Fröndenberg. Am Ende folgt nur die SPD dem Vorschlag von Kämmerer und Bürgermeisterin: Ratsmehrheit lehnt Anhebung um 300 Punkte ab.

Fröndenberg dreht an der Steuerschraube. So viel schien auch schon vor der letzten Ratssitzung dieses Jahres klar. In der politischen Landschaft der Ruhrstadt hatten alle Akteure die Notwendigkeit unterstrichen, dass die Stadt mehr Geld einnehmen muss mittels der Grundsteuer B. Aber wie viel mehr? Darüber bestand Uneinigkeit, die in den vorbereitenden Ausschusssitzungen in der vergangenen Woche noch nicht auf den Tisch kam. Showdown erst im Rat, so der Tenor. Und hier fiel der Vorschlag von Kämmerer Heinz Günter Freck für eine Erhöhung der Grundsteuer B um 300 auf 995 Punkte endgültig durch, wie es vorher schon durch Verlautbarung mancher Parteien zu erahnen war.

Freck rechnet mit großem Defizit

Trotz dieser angedachten Erhöhung der Steuer, die der Stadt 1,59 Millionen Euro pro Jahr mehr einbringe, sei für 2024 ein Defizit von 4,4 Millionen Euro im Stadtsäckel zu erwarten, hatte Freck vorgerechnet. Nur bei einer Erhöhung um 300 Punkte sei eine solide Finanzierung für die kommenden Jahre seiner Ansicht nach gesichert. Damit hatte der Kämmerer aber nur die SPD-Fraktion auf seiner Seite, für die Fraktionschef Klaus Böning als erster im Rat zur Haushaltsrede ansetzte.

Die Frage dieser massiven Steuererhöhung sei eine „Wahl zwischen Pest oder Cholera“, erklärte Böning. Mehr Geld einfordern oder Leistungen streichen. Und man sei sich bewusst über die Auswirkungen dieser unpopulären Maßnahme, einer wirklich schlechten Nachricht für die Bürger kurz vor dem Fest. Aber die Zukunftsfähigkeit der Stadt verlange eine angemessene Erhöhung. Und auf die Ankündigung der CDU, nur eine Erhöhung im 200 Punkte mitzutragen, reagierte Böning, man wolle keine weiteren finanziellen Lasten auf die zukünftigen Generationen legen. Konkret zu der vorgeschlagene Zahl der Christdemokraten: „Es ist verwegen zu hoffen, dass wir damit durchkommen.“

Angriff auf die Landesregierung

Das sahen alle anderen Ratsfraktionen anders. Einig war man sich hingegen in der Analyse, dass die Kommunen finanziell viel zu schlecht ausgestattet und zu stark belastet werden. Da gehörte es freilich zur politischen Folklore, dass Sozialdemokrat Klaus Böning eher die schwarz-grüne Landesregierung unter Hendrik Wüst angriff („Geben Sie uns unser Geld zurück“, forderte er in Anlehnung an einen Satz von Margaret Thatcher) und CDU-Fraktionschef Gerd Greczka eher die Ampelregierung in Berlin und den SPD-Landrat Mario Löhr kritisierte, letzterem vor allem für steigende Umlagezahlungen der Städte und mangelnden Sparwillen im Kreis. Kommunen stünden finanziell mit dem Rücken zur Wand, hatte nicht nur Greczka unterstrichen, in nahezu der Hälfte aller NRW-Städte drohe Haushaltssicherung.

Dem Rathaus wollte er wie Böning nicht die Schuld für diese Lage geben. Greczka: „Unsere Kernprobleme sind nicht hausgemacht.“ Auch mit Verweis auf Rekord-Steuereinnahmen im Bund und der Schlussfolgerung, es gebe in Deutschland eigentlich kein Einnahmeproblem, sondern nur eines der Verteilung, lehnte der Christdemokrat die Erhöhung der Grundsteuer B um 300 Punkte ab. Man könne im Rathaus noch weitere Sparpotenziale benennen, die finanzielle Rücklagen etwas mehr antasten als Heinz Günter Freck das vorhabe und könne vor allem auch die Einnahmesituation verbessern, etwa durch vermehrte Gewerbeansiedlung, Stichwort Schürenfeld. Über Frecks Berechnungen zur Schuldensituation der Stadt sagte Greczka: „Wir halten die Drohkulisse des Kämmerers für nicht gerechtfertigt.“ Zu vieles sei einfach noch unklar.

Weitere Erhöhungen nicht ausgeschlossen

In ein ähnliches Horn stieß Martin Schoppmann für die Grünen. Sein Credo: „Erstmal auf Sicht fahren.“ Eine Erhöhung um 200 Punkte, das hatte Kämmerer Freck in den vergangenen Wochen der Politik schon vorgerechnet, sei auch zunächst ausreichend, um eine Haushaltssicherung zu vermeiden. Im Finanzausschuss hatte Freck die 200 Punkte als „absolute Untergrenze“ bezeichnet. Schlimmstenfalls könne man in den kommenden Jahren dann nochmal an der Steuerschraube drehen, so Martin Schoppmann. „Wir sind dann auch bereit, das den Bürgerinnen und Bürgern zu erklären.“ Und der Unterschied in der Anhebung um 100 Punkte sei in den städtischen Finanzen eher marginal angesichts des erwarteten Gesamtdefizits, erklärte Schoppmann, für die Menschen aber durchaus von Belang.

Matthias Büscher erklärte für die FWG, auch seine Fraktion werde nur einer Erhöhung um 200 Punkte zustimmen, und das auch nur „zähneknirschend und mit heftigen Bauchschmerzen“. Weil anschließend auch noch Kurt Potthoff für die SWGF und FDP-Einzelratsmitglied Andreas Wette die Ablehnung der 300-Punkte-Erhöhung für 2024 betonten, gab es eine breite Mehrheit für die 200 Punkte. Lediglich die SPD samt Bürgermeisterin Sabina Müller war bis zum Schluss für den Vorschlag des Kämmerers.