnen sich an diesem Samstag Türen, die sonst für die Kunden verschlossen bleiben. Eine spannende Begegnung mit einem Produkt, das einem sonst meist am Frühstückstisch begegnet. Doch die sechs Flüchtlinge aus einer Sammelunterkunft in Haspe entdeckten ein Universum, dessen Existenz sie sich zuvor noch nicht einmal vorstellen konnten.

Was sich hinter einer „Egg-Factory“ (Eier-Fabrik) verbergen könnte, übersteigt einfach den Vorstellungshorizont der jungen Asylbewerber aus Afrika und Asien, die neugierig jede Information über ihre neue Heimat aufsaugen. Die Produktionsanlagen von Eier-Produzent Udo Baumeister sind das Ziel der WP-Bustour, die diesmal in Zusammenarbeit mit der Hagener Straßenbahn AG nach Breckerfeld-Brenscheid führt.

Hybridbus passt auch durch enge Straßen

Sicher manövriert Fahrer Sven Heigwer den Gelenk-Hybridbus durch die engen Straßen auf den Betriebshof. Landwirt Udo Baumeister lässt es sich nicht nehmen, gemeinsam mit seinem Geschäftsführer Stefan Werthmann die Besucher persönlich durch das Allerheiligste seines Betriebes zu führen.

Eine Eier-Galaxie, die sich in den vergangenen sechs Jahrzehnten von einem Nebenerwerbshof zu einer Hochleistungsproduktionsstätte mit 85 festangestellten Mitarbeitern entwickelt hat.

Eigene Hühner legen 100.000 Eier

Drei weitere Touren

Die WP-Bustouren in Zusammenarbeit mit der Hagener Straßenbahn AG werden nach der Sommerpause fortgesetzt.

Als Ziele stehen im September noch das Wasserwerk an der Hasper Talsperre, im Oktober diverse Hagener Bunker sowie im November das Busdepot des Verkehrsunternehmens auf dem Programm.

Interessenten für diese Fahrten können sich zwei Wochen vorher als Teilnehmer bewerben. Die Ausschreibung mit Anmeldecoupon finden unsere Leser in der Print-Ausgabe.

Sollte die Zahl der Neugierigen die Anzahl der Plätze im Bus übersteigen, entscheidet das Los. Eine Anmeldung allein berechtigt nicht zu Mitfahrt, sondern die Gewinner werden von der Redaktion telefonisch informiert.

Eine Größenordnung, die sich nur durch einen Wust an Zahlen fassen lässt, weil das Auge allein kaum ausreicht, um allein das Lager zu überblicken. Dort stapeln sich gut gekühlt 6.000.000 Eier. 100.000 kommen jeden Tag von den eigenen Hühnern hinzu, die vorzugsweise als Frischeprodukte an die Supermärkte in der Region, aber auch bis nach Köln ausgeliefert werden. Hinzu kommen täglich 300.000 Eier meist aus den Niederlanden, aber auch aus Polen und Finnland, die als hart gekochte, gefärbte Produkte oder als bereits geschälte Ware an Feinkostproduzenten oder die Gastronomie gehen.

„Wir waren die ersten, die in den 70er-Jahren mit einer professionellen Eierfärbemaschine Erfolg hatten“, berichtete Baumeister nicht ohne Stolz. „Und auch die erste funktionierende Eierschälmaschine wurde bei uns entwickelt“, lässt der Landwirt keinen Zweifel, dass zum Erfolg in seinem Gewerbe auch ein Tüftler-Gen gehört. Filigrane Technik dominiert das Bild, wenn es um die Kolorierung der Schalen geht. Alles ist möglich – einfarbig, mehrfarbig oder auch mit Aufschrift. Bunte Eier haben inzwischen das ganze Jahr über Saison. Perfekt auf den Punkt gekocht dank einer Mischung aus Dampf- und Wasserverfahren – Temperaturabweichung maximal ein Grad, echte Präzisionsarbeit. Und das 30.000-fach pro Stunde, die Energie liefert eine Biogasanlage.

Landwirt hat nichts zu verbergen

Udo Baumeister erläutert den Besuchern, wie die Eier sortiert und verpackt werden.
Udo Baumeister erläutert den Besuchern, wie die Eier sortiert und verpackt werden. © WP

Ohne Hühner keine Eier. Aktuell leben in Brenscheid 11 500 Freilandhennen, und 74 000 Tiere in Bodenhaltung. Erbarmungswürdiges, gerupftes, zitterndes Federvieh suchen die Teilnehmer der WP-Bustour vergeblich. Die Hühner machen einen prächtigen Eindruck, dank eigener Futtermischung zu der auch 1000 Tonnen Weizen von selbst bewirtschafteten Flächen beitragen. Baumeister weicht keiner Frage aus, sei sie auch noch so skeptisch. „Wir haben nichts zu verbergen“, hat er längst begriffen, dass Abschottung in seiner Branche nur verdächtig macht.

Eine Flut an Fakten prasselt auf die Besucher ein: zehn Kubikmeter Wasser verbraucht der Betrieb – pro Stunde. Nach zwei Jahren werden die auf hohe Legeleistung gezüchteten Tiere geschlachtet und machen noch als Suppenhühner Karriere. 360 000 Eier rollen pro Sattelzug vom Hof, neun Tiere teilen sich einen Quadratmeter, eingeschweißte Eier für die Gastronomie sind 30 Tage haltbar und kein Freilandhuhn kommt vor 10 Uhr vor die Tür, weil sie in den Morgenstunden zunächst die Eier im Stall hinterlassen sollen.

Leckerer Eierlikör zum Abschluss

Nach gut zwei Stunden schwirrt manch einem der Kopf, als es im Hofladen zum Abschied noch einen stilechten Eierlikör und palettenweise Eier im Angebot gibt. Das Flüchtlingssextett nimmt gleich 100 Stück in schwarz-rot-goldenem Deutschland- und schwarz-weißem Fußball-Dekors für die in der Unterkunft verbliebenen Flüchtlinge mit. Passend zum abendlichen EM-Spiel ihrer neuen Heimat gegen die Italiener. Aber diesmal können sie auch ganz genau erklären, wie in Deutschland ein Ei vom Huhn den Weg in den Supermarkt findet. Sie haben das Universum des Unvorstellbaren nämlich bereist…