Hagen. . Das Miteinander schien zerrüttet, jetzt kam der finale Schlussstrich: Die Fraktion der Grünen hat Barbara Richter aus ihren Reihen ausgeschlossen.

Die Hagener Grünen sind künftig nur noch mit fünf Mandatsträgern im Hagener Stadtrat vertreten. Nach monatelangen internen Auseinandersetzungen hat sich die Fraktion am Mittwochabend offiziell von Barbara Richter getrennt. Nicole Pfefferer, Ruth Sauerwein, Hans-Georg Panzer, Rainer Preuß und Jochen Riechel sprachen sich unisono gegen einen Verbleib der 50-Jährigen in ihren Reihen aus. Die einzige Gegenstimme bei dem 5:1-Votum kam von Richter selbst. Damit findet ein in den Reihen der Grünen bislang einmaliger Vorgang seinen vorläufigen Abschluss.

Fraktionssprecher Jochen Riechel nannte „unüberbrückbare inhaltliche und zwischenmenschliche Differenzen“ sowie einen „irreparablen Vertrauensverlust“ als Gründe für diesen finalen Schnitt. Angesichts dessen seien intern keine vernünftigen Arbeitsbedingungen mehr herstellbar gewesen.

Misstöne eskalierten

Das zerrüttete Verhältnis innerhalb der Grünen-Fraktion war bereits direkt nach der Kommunalwahl offenkundig geworden. Damals erschien Richter, die auf Listenplatz 1 ins Stadtparlament eingezogen war, gar nicht erst zur konstituierenden Fraktionssitzung und blieb für ihre Kollegen mehr als eine Woche verschollen. Erst nach einer Denkpause erschien sie wieder im Rathaus und nahm ihr Grünen-Mandat im Schoß der Fraktion auf.

Stühlerücken im Rat

Das muntere Stühlerücken im Hagener Rat am Bürgerwillen vorbei geht in die nächste Runde: Mit dem Fraktionsrauswurf von Barbara Richter nehmen sich die Grünen diesmal selbst ein Stück jener Stärke, die der Wähler ihnen ursprünglich zugedacht hatte.

Zuvor hatte bereits Jacques Kempkens Hagen Aktiv den Rücken gekehrt und durch seinen Wechsel der Wählergemeinschaft ein Mandat genommen und der AfD zum Fraktionsstatus verholfen.

Ähnlich handelte direkt nach dem Urnengang auch der Genosse Michael Grzeschista, der urplötzlich sein Herz für den Liberalismus entdeckte und die FDP zur Fraktion machte.

Bemerkenswert ebenfalls das Handeln von Karin Nigbur-Martini: Sie zog für Hagen Aktiv auf einem Spitzen-Listenplatz zunächst in den Rat ein, zog dann aber den Job als Fraktionsgeschäftsführerin vor. Ihr folgte Jochen Löher nach, so dass für die Fraktion inzwischen gar keine Frau mehr im Rat sitzt.

Doch Richter, die während des Wahlkampfes spekuliert hatte, als Fraktionssprecherin agieren zu können, musste sich hinten einreihen. Die Misstöne eskalierten nach Wahrnehmung der Parteikollegen, so dass nach einem letzten klärenden Gespräch im Oktober eine Zusammenarbeit nicht mehr möglich erschien und ein Ausschlussverfahren eingefädelt wurde.

Inzwischen haben sich – nach einer längeren Krankheitsphase Barbara Richters – sämtliche Grünen-Vertreter in Ausschüssen und Gremien (26. Mai) sowie ein Plenum des Kreisverbandes (16. Juni) mit der Personalie beschäftigt, so dass der Kernfraktion letztlich ein breites Meinungsbild vorlag, als es am Mittwochabend zum Ausschluss kam. Parallel hat die Fraktion an Barbara Richter appelliert, ihr Mandat niederzulegen, um den Sitz für Esmer Öz frei zu machen.

Richter behält ihr Mandat

Dieser Aufforderung erteilte sie gestern gegenüber dieser Zeitung umgehend eine Absage: „Meine Bereitschaft zur Kandidatur ist verknüpft mit der Verpflichtung, mein Mandat auch auszuüben.“ Gleichzeitig kündigte sie an, „alle sinnvollen mir zur Verfügung stehenden rechtlichen Mittel“ auszuschöpfen und schloss einen Wechsel in eine andere Fraktion aus: „Ich kann meine politische Heimat nicht wechseln wie ein Hemd.“ Als Ursache für das Auseinanderleben nannte Richter, dass die notwendigen politischen Auseinandersetzungen innerhalb der Fraktion zu stark personalisiert worden seien: „Aus meiner Sicht ist eine andere Lösung immer möglich gewesen und sie ist es auch noch. Strukturveränderungen, die seit Jahren vernachlässigt wurden, sind dringend erforderlich.“

Barbara Richter ist seit 1997 Mitglied der Grünen. Zwischen 1999 und 2009 hatte sie das Amt der Kreisverbandssprecherin inne und engagierte sich parallel auch in der Bezirksvertretung Mitte. Seit 2009 sitzt die 50-Jährige im Hagener Rat.