Hagen. . Riesen-Überraschung: Der Stadtrat hat den parteiübergreifenden Kompromiss der Fachpolitiker zu den Kita-Gebühren gekippt. jetzt belibt vorerst alles beim Alten.

Das hatte im Stadtrat niemand erwartet: Bei den Beiträgen zur Betreuung von Kindern in Tagesstätten und im Offenen Ganztag bleibt alles beim Alten. Ein in einer interfraktionellen Arbeitsgruppe ausgearbeiteter und im Jugendhilfeausschuss auch verabschiedeter Kompromiss fand in der Stadtvertretung gestern Abend keine Mehrheit mehr.

Dabei war in dem Beschlussvorschlag die so umstrittene jährliche Gebührenerhöhung um zwei Prozent sogar noch auf Antrag der Grünen durch den Zusatz ergänzt worden, dass die Notwendigkeit dieses Automatismus nach fünf Jahren überprüft werden sollte.

SPD-Antrag scheitert hauchdünn

Trotzdem verweigerte die SPD-Fraktion, deren Fachpolitiker noch an dem gemeinsamen Vorschlag mitgewirkt hatten, die Zustimmung. Weil auch Hagen Aktiv, die Linken, der Bürger-für-Hohenlimburg- und der Piratenvertreter sowie Grünen-Ratsherr Rainer Preuß gegen die entsprechende Änderung der städtischen Satzung stimmten, ändert sich nichts. Zuvor war bereits die SPD hauchdünn bei einer fehlenden Stimme mit einem

Gezänk ohne Sieger

Beschäftigen wir uns mit dem Ergebnis der gestrigen Ratssitzung und lassen das erschreckende Niveau der politischen Kultur an dieser Stelle zunächst außer Acht: Alles bleibt wie es ist.

Was nach einem Erfolg für die Proteste der Eltern klingt, hat einen äußerst faden Beigeschmack. 200 Familien, die nach neuer Beitragstabelle nicht mehr hätten für die Betreuung zahlen müssen, werden weiterhin zur Kasse gebeten. Sie sind die Verlierer eines unsäglichen Gezänks. Das wiederum stellt Fach-Politiker, die in einem Arbeitskreis in enger Abstimmung mit Verwaltung und Einrichtungsträgern einen Kompromiss ersonnen haben, bloß.

Gewinner gibt es in diesem Streit nicht. Auch wenn ein zweifelhafter Gebührenerhöhungs-Automatismus vorerst vom Tisch ist. Jens Stubbe

Antrag gescheitert, der zwar auf dem Kompromiss basierte, allerdings die automatische Erhöhung komplett kippen sollte. Auf der Strecke bleiben durch dieses politische Gezänk auch rund 200 Familien, die ab dem kommenden Kindergartenjahr eigentlich komplett beitragsfrei gestellt worden wären.

Denn der von der SPD-Fraktion zu Fall gebrachte Kompromiss sah neben dem Automatismus auch vor, die Bezieher unterer Einkommen stärker zu ent- und die höherer Einkommen stärker zu belasten. Auch die klamme Stadt Hagen, die im Jahr 2021 mit 875 677 Euro Mehreinnahmen im Vergleich zu 2015 gerechnet hatte, guckt finanziell in die Röhre.

Eltern protestieren

Karina Hölterhoff (27), hat 1172 Namen per Online-Petiton zusammengetragen und vor der Ratssitzung an Oberbürgermeister Erik O. Schulz übergeben.
Karina Hölterhoff (27), hat 1172 Namen per Online-Petiton zusammengetragen und vor der Ratssitzung an Oberbürgermeister Erik O. Schulz übergeben. © WP Michael Kleinrensing

Das, was die Fraktionsvertreter vor Wochenfrist geschlossen lobten, entsprach in weiten Teilen nicht den Vorstellungen vieler Eltern. „Unter dem Strich bliebe für die meisten Eltern eine Erhöhung“, sagt Karina Hölterhoff (27), Mutter von zwei Kindern. Sie hatte den Widerstand gegen eine Gebührenerhöhung organisiert, die in ihrer Ursprungsversion in Extremfällen bei Betreuung eine Kindes in der Kita und eines im Offenen Ganztag Steigerungen von bis zu 96,7 Prozent vorsah. Karina Hölterhoff hatte 1172 Namen per Online-Petition zusammengetragen und vor der Ratssitzung an Oberbürgermeister Erik O. Schulz übergeben. „Freundinnen von mir überlegen vor dem Hintergrund der Beitragserhöhung, ob sie ihre Kinder überhaupt noch in einem Kindergarten anmelden sollen oder sogar, ob sie die Stadt ganz verlassen sollen“, so Hölterhoff.