Hagen. . Pünktlich zum Weihnachtsfest zieht Oberbürgermeister Erik O. Schulz im Gespräch mit dieser Zeitung eine Bilanz des Jahres 2014
Seit Juni führt Erik O. Schulz als Oberbürgermeister die Amtsgeschäfte im Hagener Rathaus. Bei der Stichwahl setzte er sich gegen seinen SPD-Herausforderer Horst Wisotzki durch. Anlässlich des Weihnachtsfestes lässt der parteilose Verwaltungschef erstmals das zu Ende gehende Jahr Revue passieren:
Hand aufs Herz: Haben Sie sich im vergangenen Jahr zu Weihnachten bereits die Frage gestellt, wie es wohl wäre, mal als Oberbürgermeister dieses Fest zu feiern?
Erik O. Schulz: Keine Sekunde. Die gesamte Entwicklung rund um meinen SPD-Austritt und die Nominierung durch CDU, Grüne und FDP bekam erst im Januar/Februar eine rasante Dynamik. Das war wirklich nicht absehbar, was für ein ereignisreiches Jahr 2014 auch für mich persönlich werden würde. Mit meiner Kandidatur und dank des letztlich deutlichen Votums der Hagener Bürger bei der Stichwahl am 15. Juni ist der Weg dazu geebnet worden.
Und, wie fühlt sich das heute an?
O. Schulz: Ich kann nur betonen, dass ich das Amt als Oberbürgermeister mit großer Freude, aber natürlich auch mit dem notwendigen Respekt vor den vor mir liegenden Aufgaben angetreten habe. Zusammen mit mir hat aber auch ein größerer und deutlich bunterer Rat mit neuen Gesichtern, neuen Fraktionen und Einzelvertretern seine nicht immer einfache politische Arbeit aufgenommen. Gemeinsam tragen wir nun mit den Entscheidungen, die man zu Recht von uns erwartet, ein hohes Maß an Verantwortung für die Menschen, die in unserer Stadt leben und arbeiten. Dieser Verantwortung gerecht zu werden, das genau ist der Auftrag, den uns die Bürger für die sechs Jahre dieser Ratsperiode mit auf den Weg gegeben haben. Daran kann man gar nicht oft genug erinnern.
Was bleibt beim Blick auf 2014 in Ihrer Erinnerung mit Priorität haften?
O. Schulz: Ganz sicher hat jeder seine ganz persönlichen Erinnerungen an die aufregendsten Momente der Fußball-WM, bei der wir alle mitgefiebert und am Ende mitgefeiert haben. Aber ich finde, es gibt auch viel Positives aus unsere Stadt zu vermelden. Nach einigen Anlaufschwierigkeiten – insbesondere in Sachen Brandschutz – konnte im November endlich die neue Rathaus-Galerie eröffnen. Schon heute zeigt sich, dass sich das dreistellige Invest im besten Wortsinne lohnt. Damit hat die Hagener Innenstadt noch einmal einen enormen Attraktivitätsschub erfahren und übt unübersehbar eine gesteigerte Anziehungskraft für die gesamte Region aus. Der zeitgleich begonnene Aus- und Umbau der Volme-Galerie wird zudem im neuen Jahr für weitere Impulse sorgen.
Nicht nur Galerie-Investoren, sondern auch die Bahnverantwortlichen haben in diesem Jahr ihr Herz für Hagen entdeckt. Für Sie überraschend?
O. Schulz: Es hat sicherlich bei allen Hagenern für große Freude und Erleichterung gesorgt, dass die Deutschen Bahn ankündigt, den arg in die Jahre gekommenen Hauptbahnhof für die stolze Summe von knapp 32 Millionen Euro grundlegend zu modernisieren. Nach vielen Eingaben – auch aus Politik und Wirtschaft – wird unsere Stadt damit in Zukunft wieder über ein repräsentatives Eingangsportal für viele Reisende aus nah und fern verfügen. Aber auch der Stadt gelingt es ja weiterhin, in die Zukunft zu investieren. So ist mittlerweile der erste Teilabschnitt der neuen Bahnhofshinterfahrung im Bereich zwischen Dieck- und Weidestraße freigegeben, der bereits für eine enorme Entlastung der Wehringhauser Straße sorgt.
Welche Facetten der Stadtgesellschaft sind Ihnen ansonsten besonders wichtig?
O. Schulz: Die ersten beiden Sekundarschulen in Altenhagen und am Remberg haben mit dem neuen Schuljahr ihren Unterrichtsbetrieb aufgenommen, Hagen gehört laut Kriminalstatistik weiterhin zu den sichersten Großstädten in ganz Nordrhein-Westfalen und der Hagenring hat mit einer fulminanten Jubiläums-Ausstellung seinen 90. Geburtstag gefeiert. Ganz besonders erfreulich fand ich im Jahreslauf zudem die Verleihung der Ehrennadel der Stadt Hagen an den überaus rührigen Heimatforscher Dr. Wilhelm Bleicher. Damit wurde erstmalig eine herausragende Persönlichkeit ausgezeichnet, die sich in hohem Maße und unter großem ehrenamtlichen Einsatz um unsere Stadt und die heimatliche Region verdient gemacht hat. Mit dieser Würdigung erfährt das breite bürgerschaftliche Wirken in Hagen eine besondere Wertschätzung. Und wie tief eben dieses Engagement in unserer lebendigen Bürgergesellschaft verankert ist, das konnte ich selbst schon bei zahlreichen Begegnungen erfahren, die ich in meiner noch jungen Amtszeit bisher hatte.
Bei aller Wertschätzung für Bürgerengagement – gibt es in dieser Stadt irgendwann auch wieder Licht am Ende des Defizit-Tunnels, so dass auch die Kommune wieder etwas freier agieren kann?
O. Schulz: Ich will nicht verschweigen, dass sich unsere Stadt unverändert in einer dramatischen Haushalts- und Finanzlage befindet. Vor dem Hintergrund wegbrechender Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von rund 20 Millionen Euro musste der Stadtkämmerer sogar eine Haushaltssperre verhängen, die erst zum Jahresende auslaufen wird. Gleichwohl ist es gelungen, in enger und vertrauensvoller Abstimmung mit der Bezirksregierung in Arnsberg den Haushaltssanierungsplan für 2015 fortzuschreiben. Und so hoffen wir jetzt auf eine zeitnahe Genehmigung zu Beginn des neuen Jahres und damit verbunden eine weitere Unterstützung seitens des Landes aus den Stärkungspaktmitteln in Höhe von rund 36 Millionen Euro. Das ändert jedoch nichts daran, dass noch ein weiter und steiniger Weg in Sachen Haushaltskonsolidierung vor uns liegt, der uns auch im neuen Jahr viel Energie abverlangen wird.
Parallel drückt das Thema Flüchtlinge. Kann Hagen diese Aufgabe stemmen?
O. Schulz: Die Unterbringung von Menschen aus vielen Teilen dieser Welt wird eine besondere Herausforderung. Schon heute stoßen wir hier an unsere Kapazitätsgrenzen. Zugleich lassen die Prognosen erahnen, dass in den kommenden Monaten noch viele Menschen mehr zu uns kommen werden, um die wir uns intensiv kümmern müssen und wollen. Vorrangig wird es deshalb unsere Aufgabe sein, für diese Flüchtlinge menschenwürdige Unterkünfte zu finden und diese bedarfsgerecht herzurichten. Unabhängig von diesen äußeren Rahmenbedingungen wird es mehr denn je darauf ankommen, all diesen Menschen, die zum Teil schwer traumatisiert sind und eine nicht selten lange Leidens- und Fluchtgeschichte hinter sich haben, ein aufrichtiges „Willkommen“ in unserer Stadt zu sagen. Und das ist eine ganz zentrale Aufgabe, die von uns allen getragen werden muss. Aber Hagen hat sich von jeher als eine weltoffene Stadt verstanden und auf vielfältige Weise auch als solche präsentiert. Diese Weltoffenheit in ihrem besten Wortsinn gilt es in diesen schwierigen Zeiten bewusster denn je zu leben.
Ein weiteres Dauerthema des Jahres waren die Entwicklungen rund um die Enervie AG. Wie kann ein OB, der dort parallel auch als Aufsichtsratsvorsitzender agiert, diese Doppelbelastung bewältigen?
O. Schulz: Das war tatsächlich ein straffes Programm. Stand zunächst der Verkauf der RWE-Anteile von gut 19 Prozent an Enervie an die Lünener Remondis-Gruppe im Mittelpunkt, schloss sich nach der Sommerpause eine langwierige Diskussion um die Zukunft der Wassererzeugung an, die erst im kommenden Frühjahr von der Politik entschieden werden wird. Dies alles umrandet von zunehmenden Problemen im Zusammenhang mit den kaum absehbaren finanziellen Folgen der sogenannten Energiewende, die sich unter anderem ab Januar in einer deutlichen Erhöhung der Netzentgelte niederschlagen und insbesondere zu einer Belastung der heimischen Wirtschaft werden wird. Schon heute ist daher leider absehbar, dass es noch eine Weile dauern wird, ehe für die Enervie wieder ruhigeres Fahrwasser in Sicht kommt.
Was haben Sie sich für 2015 vorgenommen?
O. Schulz: Im Vorfeld meiner Wahl zum Oberbürgermeister habe ich immer gesagt, dass ich das Wir-Gefühl der Hagener stärken will und bei den Menschen mehr Lust und Stolz auf ihre Stadt erzeugen sowie ihnen Mut machen möchte. Wohlwissend, dass die Entwicklung einer Stadt nicht allein von ausreichenden Gewerbeflächen oder erfolgreichen Marketingkampagnen abhängt, sondern vor allem von der Zufriedenheit der Menschen, die hier leben und arbeiten. Diesen Weg des Mutmachens will und werde ich im neuen Jahr weiter konsequent beschreiten. Und ich lade alle Bürger herzlich dazu ein, mich auf diesem Weg mit Kreativität und Energie aktiv zu begleiten. In diesem Sinne wünsche ich allen Hagenern ein frohes Weihnachtsfest und einen stimmungsvollen Übergang ins neue Jahr 2015, das ihnen vor allem Frieden, Gesundheit und persönliches Wohlergehen bescheren möge.
Und wie verbringt der Oberbürgermeister die Festtage und den Jahreswechsel?
O. Schulz: Der Heiligabend beginnt für mich mit einer nun schon fast 30-jährigen Tradition. Gegen Mittag treffe ich mich mit ehemaligen Mitschülern aus meinem Abiturjahrgang in der Innenstadt. Das ist immer ein tolles Wiedersehen. Am späten Nachmittag geht es dann mit meiner Frau und unseren beiden Kindern in die Kirche. Und den Abend verbringen wir dann – ganz unter uns – zu Hause bei Fondue und einem ruhigen Geschenkeauspacken. Der weiteren Familie und unseren Freunden gehören dann die restlichen Weihnachtstage. Und Silvester? Nun, da werden wir mit alten Freunden aus Schulzeiten – so wie wir es gefühlt eigentlich schon immer tun – zünftig ins neue Jahr hinein feiern . . .