Hagen. Mehr als die Hälfte der NRW-Tierheime nimmt eine Gebühr für abgegebene Tiere. Der Tierschutzbund spricht von einer “erzieherischen Wirkung“.

  • Mehr als die Hälte der NRW-Tierheime nimmt Abgabebühr
  • „Keine Häufung ausgesetzter Tiere“
  • Problem Internet-Käufe

Ein dicker Hund: Wer seinen Hund oder seine Katze im Hagener Tierheim abgibt, soll in Zukunft eine Abgabegebühr von 28,50 Euro entrichten. Das sieht eine Vorlage der Stadtverwaltung vor. Die findet nicht jedermanns Zustimmung. Geht der Tierschutz so vor die Hunde? Die Erhebung einer Abgabegebühr werde „zu einer massiven Zunahme von ausgesetzten Tieren führen“, befürchtet Birgit Ganskow, Vorsitzende des Hagener Tierschutzvereins.

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Dr. Ralf Unna kennt dieses Argument. „Es ist aber nicht stichhaltig“, sagt der Vizepräsident des Landestierschutzverbandes NRW. Der Tierschützer kann keine auffällige Häufung von ausgesetzten Tieren an Orten mit Tierheimen bestätigen, die eine Abgabegebühr erheben. Vielen sei ein möglicher Konflikt mit dem Gesetz bekannt: „Wer ein Tier aussetzt, begeht eine Straftat.“ Dem Tierarzt aus Köln zufolge nimmt bereits mehr als die Hälfte der NRW-Tierheime eine Abgabegebühr („Tendenz steigend“) - in der Regel ein mittlerer zweistelliger Betrag. Unna sieht ein Stadt-Land-Gefälle: „Es fällt großstädtischen Tierheimen oft leichter, eine solche Gebühr zu verlangen, als emotional geführten Tierheime auf dem Land.“

Für Lea Schmitz vom Deutschen Tierschutzbund hat eine Abgabegebühr auch eine erzieherische Wirkung: Sie zeige den Haltern zum einen, dass man ein Tier nicht einfach so abgibt. „Der Halter kann sich nicht aus der Verantwortung stehlen und sein Tier ,entsorgen’.“ Andererseits sei klar, dass ein abgegebenes Tier betreut werden müsse und dadurch Kosten entstehen, so die Diplom-Biologin.

Nicht kostendeckend

Ralf Unna beziffert die durchschnittlichen Tierheim-Kosten für einen Hund auf 22 Euro am Tag, für eine Katze auf 12 Euro. Die Abgabegebühr sei nur ein kleiner Teil eines großen Kostenapparates für die in vielen Fällen strukturell unterfinanzierten Tierheime, sagt der Veterinärmediziner. Unna nennt das Beispiel des Tierheims in Köln-Zollstock: Pro Jahr fallen Kosten in Höhe von 850.000 Euro an - davon werden 110 000 Euro von der Stadt Köln erstattet. 1000 bis 1200 Tiere werden in zwölf Monaten neu aufgenommen - von Hunden über Katzen bis zu Hühnern. Zwei Drittel davon sind Fundtiere, der Rest Abgabetiere - macht 350 bis 400 pro Jahr. Das bedeutet: Durch die Abgabegebühr nimmt das Tierheim keine 10.000 Euro im Jahr ein. „Angesichts der anfallenden Kosten zeigt diese Summe doch, dass die Tierheime die Gebühr nicht erheben, um sich die Taschen zu ­füllen.“

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Das Problem abgegebener Hunde und Katzen hat sich in den vergangenen Jahren durch vermehrte Kaufangebote im Internet verschärft. „Weil sich dort schnell und einfach ein Tier kaufen lässt, greifen viele unüberlegt zu - in dem Irrglauben, ein Schnäppchen zu machen“, so Lea Schmitz vom Deutschen Tierschutzbund. Häufig stehe ein illegaler Welpenhandel dahinter - mit gesundheitlich angeschlagenen und zu früh von ihren Müttern getrennten und damit nicht sozialisierten Tieren.

Unseriöse Verkäufer im Internet

Auch Ralf Unna spricht von vielen unseriösen Verkäufern im Internet, die genau wissen, wie sie Tierfreunde zu einem Kauf animieren. „Da muss nur stehen, dass ein Hund in einer Tötungsstation nur noch durch einen Kauf gerettet werden kann - und schon greifen Menschen zu.“ Die gleiche Masche werde auch bei Urlaubern angewandt, die sich „Auslandstiere“ nach einem „emotionalen Schnellkauf“ mit nach Hause nehmen.

Neben der Urlaubszeit im Sommer werden nach Weihnachten die meisten „unüberlegt gekauften Tiere“ abgegeben. Die Gründe dafür sind vielfältig, sagt Lea Schmitz: „Spontane Urlaubspläne, unerwartete Kosten oder die bis dahin unbekannten Anforderungen an eine artgerechte Haltung der Tiere lassen die Freude über das neue Familienmitglied oft schnell vergehen.“