Hagen. . Kriminaloberrat Sascha Mader aus Hagen erklärt, welche Strategien gegen Einbrecher erfolgversprechend sind. Er warnt vor Panikmache.

  • Die Einbruchzahlen in NRW steigen weiter.
  • Ein Hagener Kriminaloberrat erklärt, welche Strategien gegen Einbrecher erfolgversprechend sind.
  • Der beste Schutz: ein guter Nachbar.

Die Einbruchszahlen in NRW steigen, die Angst, dass Fremde den geschützten Bereich der eigenen vier Wände verletzen, nimmt Ausmaße an, die selbst hartgesottene Kriminologen ratlos zurücklassen. Ist die Polizei machtlos, kann sie der zunehmend professionell aus Südosteuropa einreisenden Diebesbanden nicht mehr Herr werden? Ein Gespräch mit Kriminaloberrat Sascha Mader, Leiter des Leitungsstabs im Polizeipräsidium Hagen, über Gefühle, Fakten und der Bitte, wieder mehr auf seinen Nachbarn zu achten.

Ist die zunehmende Angst bei den Bürgern, Opfer eines Einbruchs zu werden, berechtigt?

Sascha Mader: Angst einzuschätzen, ist schwierig. Laut Statistik ist die Wahrscheinlichkeit, Einbruchsopfer zu werden, gemessen an den 192 000 Hagenern oder der Anzahl der Verkehrsunfälle, relativ gering. Entscheidender als Fakten scheint die Vorstellungskraft der Bürger zu sein. Und die kann zu einer großen emotionalen Betroffenheit führen. Hier spielt die wachsende Aufmerksamkeit der Medien eine große Rolle.

Der Eindruck, die Polizei stehe den Banden machtlos gegenüber, scheint sich zu verfestigen ...

Mir ist keine Befragung bekannt, in der Bürger die Arbeit der Polizei bezweifeln. Fakt ist: Wir können nicht jedes Haus bewachen.

Reicht die Personalstärke, um der Lage Herr zu werden?

Die Personalzuweisung des Landes war in den letzten Jahren fast identisch. Nach den Vorfällen in Köln hat die Ministerpräsidentin bekannt gegeben, dass die Pensionierung von Polizeibeamten nun nach hinten verschoben werden kann. Zehn Prozent mehr Beamte heißt aber nicht zehn Prozent mehr Sicherheit.

Wer sind die Einbrecher? Welcher Nationalität gehören sie an?

Je unprofessioneller der Einbruch, je eher stammt der Einbrecher aus der Gegend. Die professionellen kommen vor allem aus Südosteuropa, aus Bulgarien und Rumänien. Verstärkt seit vier bis fünf Jahren. Seither haben wir auch einen Anstieg der Fallzahlen.

Gab es mit Bezug auf die Nationalität von Einbrechern eine allgemeine Schweigekultur?

Die Sensibilität der Gesellschaft ist heute höher.

Was hat sich bei der Bekämpfung von Wohnungseinbrüchen in den letzten zehn Jahren geändert?

Unsere Möglichkeiten, Beweise zu sichern. Wir können immer kleinere DNA-Spuren naturwissenschaftlich auswerten und zuordnen. Wir sind besser ausgerüstet und besser ausgebildet als noch vor zehn Jahren.

Wie kann der Bürger sich besser schützen?

Die Bürger müssen bereit sein, mehr in ihre Sicherheit zu investieren. Oft reichen 1500 Euro aus, um eine Wohnung einbruchsicherer zu machen. Darüber hinaus brauchen wir den Nachbarn als Seismographen. Ein guter Nachbar ist besser als jede Alarmanlage.

Ist NRW ein Schlaraffenland für Einbrecher?

Das sehe ich in keiner Weise so. Die Polizei in NRW hat die Maßnahmen extrem verschärft. Auf gesellschaftliche Entwicklungen wie zunehmende Vereinsamung und nicht-funktionierende Nachbarschaft haben wir keinen Einfluss.

Wie beurteilen Sie die Reaktionen der Politiker auf die zunehmende Zahl von Einbrüchen?

Die Polizei setzt die Gesetze durch, die die von Bürgern gewählten Vertreter aufgestellt haben. Also soll auch der Bürger bewerten, ob ­Politiker alles richtig gemacht ­haben.

Sind die Gesetze zu lasch?

Ich finde die Gesetzgebung ausreichend. Beim Datenschutz, da kann man gegensätzlicher Meinung sein. Ich persönlich möchte nicht in einem Staat leben, der im orwellschen Sinne auf totale Videoüberwachung setzt.

Wird in den Medien ein realistisches Bild gezeichnet?

Wohnungseinbrüche gibt es seit Tausenden von Jahren. Berichten die Medien zu selten darüber, wirft man ihnen Zensur vor. Nimmt man das Jahr 2012 mit seinem Spitzenwert, gab es laut Statistik in Hagen nur zwei Einbrüche pro Tag. Der Vorwurf könnte lauten: Warum gibt es nur die schlechte Nachricht.

Hat die Zunahme von Wohnungseinbrüchen mit der Flüchtlings­krise zu tun?

Nein. Die Vorfälle von Köln können aber Ängste schüren. Das hat aber nichts mit der Einbruchs-Realität zu tun.

Ist der Bürger bereit, für mehr ­Sicherheit mehr zu bezahlen?

Anscheinend nicht. Selbst diejenigen, bei denen schon einmal eingebrochen worden ist, investieren selten in Sicherheitsmaßnahmen.

Die Aufklärungsquote liegt im Landesdurchschnitt bei nur sieben Prozent ...

... das deutet darauf hin, dass die Täter immer professioneller vorgehen. Mit dem landesweit vernetzten Fahndungskonzept „Mobile Täter im Visier“ (MOTIV) sind wir auf dem richtigen Weg. Der rege Datenaustausch ermöglicht es uns, Profile von Serientätern zu erstellen. Wenn wir sie erkannt haben, kleben wir an ihnen. Erste Erfolge hat Innenminister Jäger kürzlich vorgestellt. Aber bleiben wir realistisch: Auf Null wird die Einbruchsrate nie sinken.