Hagen. . In ländlichen Bereichen Hagens leben wahrscheinlich mehrere hundert verwilderte Hauskatzen – die genaue Anzahl kennt niemand.

Gismo ist ein großer, schwarzer Kater und mitverantwortlich dafür, dass sich die Zahl der verwilderten Katzen in Hagen stetig vermehrt. De nn anders als seine Artgenossen, die von Mitgliedern des Tierschutzvereins Hagen früher oder später erwischt und kastriert werden, lässt sich der liebestolle Katzenmann aus Vorhalle weder mit Thunfisch noch Hähnchen in die Falle locken. „Er ist zu schlau, wir können ihn einfach nicht einfangen“, berichtet Petra Wisotzki.

Sie gehört zu einem Team ehrenamtlicher Helfer, das die zahlreichen streunenden oder ausgesetzten Hauskatzen in Hagen mit Futter versorgt und – so weit das möglich ist – medizinisch betreut.

In ländlichen Bereichen Hagens, in Kleingartenanlagen, auf Campingplätzen und Firmengeländen leben wahrscheinlich mehrere hundert verwilderte Hauskatzen – die genaue Anzahl kennt niemand. „Die Population heimatloser Katzen ist enorm und wird täglich größer“, berichtet Birgit Ganskow, Vorsitzende des Tierschutzvereins, durch dessen ehrenamtliche Arbeit das Problem einigermaßen überschaubar bleibt: „Aber es entstehen hohe Kosten, die der Tierschutzverein für die Fütterung und die Kastrationen ausgeben muss und kaum noch tragen kann.“ Zudem benötige man rund 20.000 Euro für tierärztliche Behandlung.

Kastrationspflicht möglicherweise unrechtens

Freilaufende und verwilderte Katzen vermehren sich nicht nur exponentiell, sie stecken sich untereinander mit Krankheiten an und belästigen die Bevölkerung. Wenn man davon ausgeht, dass ein Katzenpaar pro Jahr zweimal Nachwuchs bekommt und jeweils drei Kätzchen pro Wurf überleben, ergibt das nach sieben Jahren mehr als 420.000 Tiere. Nicht nur Tierschützer, auch Jäger drängen deshalb auf eine Kastrationspflicht, wie es sie zum Beispiel in Iserlohn und zahlreichen anderen Kommunen gibt. „Gerade Boden brütende Vögel haben unter wildernden Katzen zu leiden“, so Lars-Peter Hegenberg, Vorsitzender der Kreisjägerschaft.

Doch die Stadtverwaltung wehrt ab mit Hinweis auf den Städtetag NRW, der die Auffassung vertrete, dass eine Kastrations- und Kennzeichnungspflicht für Katzen möglicherweise nicht rechtmäßig sei. Und für den Erlass einer entsprechenden Verordnung sei eine „abstrakte Gefahr für die Öffentlichkeit“, die von Kolonien frei lebender Katzen ausgehen könnte, erforderlich. Solche Kolonien würden in Hagen jedoch seit vielen Jahren von Tierschützern betreut und seien daher unter Kontrolle. Eine Argumentationskette, mit der sich die Katze sozusagen selbst auf den Schwanz tritt. Es bleibt ehrenamtlichen Tierschützern wie Christa Picht, Petra Wisotzki und Regina Annerzock überlassen, sich um die herrenlosen Tiere zu kümmern. „Die Katzen tun uns einfach leid“, begründen die Frauen ihr Engagement. Anders als echte Wildkatzen, von denen sie sich zudem genetisch unterscheiden, seien verwilderte Hauskatzen nur begrenzt imstande, sich selbst mit Nahrung zu versorgen. Außerdem litten sie häufig an (hochgradig ansteckendem) Katzenschnupfen oder Darmparasiten.

Tiere wie Wegwerfartikel

Das Hagener Tierheim ist übervoll und nicht zuständig für die Aufnahme streunender Katzen. Dennoch habe man auf eigene Kosten eine Katzenauffangstation erbaut und lasse diese ehrenamtlich betreuen, so Birgit Ganskow.

Drei Millionen herrenlose Katzen

Auf Hagener Stadtgebiet werden insgesamt 18 Futterstellen für streunende Katzen betreut. Es wird geschätzt, dass es in ganz Deutschland rund drei Millionen herrenlose Katzen gibt.

Den Katzenhelfern des Tierschutzvereins gelingt es, pro Jahr 120 bis 140 Tiere einzufangen und zu kastrieren.

Pro Jahr werden in Hagen rund 10 .000 Dosen Nassfutter und etwa 800 Kilo Trockenfutter an verwilderte Katzen verfüttert.

Besonders während der Sommerferien werden Jahr für Jahr zahlreiche Tiere ausgesetzt und sich selbst überlassen, weil die Besitzer Urlaub machen wollen. „Die Tiere werden wie Wegwerfartikel behandelt, wie ein lästiges Übel“, klagt Petra Wisotzki. Immerhin gelingt es den Katzenhelfern, die meisten dieser unfreiwilligen Streuner irgendwann zu kastrieren. Nur der schwarze Gismo streift noch im Vollbesitz seiner Kräfte umher...