Hagen. .

Auf der öffentlichen Bühne ein dramatisches Schauspiel, hinter den Kulissen ohne Publikum dann ein viel geschlosseneres und ruhigeres Tun. So lässt sich etwas bildhaft die Diskussion um den Hagener Energieversorger Enervie im Stadtrat beschreiben.

Über die öffentliche Bühne hatte unsere Zeitung bereits gestern berichtet: Eine Resolution, die demonstrieren sollte, dass der Rat geschlossen hinter Enervie steht, wurde in der Diskussion zerfasert. Und der CDU-Kreisvorsitzende Christoph Purps wurde aus dem Enervie-Aufsichtsrat gewählt und durch einen unerfahrenen Linkspartei-Vertreter ersetzt.

In der nicht-öffentlichen Sitzung gab es dann aber nach Informationen unserer Zeitung doch entscheidende Weichenstellungen. Sowohl in Sachen künftiger Führung des Unternehmens als auch in der Frage, wie die Liquidität von Enervie gesichert werden soll.

Die Chef-Frage

Ohne Gegenstimmen hat der Rat abgesegnet, dass der Chef der für Busse und Bäder zuständigen Hagener Verkehrs- und Versorgungs GmbH (HVG), Christoph Köther (56), neuer Vorstandssprecher bei Enervie werden soll. Am Montag wird das der Aufsichtsrat beschließen. ­Allerdings soll der Vertrag bis Jahresende befristet werden – mit der klaren Option, dass Köther auch danach weitermacht.

Formal wird er auch weiter Chef der HVG bleiben. De facto werden die Geschäfte in Sachen Bus und Bäder aber bis Jahresende vom kaufmännischen Leiter Markus Menzen geführt, der von Köther dafür eine Generalvollmacht erhält.

Timm-Bergs nicht mehr im Aufsichtsrat

Neben dem CDU-Kreisvorsitzenden Christoph Purps flog auch Ramona Timm-Bergs (SPD) aus einem Aufsichtsrat.

Weil Hagen Aktiv mit eigener Liste bei der Wahl im Rat antrat, sitzt nun Ernst Schmidt im Mark-E-Aufsichtsrat.

Nach Informationen unserer Zeitung gibt es zwei Beweggründe für die Befristung. Zum einen soll Christoph Köther, der gestern nicht für eine Stellungnahme bereit stand, dies so gewollt haben. Er will sich zumindest für einen gewissen Zeitraum offensichtlich eine Rückkehrmöglichkeit zur HVG offen halten. Aber auch die Politik hatte ein Interesse, die künftige Vorstandsstruktur offen zu halten. Der Rat hat schließlich beschlossen, dass „perspektivisch von einem zweiköpfigen Vorstand“ auszugehen sei. Bislang sind es drei Vorstände.

Christoph Köther spielt schon länger eine entscheidende Rolle. Die Aktien der Stadt Hagen werden durch ihr Tochterunternehmen HVG, das Köther führt, gehalten. Der 56-Jährige ist daher Aufsichtsratsmitglied und war auch Vorsitzender des in der Enervie-Krise eingerichteten Finanzausschusses des Aufsichtsrates. Das Gremium war quasi der Gegenspieler des inzwischen verabschiedeten Enervie-Chefs Ivo Grünhagen. Köther steckt also tief drin in der Materie.

Die Geld-Frage

Ein klares Signal an die Banken soll von einer anderen – im nicht-öffentlichen Teil des Rats parteiübergreifend abgesegneten – Linie ausgehen: Die Stadt Hagen ist bereit, sich finanziell stärker in Sachen Enervie zu engagieren. Dazu werden derzeit verschiedene finanztechnische Optionen geprüft. Das Ziel ist bei allen: Absicherung der neuen Kredite, die notwendig sind, um einen genehmigungsfähigen Jahresabschluss für 2014 zu bekommen. Enervie muss dazu nachweisen, mindestens 24 Monate zahlungsfähig zu sein. Auch Lüdenscheid und Remondis als privater Anteilseigner der Enervie sollen Kredite absichern.

Absehbar ist, dass deutlich geringere Kredite gebraucht werden. Ging man bei dem Kurs von Ex-Chef Grünhagen noch von aktuell 130 Millionen Euro aus, so rechnet das Unternehmen nun nur noch mit weniger als der Hälfte: also 50 bis 60 Millionen Euro. Gründe dafür unter anderem: Das Kraftwerk Elverlingsen soll noch nicht geschlossen werden. Damit fallen nicht sofort so hohe Sozialplankosten an. Es geht aber auch noch um weitere Maßnahmen.