Fröndenberg. . Die Stadtspitze ist über den AfD-nahen Kongress in Fröndenberg nicht informiert gewesen. Der Pächter des Stiftskellers war “fix und fertig“.
Am Tag nach dem vermeintlich größten Polizeieinsatz in der Geschichte der Ruhrstadt ist von Demonstranten und AfD-nahen Organisationen nichts mehr zu sehen.
Allerdings stellt sich die Frage, wie der Verein zur Förderung des politischen Dialogs seinen alternativen Wissenskongress überhaupt in einem städtischen Gebäude abhalten konnte und ob dies hätte verhindert werden können.
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Pächter wusste nichts von Nähe zur AfD
Die Stadt, erklärt Bürgermeister Friedrich-Wilhelm Rebbe, habe eine klare Regelung mit dem Pächter des Stiftskellers Karl „Charly“ Riepl, wenn es um Veranstaltungen im Stiftsgebäude geht. „Die Stadt hat ein Vorrecht, wenn es um Ausschüsse oder Ratssitzungen geht“, so Rebbe. In diesem Fall sind die Räumlichkeiten immer geblockt. Außerhalb politischer Sitzungen hat Riepl selbst die Hoheit über Veranstaltungen wie Konfirmationen, Geburtstag oder eben Tagungen wie den alternativen Wissenskongress.
Laut Rebbe hatte Riepl selbst vom AfD-nahen Verein zur Förderung des politischen Dialogs keine Kenntnis. Rebbe habe den „geknickten“ Pächter im Nachgang aufbauen müssen. „Das ist natürlich tragisch“, sagt Rebbe, „Charly Riepl war fix und fertig“. Dass diese Veranstaltung solche Wellen geschlagen habe, habe den Pächter schwer getroffen, der ansonsten ein „absolut verlässlicher Mensch“ sei, wie Rebbe betont.
Die Flagge der Demokratie
Rechtsgerichtete und AfD-nahe Organisationen lassen sich immer öfter Tricks und Kniffe einfallen, um sich einzuschleichen. Wie Heuschrecken ziehen sie von Ort zu Ort. Jetzt also auch in beschaulichen Orten wie Fröndenberg – Großeinsatz der Polizei und Demonstrationen inklusive.
Nun sollte aber jeder wissen, wen genau er sich da ins Haus holt. Man lädt ja schließlich nicht jeden Wildfremden, der gerade mal an die Tür klopft, zu sich nach Hause ein. Charly Riepl mag geknickt sein, das ist verständlich angesichts der Wellen, die der „alternative Wissenskongress“ schlug.
Gleichwohl sollte es den Fröndenbergern zu denken geben. Denn die Räume, in denen Politik und Verwaltung in Ausschüssen und Ratssitzungen die Flagge der Demokratie hochhalten, haben nun Reichsbürger und Co. ausgenutzt. Ausgenutzt, um Werbung für Gedankengut zu machen, das die Grundfesten der Demokratie bedroht. Es gilt, das Ganze aufzuarbeiten und Aufmerksamkeit zu schaffen.
Landrat informierte Bürgermeister über Polizeieinsatz
Parallel zum alternativen Wissenskongress war der Bürgermeister bei einer Vernissage in der Rathausgalerie. Dort sei er von einigen Besuchern ob des großen Polizeiaufgebots angesprochen worden und habe die Lage am Stiftsgebäude erklärt. „Das hat die Besucher schon beunruhigt“, gibt Rebbe im Gespräch mit dieser Redaktion zu.
Er selbst sei zunächst von Landrat Michael Makiolla über den Polizeieinsatz und die damit verbundenen Umstände informiert worden. Etwa 130 Einsatzkräfte der Bereitschaftspolizei und Kreispolizeibehörde Unna waren am Sonntag zwischenzeitlich in der Ruhrstadt. „Ich finde, das Ganze ist sehr ruhig abgelaufen“, sagt der Bürgermeister und spricht den Einsatzkräften gleichzeitig seinen Dank aus. Denn deren Präsenz habe eine gewisse Sicherheit in der Stadt ausgestrahlt.
Bürgermeister hätte Veranstaltung nicht in Fröndenberg erwartet
Der Verein zur Förderung des politischen Dialogs war Rebbe im Vorfeld bereits bekannt, jedoch habe die Stadt keine Kenntnis von deren Anmietung des Stiftskellers gehabt. „Ich weiß natürlich von diesen konspirativen Veranstaltungen und dass die Treffen so lange wie möglich geheim gehalten werden.“ Rebbe habe aber nicht für möglich gehalten, dass eine solche Veranstaltung jemals in Fröndenberg stattfinden könnte.
Auswirkungen auf das Ansehen der Ruhrstadt fürchtet er indes nicht. „Ich glaube nicht, dass wir hier den Nährboden für dieses Gedankengut haben“, ist sich der Bürgermeister sicher. Er setze darauf, dass die Fröndenberger im politischen Bereich die richtigen Entscheidungen treffen. Darüber hinaus sei man durch die Vorfälle vom Wochenende nun „sensibilisiert“.
Kongress und Kundgebung linker Demonstranten verläuft friedlich
Nichtsdestotrotz ist sich Rebbe auch sicher, dass der AfD-nahe Verein „weiter versuchen wird, in anderen Städten Zugang zu bekommen“. Ganz verhindern könne man solche Versammlungen jedoch nicht. Schließlich sei die AfD sowie der Verein zur Förderung des politischen Dialogs nicht verboten, es greife auch in solchen Fällen das Versammlungsrecht. „Man muss vorsichtig sein, dass man sich mit Verboten nicht angreifbar macht“, erklärt Friedrich-Wilhelm Rebbe.
Auch aus Sicht der Polizei ist die Veranstaltung sowie die Kundgebung linker Demonstranten friedlich verlaufen. Diese hatten sich zusammen mit einer Mahnwache von Die Partei zunächst auf dem Marktplatz versammelt, ehe sie für eine Kundgebung durch die Stadt zum Stiftsgebäude zogen.