Hagen. . Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die Polizei. In der Kfz-Werkstatt sollen auch Privatautos repariert werden. Der Tipp stammt von einem anonymen Hinweisgeber.
- Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die Polizei
- In der Kfz-Werkstatt sollen auch Privatautos repariert werden
- Der Tipp stammt von einem anonymen Hinweisgeber
Das Hagener Polizeipräsidium muss sich anonymen Untreue-Vorwürfen stellen: In einem mit zahlreichen Details und Interna gespickten Schreiben an Staatsanwaltschaft, NRW-Innenministerium, Zollverwaltung, heimische Kfz-Innung sowie die Stadtredaktion dieser Zeitung informiert ein Hinweisgeber darüber, dass die Kfz-Werkstatt der Behörde auf der Hoheleye regelmäßig für private Autoreparaturen missbraucht werde. In dem zweiseitigen Papier mit angehängtem Beweis-Foto, das auf umfangreiches Insider-Wissen schließen lässt, ist von „systematisch ausgeführten Straftaten auf verschiedenen dienstlichen Ebenen“ die Rede. Beispielhaft wird hier Steuerbetrug, Vorteilsnahme im Dienst sowie Untreue genannt.
„Alles geschieht unter der Hand, allerdings geduldet durch den Polizeipräsidenten Wolfgang Sprogies“, heißt es dort. Die Hagener Staatsanwaltschaft hat bereits die Ermittlungen aufgenommen. Ergebnisse werden frühestens nach der Sommerpause erwartet.
Dortmunder Kollegen ermitteln
Im Hagener Polizeipräsidium selbst enthielt man sich am Dienstag jeglicher Stellungnahme: „Das Landeskriminalamt hat aus Gründen höchstmöglicher Objektivität entschieden, dass das Polizeipräsidium in Dortmund den Fall bearbeitet“, erläuterte der Hagener Behördensprecher Ralf Bode die Zurückhaltung seines Hauses. In der Nachbarstadt wird sich das Kommissariat für zentrale Kriminalitätsbekämpfung, das sich auch um Amtsdelikte kümmert, der Causa annehmen. Im Fokus stehen dabei sowohl sämtliche strafrechtlichen Ansätze als auch beamtenrechtliche Verstöße.
Breites Kundenspektrum
In der Kfz-Werkstatt des Hagener Polizeipräsidiums werden Inspektionen und Reparaturen sowie Reinigungsarbeiten erledigt.
Insgesamt verfügt die Hagener Polizei über 20 Streifenwagen, vier Polizeimotorräder sowie sechs VW-Bullis. Hinzu kommen zahlreiche Zivilfahrzeuge. Insgesamt umfasst der Fuhrpark 100 Autos, die im Jahr 2015 etwa 1,2 Millionen Kilometer zurücklegten.
Außerdem werden auf der Hoheleye von 50 externen Kunden 450 weitere Fahrzeuge betreut. Dazu zählen Straßen NRW, die Landräte aus EN, MK, Olpe und Siegen, das Polizeipräsidium Dortmund, die Justiz- und Finanzverwaltung, die Fernuniversität, die Märkische Fachhochschule sowie einige Einheiten des Katastrophenschutzes.
Michael Plohmann, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft, sprach in einer ersten Reaktion von einem „Schlag in das Gesicht des Hagener Handwerks“. Die Verfolgung der Schwarzarbeit, so Plohmann weiter, „ist in Hagen ein ungeliebtes Kind“. Ein ambitionierter Vorstoß der Politik im vergangenen Jahr habe sich längst als Luftnummer entpuppt. „Hier wird den Kfz-Werkstätten etwas vorenthalten“, stellte der Handwerkslobbyist klar, dass es für die Innungsbetriebe besonders schmerzlich sei, wenn ausgerechnet die Polizei einem solchen Verdacht ausgesetzt sei. Sein Haus werde die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft „mit hohem Interesse verfolgen“.
Ersatzteile mit Behördenboni
In dem anonymen Papier wird beschrieben, dass die Polizei-Werkstatt vorzugsweise außerhalb der regulären Dienstzeiten – also in den frühen Morgenstunden, abends und an den Wochenenden – missbräuchlich genutzt werde: „Privatpersonen erhalten für diese Dienstleistungen keine Rechnungen, maximal die Belege für kostengünstig mit Behördenboni eingekaufte Ersatzteile.“
Dabei gehe es nicht bloß um Kleinigkeiten, sondern es würden sogar komplette Motorblöcke ausgebaut. „Auch hohe Polizeibeamte mit Vorbildfunktion“, so eine Behauptung in dem Schreiben, „lassen dort vielfach an eigenen Fahrzeugen, aber auch an Fahrzeugen von Familienangehörigen und Bekannten kostengünstig arbeiten.“ Es gebe Hunderte von Beispiele, bei denen dienstliches Material und Personal zu Lasten des Landes NRW und somit zum Nachteil des Steuerzahlers zweckentfremdet würden.