Halden. . Der langjährige Allgemeinmediziner Hans Günter Bäuerlein verlässt nach Jahrzehnten den Stadtteil. Dabei wollte er kürzlich an gleicher Stelle noch umbauen. Die Zeit sei ihm weggerrant.

  • Dr. Bäuerlein verlässt den Stadtteil Halden
  • Erst kürzlich wollte er noch groß umbauen
  • Jetzt verliert ein Teil des Stadtgebietes einen Arzt

Jetzt hat Halden ein Problem. Seit gestern ist die Praxis von Allgemeinmediziner Dr. Hans Günter Bäuerlein dicht. Er verlässt Halden und zieht nach Brilon (Hochsauerlandkreis). Monatelang war zuletzt über sein Bauvorhaben an der Berchumer Straße diskutiert worden. Dort wollte er eine moderne Praxis errichten, darüber altengerechte Wohnungen. Sein Abgang war klar, doch Bäuerlein, so sagt er, wollte den Standort so attraktiv hinterlassen, dass ein möglicher Nachfolger gar nicht hätte Nein sagen können. Doch als nach Jahren der Planung endlich grünes Licht für das Bauvorhaben kam, hatten die Zeit und die Diskussionen im Stadtteil schon dafür gesorgt, dass Bäuerlein die Segel strich. Halden, Garenfeld, Berchum, Fley und das Lennetal stehen ohne Allgemeinmediziner da.

Ein Drittel der Hausärzte ist 60 und älter

Ein Drittel der 121 Hausärzte in Hagen sind 60 Jahre und älter. Dennoch gilt Hagen laut Kassenärztlicher Vereinigung als überversorgt in diesem Bereich.

Das liegt am Bevölkerungsschwund. Eine schrumpfende Stadt erhöht ihren Versorgungsgrad. Auch wenn das mit den Bedarfen nicht im Einklang ist.

Fernweh nach dem Hochsauerland

Seit über 50 Jahren praktizieren an der Haldener Straße Allgemeinmediziner. Bäuerlein selbst ist seit 1984 hier. „Ich wollte nie etwas tun, das Halden schadet. Ganz im Gegenteil“, sagt Bäuerlein, der sich 2009 bei einem Aufenthalt in die Gegend um Brilon im Hochsauerlandkreis verliebte und beschloss, fortan seinen Lebensmittelpunkt dort haben zu wollen. „Und seitdem wollte ich meine Nachfolge hier regeln.“ Obwohl Freunde und Familie skeptisch waren, dass Bäuerlein im Herbst seines Berufslebens (er wird 68) noch einmal ein großes Bauprojekt angehen wollte, kurbelte er die Planungen an. 50 000 Euro investierte er. Gutachten, Architekten-Pläne, Anträge, Vorplanungen. Zwei Probleme ergaben sich aber. Erstens: Die Bearbeitung des Vorhabens (der Bebauungsplan musste durch den Rat der Stadt geändert werden) zog sich über Jahre. Und zweitens: In Halden formierte sich eine kleine Gruppe von Gegnern, die fürchtete, dass durch den geplanten mehrgeschossigen Bau das Dorfbild empfindlich gestört würde.

„Ich will nicht nachtreten und erst recht niemanden beschuldigen“, sagt Bäuerlein, der keinen Hehl daraus macht, dass er unter anderem von der benachbarten Kirchengemeinde enttäuscht ist: „Aber ich wollte das tun, damit die medizinische Versorgung in Halden zukünftig gesichert ist. In diese nostalgische Praxis, die ich hier habe, noch dazu nicht barrierefrei, wird niemand reingehen.“

Grundstück soll verkauft werden

Am gestrigen Mittwoch war der letzte Praxistag in Halden. Ein schmerzvoller Tag für den Mediziner und für seine Patienten. „Weil mir die Zeit weggelaufen ist, habe ich den Umbau nun verworfen“, sagt Bäuerlein. Das 2300 Quadratmeter große Grundstück im Herzen Haldens will er nun veräußern. Theoretisch, so der Mediziner, könnte ein Käufer unmittelbar einen Bauantrag stellen, um das Vorhaben, für das Bäuerlein zuletzt grünes Licht bekommen hatte, zu realisieren. Während Hagen in einem großen Gebiet einen Allgemeinmediziner verliert, darf sich der Hochsauerlandkreis über einen neuen freuen. Auf dem Land gibt es seit Jahren Probleme, Allgemeinmediziner zu gewinnen. In Hagen hingegen wird es mittelfristig zu einer Unterversorgung kommen, weil die amtierenden Hausärzte zu alt sind.