Ennepetal. Die Sanierung der Turnhalle Wassermaus war geprägt von Pleiten, Pech und Pannen. Die Stadt Ennepetal fiel sogar einem dreisten Betrug zum Opfer.
Wenn alles normal läuft, dann wird eine der zähesten Baustellen der Stadt Ennepetal in Kürze abgeschlossen sein. Es fehlen nur noch einige wenige Elemente, dann ist die Außenfassade der Turnhalle Wassermaus fertig gestellt. Normal gelaufen ist bei dem Sanierungsprojekt am Deterberg allerdings bisher kaum etwas. Zu unerwarteten Materialfunden, Lieferproblemen, Personalmangel und einer ohnehin schwierigen Zusammenarbeit von Stadt und beauftragter Firma gesellte sich zu allem Überfluss auch noch ein dreister Betrug.
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Vor etwa vier Jahren nahm die Stadt die energetische Sanierung der 1975 gebauten Turnhalle in Angriff. Zunächst wurde die Fensterfront erneuert, anschließend Unterdecke, Beleuchtung und Prallschutz. Zudem wurde eine Legionellensanierung der Duschen vorgenommen. Schon zu dieser Zeit kam es zu Verzögerungen. Die Corona-Pandemie sorgte weltweit für Unterbrechungen der Lieferketten. Und so fanden auch die Leuchten aus China später als geplant den Weg nach Ennepetal.
Fast schon zum „Running Gag“ entwickelte sich dann der Bericht über den Baufortschritt bei der Fassadensanierung, den die Verwaltung regelmäßig im Bauausschuss des Rates der Stadt erstattete. Immer wieder wurden erhoffte Fertigstellungstermine genannt, doch das Projekt entwickelte sich zu Ennepetals „Berliner Flughafen“ (BER). 2021 hatte die beauftragte Firma mit den Arbeiten an der hinterbelüfteten Vorhangfassade begonnen, eine im Vergleich zum herkömmlichen Verbundsystem ökologisch höherwertige und nachhaltigere Art der Wärmedämmung. „Es lief von Anfang an holprig“, meint Marco Heimhardt, der Ende 2022 die Leitung des Fachbereichs Planen, Bauen und Umwelt übernommen hat. Er räumt ein, dass die Verantwortung für die Verzögerungen sowohl beim Auftragnehmer als auch bei der Stadtverwaltung liege. Der Firma hätten Angaben gefehlt, die für das Projekt verantwortliche Kraft der Stadt habe notwendige Entscheidungen nicht getroffen und sei zudem länger krank gewesen. „Wir waren aber auch mit einigen Sachen aufseiten der Firma nicht zufrieden. Es wurden nach unserer Auffassung zum Beispiel zu wenige Menschen auf der Baustelle eingesetzt“, so Heimhardt. Die Baustelle habe „vor sich hin gedümpelt“. Immerhin: Genutzt werden konnte die Halle durchgängig.
Vorfall beschäftigt Staatsanwaltschaft
Dann kam es zu dem Vorfall, der die Staatsanwaltschaft beschäftigt. „Beide Seiten sind offenbar Opfer eines Betrugs geworden“, erklärt der Erste Beigeordnete Dieter Kaltenbach. „Dabei geht es um einen nicht unerheblichen fünfstelligen Betrag.“ Bei der Stadt war eine – absolut echt wirkende – Abschlagsrechnung des Auftragnehmers eingegangen. Die Stadt zahlte, doch die auf der Rechnung angegebene Kontonummer war von Kriminellen geändert worden. „Das war so intelligent gemacht, dass das im Tagesgeschäft nicht aufgefallen ist“, meint Kaltenbach. Anscheinend hätten die Betrüger das System der Firma gehackt, die im PDF-Format versandte Rechnung abgefangen und verändert weitergeleitet. Es habe dazu noch jemand im Rathaus angerufen und auf die neue Kontonummer hingewiesen. „Wir haben immer mal wieder E-Mails an Mitarbeiter, dass die Bürgermeisterin oder der Erste Beigeordnete irgendwelche Zahlungen anweisen“, berichtete Kaltenbach. Diese Masche sei aber vollkommen neu. Man habe daraus die Lehre gezogen, dass bei Abweichungen von den bisher bekannten Kontonummern bei Rechnungszahlungen ein Hinweis erfolge.
Stadt zieht Lehren
Aus dem extrem zähen Verlauf der Turnhallensanierung an der Grundschule Wassermaus habe man Lehren gezogen, berichtet Fachbereichsleiter Marco Heimhardt. Solche Bauprojekte würden ab jetzt immer in Zweier-Teams betreut.
„Im Vertretungsfall muss sich der Vertreter oder die Vertreterin nicht erst in alles einlesen, sondern ist fortlaufend über die Grundzüge der Planung im Bilde“, erklärt Heimhardt. Zudem lege man größeren Wert auf die Dokumentation.
Nicht zuletzt sollen sich die Ingenieure mehr Zeit für die Ermittlung der Grundlagen nehmen können. Das erspare am Ende zeitaufwendige und teure Nachträge.
Der Betrug sorgte für eine weitere Zerrüttung im Verhältnis von Stadt und Baufirma. „Wahrscheinlich haben die uns erst nicht geglaubt, dass wir das Geld längst losgeschickt haben“, meint Dieter Kaltenbach. Die Firma habe zunächst andere Baustellen bearbeitet. „Das ist auch verständlich, denn das ist ein kleines mittelständisches Unternehmen, das auf Abschlagszahlungen angewiesen ist.“ Er habe nach längerer Prüfung innerhalb der Verwaltung letztlich entschieden, dass die Überweisung ein zweites Mal getätigt werden müsse, damit die Baufirma zu ihrem Geld kommt.
„Wir haben dann bei uns in der Fachbereichs- und der Abteilungsleitung Personalwechsel gehabt“, erklärt Marco Heimhardt. Man habe das Projekt wieder ans Laufen bekommen. „Es läuft besser“, betont er. Unglücklicherweise fand sich im Verlauf der Arbeiten noch ein Baustoff, den keiner kannte. Die Baufirma wollte das Risiko nicht übernehmen, daran Fassadenteile fest zu dübeln. Letztlich habe Thomas Möllenberg, Leiter der Hochbauabteilung, auf seine Erfahrungen als Maurer zurückgreifen können. Es handle sich um Leichtporenbeton, der früher verwendet worden sei. Auch für die Arbeit damit wurde eine Lösung gefunden.
Falscher Farbton
Als endlich alles geklärt war, auch wie der Schornstein verkleidet wird und dass die Notausgangstüren erneuert werden, ging es weiter. „Wir waren fast fertig“, berichtet Marco Heimhardt. „aber wenn einmal der Wurm drin ist...“ Die letzte Lieferung von Fassadenelementen habe den falschen Farbton gehabt. Man habe sie zurückgehen lassen. „Jetzt ist es aber nur noch eine Frage von Liefertagen“, so Heimhardt, „Wenn die richtigen Teile da sind, geht es ganz schnell.“
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Die Erneuerung der Fassade sei ursprünglich mit 140.000 Euro veranschlagt worden, erklärt Marco Heimhardt. Man habe sich aber in den ersten Gesprächen mit der Auftragnehmerin entschieden, die Stahlkonstruktion aufwändiger zu gestalten und eine stärkere Rahmenkonstruktion zu verbauen. Vor allem durch stark gestiegene Stahlpreise seit Baubeginn, aber auch notwendige Mehrarbeiten an der Mauerwerkskonstruktion, eine stellenweise erforderliche Betonsanierung sowie die Entscheidung, die Notausgangstüren zu erneuern und den Schornstein in der Optik der restlichen Fassade zu verkleiden, lägen die Baukosten nun bei etwa 220.000 Euro, so Heimhardt.