Vorhalle. . Mit 35 Millionen Euro zählt die Produktionsstätte an der Stadtgrenze zu Herdecke zu den größten Investitionen eines Unternehmens in der Geschichte der Stadt Hagen.

Was die Firma Dörken an der Brüninghausstraße in Vorhalle bewerkstelligt hat, dürfte in mehrfacher Hinsicht einzigartig sein. Die neue Spinnvlies-Produktionsanlage, die gestern offiziell in Betrieb genommen wurde, ist superlaut, superteuer und superinnovativ. „Ein fantastisches Projekt“, geriet Firmenchef Karl Dörken ins Schwärmen: „Aber auch notwendig, damit wir in unserem Segment Marktführer bleiben.“

Eigenlob ist in diesem Fall angebracht. Denn mit 35 Millionen Euro zählt die Produktionsstätte auf dem 12 000 Quadratmeter großen Grundstück an der Stadtgrenze zu Herdecke zu den größten Investitionen eines Unternehmens in der Geschichte der Stadt Hagen. Zudem setzt die gigantische Spinnvlies-Maschine, ein Hunderte Tonnen schwerer Koloss (40 Meter lang, 20 Meter breit, 12 Meter hoch), neue Maßstäbe in der Fertigungstechnologie. Aus geschmolzenem Polyester und Polypropylen werden zarteste Kunststofffäden gezogen, für die die Bezeichnung „hauchdünn“ eine maßlose Übertreibung wäre. Tatsächlich sind die Fasern, die zwischen heißen Walzen zum Endprodukt verbacken werden, zehnmal feiner als ein menschliches Haar und bestehen dennoch aus Mantel und Kern. „Eine einzigartige Anlage“, so Dörken-Geschäftsführer Christian Harste: „Diesen technologischen Vorsprung kriegen wir nicht auf Knopfdruck, den müssen wir uns immer wieder erarbeiten.“

Hightech-Fabrikationsstätte

Die Hightech-Fabrikationsstätte verwertet unter anderem PET-Getränkeflaschen, die jedoch nicht mehr mit hohem Aufwand und Energieeinsatz zu Granulat verarbeitet werden müssen. Vielmehr werden die Kunststoffsplitter der geschredderten Flaschen direkt in ein hochwertiges Material verwandelt, aus dem die Spinnvliese hergestellt werden. Dabei wiederum handelt es sich um ein wichtiges Vorprodukt für wasserdichte Unterdeckbahnen, die zum Schutz der Wärmedämmung und zur energetischen Sanierung direkt unterhalb der Dachpfannen in Häuser eingebaut werden. Die Dörken AG ist auf diesem Gebiet europaweit führend.

Anders als die Firma Zwieback Brandt, die vor 15 Jahren mit steuerlichen Vergünstigungen ins thüringische Ohrdruf geködert wurde und laut Oberbürgermeister Schulz ein „Subventionstrauma“ in Hagen hinterließ, entschied die Dörken AG, die ihren Stammsitz in Herdecke hat, mit der neuen Fabrik in der Region zu bleiben: „Obwohl uns auch ein verlockendes Angebot aus Sachsen-Anhalt vorlag“, wie Ewald Dörken verriet. Die hohe Gewerbesteuer in Hagen habe dagegen bei der Standortentscheidung keine Rolle gespielt, ergänzte Harste: „Es gab hier dringendere Fragen zu lösen.“

Vorsprung gegenüber der Konkurrenz

1999 nahm die Dörken AG am Stammsitz in Herdecke die erste Spinnvliesanlage in Betrieb, deren Kapazität inzwischen voll ausgelastet ist.

Die Anlage in Vorhalle arbeitet effizienter und hochwertiger, sie soll dem Unternehmen den entscheidenden Vorsprung gegenüber den Wettbewerbern sichern.

In der fußballfeldgroßen Fertigungshalle wurden knapp 30 Arbeitsplätze für Verfahrensmechaniker, Mechatroniker, Betriebsschlosser und Elektriker geschaffen. Noch einmal 50 Menschen sind in der benachbarten Halle tätig, in der Dörken seit 15 Jahren Grundmauerschutzfolien produziert.

Umfangreicher Schallschutz

Superinnovativ, superteuer, aber superlaut? Rund um die Spinnvlies-Anlage, die an sieben Tagen pro Woche rund um die Uhr in Betrieb ist, ist doch außer Verkehrsgeräuschen, ein paar Gesprächsfetzen und Vogelzwitschern nichts zu hören. Aber das Herzstück der Anlage, ein Nadelstuhl, hämmert mit tausenden stählerner Spitzen und ohrenzerreißendem Lärm auf den Kunststoff ein. Ein zweischaliger Schallschutzraum, der zudem komplett von Bodenplatte und angrenzenden Bauteilen entkoppelt wurde, meterdicke Stahlbeton-Wände und zusätzliche Schallabsorber und Schallschleusen sorgen dafür, dass kein Laut nach außen dringt.