Ardey. .

Selten wurde in Deutschland so engagiert über die Herkunft von Lebensmitteln diskutiert wie in diesen Tagen. Auf Fröndenbergs einzigem Hähnchen-Hof ist angekommen, dass immer mehr Verbraucher wissen wollen, was sie essen.

Dirk und Sandra zur Nieden tragen dem Rechnung. Nicht erst seit dem Dioxin-Skandal wollen sie ihre Fleisch-Erzeugung transparent gestalten.

Ob sie das Schaufenster zum Stall einrichten, über das Für und Wider haben zur Niedens lange gesprochen. „Vielleicht ist es doch erschreckend, so viele Hähnchen auf einmal zu sehen“, sagt Sandra zur Nieden. Denn bis zu 4000 Hähnchen tummeln sich hinter der Scheibe. Von einem erschreckenden Bild kann jedoch keine Rede sein: Die 130 Gramm leichten, eine Woche alten, gelben Flausch-Bällchen sind von der Schlacht-Reife noch weit entfernt und lassen sich am ehesten mit dem Attribut „niedlich“ beschreiben. Nur wer bislang geglaubt hat, Geflügelbauern würden ihren Tieren noch Namen geben können, wird schnell seiner Illusion beraubt.

Der Hähnchenhof hat seine Nische gefunden

Der Hähnchenhof zur Nieden hat sich seine Nische zwischen biologischer und konventioneller Erzeugung gesucht. 12 000 Hähnchen reifen in Ardey in den unterschiedlichen Altersklassen zeitgleich heran. Je nach Saison kommen Enten und Gänse hinzu. Nagelneue Ställe und die eindrucksvolle Futterzentrale, in der die Körnchen, die die Hähnchen picken, selbst gemischt werden, machen die Dimension möglich, für die es aus der Politik anfangs Kritik hagelte. „Es gibt aber auch Betriebe“, nennt Dirk zur Nieden eine Vergleichszahl, „in denen 250 000 Mastplätze auf einen Mitarbeiter kommen.“ Ohne diese Massentierhaltung käme man nicht auf die 10 Millionen Masthähnchen, die in Deutschland Woche für Woche geschlachtet werden.

Zur Niedens gehen einen Mittelweg. Während es einem konventionellen Hähnchen nach 32 bis 36 Tagen an Kamm und Kragen geht, werden zur Niedens Hähnchen erst nach 56 bis 70 Tagen geschlachtet. In konventionellen Betrieben sind bis zu 45 Kilogramm Hähnchen auf einem Quadratmeter erlaubt, in Ardey sind es nur bis zu 25 Kilogramm. Das macht immer noch bis zu neun Hähnchen pro Quadratmeter. Die dürfen auf dem Ardeyer Hähnchenhof aber durchaus bei Tageslicht ein eigenes Immunsystem entwickeln: Andernorts ist es üblich, die Tiere mit Antibiotika vollzupumpen, wenn sie erst wenige Tage alt sind. Hier gibt es nur Antibiotika, wenn eine Krankheit nicht anders in den Griff zu kriegen ist und die Tiere ansonsten zu verenden drohen.

Bewusster Umgang mit Lebensmitteln eine Selbstverständlichkeit

Dirk und Sandra zur Niedenvor dem Schaufenster auf ihrem Hähnchenhof. Foto: Birgit Helmers
Dirk und Sandra zur Niedenvor dem Schaufenster auf ihrem Hähnchenhof. Foto: Birgit Helmers © WP

„Die Krise“, sagt er, „die Krise ist für uns ein Vorteil.“ Mit seinem Betrieb habe er die Vorstellung davon, wie er sich selbst ernähren wolle, selbst umsetzen können. Diese Vorstellung teilen immer mehr Kunden. Sie wollen dieses Zwischending aus Bio und Masse und verantwortungsbewusste Tierhaltung, die sich der Ardeyer Hähnchenhof auf die Fahnen geschrieben hat.

Auf zehn Marktständen zwischen Wickede und Dortmund sind sie vertreten, der Hofladen ist an vier Tagen pro Woche geöffnet. In der hofeigenen Schlachtung wird das Geflügel geschlachtet und zerlegt. Auch das gehört zum Alltag der Familie zur Nieden. Für sie sind tiergerechte Haltung und der bewusste Umgang mit Lebensmitteln eine Selbstverständlichkeit. Deshalb haben sie das Schaufenster zum Stall geöffnet. Dirk und Sandra zur Nieden setzen eben darauf, dass es gut beim Kunden ankommt, wenn er den Weg vom Küken bis zum Hähnchenbrustfilet nachvollziehen kann.